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       # taz.de -- EU-Chefdiplomat zur Zweistaatenlösung: Notfalls „von außen aufzwingen“
       
       > Bei einem kleinen Nahost-Gipfel hat der EU-Außenbeauftragte einen
       > 10-Punkte-Plan vorgelegt. Ziel ist Frieden zwischen Israel und den
       > Palästinensern.
       
   IMG Bild: Der israelische Außenminister Israel Katz bei einer Pressekonferenz in Brüssel mit Fotos von Opfern des Überfalls der Hamas im Oktober 2023
       
       Brüssel taz | Es war ein kleiner Nahost-Gipfel: Am Außenministertreffen der
       EU nahmen am Montag in Brüssel der israelische Chefdiplomat Israel Katz
       sowie seine Amtskollegen aus Saudi-Arabien, Ägypten und Jordanien sowie der
       Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Riad al-Maliki, teil.
       Auch der Generalsekretär der Arabischen Liga war geladen, um über den Krieg
       in Gaza und die drohende Eskalation im Nahen Osten zu reden.
       
       Die [1][humanitäre Lage in Gaza] könne nicht schlimmer sein, erklärte der
       EU-Außenbeauftragte Josep Borrell zu Beginn des Mini-Gipfels. Der Konflikt
       könne nur durch eine Zweistaatenlösung – also durch die Schaffung eines von
       Israel unabhängigen palästinensischen Staates – beendet werden, betonte
       Borrell. Der Spanier legte sogar einen Zehnpunkteplan für eine „umfassende
       Lösung“ vor.
       
       Dem Entwurf zufolge sei eine Friedenslösung derzeit weder von Israel noch
       von den Palästinensern zu erwarten. Man müsse eine Zweistaatenlösung
       notfalls auch gegen den Willen Israels „von außen aufzwingen“, glaubt
       Borrell. Dazu sollen die EU, die USA und die UNO eine „vorbereitende
       Friedenskonferenz“ einberufen und einen internationalen Plan zur
       Konfliktlösung ausarbeiten.
       
       Direkte Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern machten derzeit
       keinen Sinn, heißt es in Brüssel, weshalb Katz und al-Maliki am Montag auch
       gesondert empfangen wurde. Die „Konfliktparteien“ sollten in die
       Verhandlungen erst dann eingeschaltet werden, wenn der internationale
       Friedensplan vorliegt. Danach sollen sie – so Borrells Vorschlag – die
       letzten Details untereinander aushandeln.
       
       Frankreich: Aussagen Netanjahus „besorgniserregend“ 
       
       Bisher sieht es allerdings nicht so aus, als könne sich Borrell mit diesen
       Ideen durchsetzen. Israel lehnt eine Zweistaatenlösung ab, die 27
       EU-Mitglieder sind in ihrer Haltung zu dem Konflikt tief gespalten. Während
       Deutschland, Österreich, Tschechien und Ungarn immer wieder Partei für
       Israel ergreifen, fordern Spanien, Irland, Frankreich und Belgien ein
       schnelles Ende des Krieges.
       
       Israels Außenminister Katz ging denn auch zunächst nicht auf Borrells
       Friedensplan ein. Bei seiner Ankunft im Brüsseler Ratsgebäude präsentierte
       er das Foto eines von der islamistischen Terrorbewegung Hamas verschleppten
       Babys sowie Bilder von verletzten Frauen. Es sei wichtig, die Geiseln
       zurück nach Hause zu bringen, sagte er.
       
       Auch Außenministerin Annalena Baerbock legte sich nicht fest. Sie bekannte
       sich zwar – wie die meisten EU-Vertreter – zur Zweistaatenlösung. An der
       ablehnenden Haltung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu
       übte sie jedoch nur vage Kritik. „All diejenigen, die davon [von einer
       Zweistaatenlösung; Anm. d. Red.] nichts wissen wollen, haben bisher keine
       andere Alternative auf den Weg gebracht“, so Baerbock.
       
       Deutlicher äußerte sich Frankreichs neuer Außenminister Stéphane Séjourné.
       Die Aussagen Netanjahus seien „besorgniserregend“, sagte er. Die
       Palästinenser hätten Anrecht auf einen eigenen Staat, so Séjourné weiter.
       Wie dieser angesichts der zunehmenden Zerstörungen in Gaza und im
       Westjordanland aussehen könnte, ließ er offen.
       
       Man dürfe keine fertigen Lösungen erwarten, hieß es am Rande des
       Außenministertreffens in Brüssel. Vielmehr gehe es darum, einen Prozess
       anzustoßen und eine [2][Ausweitung des Kriegs] zu verhindern. Hinter den
       Kulissen gibt es aber auch Kritik an Borrell: Der Spanier schlage sich zu
       einseitig auf die Seite der Palästinenser und trete zu undiplomatisch auf.
       
       So hatte Borrell in einer Rede an der Universität der spanischen Stadt
       Valladolid erklärt, Israel habe die Hamas „erschaffen“, um eine
       Zweistaatenlösung zu verhindern. Baerbock erklärte hingegen, das
       Haupthindernis für Frieden sei Hamas. Es sei erforderlich, das Netzwerk der
       Hamas endlich zu zerschlagen. Die EU müsse dazu mehr Sanktionen auf den Weg
       bringen.
       
       22 Jan 2024
       
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