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       # taz.de -- Landesparteitag in Potsdam: Grüne wollen AfD-Verbot
       
       > Der Brandenburger Landesverband beschließt sein Programm für die
       > Landtagswahl am 22. September und fordert ein Verbotsverfahren.
       
   IMG Bild: Grünen-Bundesvorsitzende Lang warb beim brandenburgischen Landesparteitag in Potsdam dafür, einen AfD-Verbotsantrag zu prüfen
       
       Potsdam taz | Verbieten. Darin sehen die Brandenburger Grünen die Lösung
       für das Problem des AfD-Booms acht Monate vor der Landtagswahl am 22.
       September. Die rund 140 Delegierten des mittlerweile über 2.700 Mitglieder
       starken Landesverbands sitzen an diesem Wochenende in Potsdam zusammen,
       unter dem hölzernen Dachgebälk der historischen Schinkelhalle am Havelufer.
       Es geht darum, das Wahlprogramm zu beschließen, das aus Grünen-Sicht auch
       Regierungsprogramm sein soll. Doch prägen stark die Enthüllungen um [1][ein
       Treffen von AfDlern mit anderen Rechtsextremisten samt
       Deportationsphantasien] das Treffen.
       
       „Unsere Demokratie sollte ein Verbot der AfD prüfen“, ist eingangs von der
       Landesvorsitzenden Alexandra Pichl zu hören. Denn der AfD rutsche „die
       Maske immer mehr vom Gesicht“. Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang als
       Gastrednerin sieht das kaum anders, auch sie befürwortet, prüfen zu lassen,
       ob ein Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht Erfolg haben könnte.
       
       Es ist viel von Gemeinsamkeit zu hören und von Abscheu über das zu hören,
       was bei dem Rechtsextremen-Treffen unter „Remigration“ lief und [2][laut
       dem Brandenburger AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt] kein Versprecher
       war, sondern „ein Versprechen“ für den Fall einer AfD-Regierungsübernahme
       sein soll.
       
       Was in ihren Eingangsreden weder die Grünen-Parteispitze noch die
       designierten Spitzenkandidaten Benjamin Raschke und Antje Töpfer
       ansprechen: In einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Instituts
       Insa im Auftrag mehrerer brandenburgischer Zeitungen sprechen sich [3][auch
       51 Prozent der Grünen-Anhänger für eine härtere Asylpolitik] in Deutschland
       aus – mehr als bei der FDP mit 39 Prozent. Führend hier mit 89 Prozent und
       gleichauf mit der AfD: das „Bündnis Sahra Wagenknecht“, das in der Umfrage
       [4][aus dem Stand auf 13 Prozent] gekommen ist.
       
       ## Grüne in Umfragen bei 7 bis 8 Prozent
       
       Was die Parteioberen erst prüfen wollen, zurren die Delegierten fest: Bei
       einigen Gegenstimmen und Enthaltungen sprechen sich die Brandenburger
       Grünen für ein Verbotsverfahren aus. „Wenn wir heute beginnen, können wir
       darauf hoffen, 2029 eine AfD-Bundesregierung und damit eine neue
       faschistische Regierung Deutschlands zu verhindern“, heißt es in dem Antrag
       dazu.
       
       Der Potsdamer Politikwissenschaftler Jan Philipp Thomeczek hatte zuvor
       gegenüber der Deutschen Presse-Agentur auf mögliche Folgen eines Verbots
       hingewiesen: „Wenn man die Partei verbietet, hat man die Wählerinnen und
       Wähler aber noch lange nicht verboten“, sagte er. „Die Menschen haben zum
       Teil ein gefestigtes rechtsextremes Weltbild und werden sich weiter
       artikulieren – und die Gefahr ist, dass der legale Rahmen verlassen wird.“
       
       In [5][den jüngsten beiden Umfragen für die Landtagswahl] liegen die Grünen
       mal bei 7, mal bei 8 Prozent. Das ist deutlich unter ihren rund 11 Prozent
       bei der Wahl 2019, aber zu weit weg von der 5-Prozent-Hürde, um in der
       Schinkelhalle Zweifel an einem erneuten Landtagseinzug aufkommen zu lassen.
       Auch über die weitere Rolle ist man sich klar. „Wir wollen weiter
       mitregieren“, sagt Co-Landeschefin Hanna Große Holtrup. Seit 2019 bilden
       die Grünen mit SPD und CDU eine nach den Partei- und Flaggenfarben so
       benannte Kenia-Koalition.
       
       Das allerdings hält die führenden Kräfte des Landesverbands nicht davon ab,
       ihre dortigen Partner hart zu kritisieren. Für Parteichefin Pichl ist nicht
       nachvollziehbar, warum [6][Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD]) jüngst
       einen verabredeten Klimaplan anhielt, um die Kosten prüfen zu lassen.
       „Nicht der Klimaplan ist zu teuer, die Klimakrise ist teuer“, sagt Pichl.
       Für sie sind „wir in dieser Koalition die, die antreiben“.
       
       ## Genervte Koalitionspartner
       
       Fraktionschef Benjamin Raschke, der zusammen mit Antje Töpfer im März zum
       Spitzenkandidaten gewählt werden soll, vermisst bei Woidke Führungsstärke
       und jegliches Erklären seiner Politik. Zu den im Grünen-Wahlprogramm
       festgeschriebenen Vorhaben gehört, dass Brandenburg schon vor 2030 aus dem
       Braunkohleabbau aussteigt – die Koalition hatte sich 2019 auf 2038
       verständigt.
       
       Raschke sagt, SPD und CDU würden „den Menschen in der Lausitz Sand in die
       Augen streuen“, wenn sie behaupteten, der Abbau gehe noch bis 2038 weiter.
       Raschkes Beschreibung der Stimmung im rot-schwarz-grünen Bündnis: „Unsere
       Koalitionspartner sind genervt von uns – ich nehme das als Kompliment.“
       
       Wäre die jüngst veröffentliche Insa-Umfrage das Wahlergebnis vom 22.
       September, würde es allerdings für diese Koalition nicht mehr zu einer
       Mehrheit reichen. Zusammen kommen die drei Parteien dabei nur auf 43
       Prozent. Die AfD allein erreicht 28 Prozent, in einer fünf Tage älteren
       Umfrage des Instituts Forsa sogar 32 Prozent.
       
       In einer sogenannten Potenzialanalyse der Insa-Umfrage rangieren die Grünen
       weit unten: Derzufolge können sich in Brandenburg 53 Prozent der Befragten
       „grundsätzlich gar nicht“ vorstellen, die Grünen zu wählen. Über die AfD
       sagen das 48 Prozent, über die SPD 28 Prozent.
       
       In der Schinkelhalle am Potsdamer Havelufer mag Bundesvorsitzende Lang gar
       nicht bestreiten, dass die Stimmung aktuell nicht gerade grünenfreundlich
       ist. „Ich weiß, dass es etwas anderes heißt, in Brandenburg an die Orte zu
       gehen, wo es weh tut“, sagt sie. Auch deshalb verspricht sie massive
       Unterstützung im Wahlkampf: „Das ist nicht nur eure Wahl, das ist unser
       aller Wahl.“
       
       21 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Parteichef-Tino-Chrupalla-wohl-dabei/!5986087
   DIR [2] https://www.maz-online.de/brandenburg/geheimtreffen-im-landhaus-adlon-brandenburgs-afd-fraktion-haelt-an-mitarbeiter-fest-PM6URGW3YRAVXCRHC6LJRDI6UY.html
   DIR [3] https://www.moz.de/nachrichten/brandenburg/landtagswahl-2024-brandenburg-klarer-als-vermutet-_-so-steht-brandenburg-zur-fluechtlingspolitik-72811651.html
   DIR [4] https://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/brandenburg.htm
   DIR [5] https://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/brandenburg.htm
   DIR [6] /Landtagswahl-am-22-September/!5982034
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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