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       # taz.de -- Antisemitismusvorwurf gegen Rednerin: Erhitztes Diskursklima in Hamburg
       
       > Bei einer Veranstaltung zu „Strategien im Klimadiskurs“ könnte
       > Israelfeindschaft eine Bühne bekommen, befürchtet Hamburgs
       > Antisemitismusbeauftragter.
       
   IMG Bild: „Climate justice now“: Protestaktion beim UN-Klimagipfel Ende vergangenen Jahres in Dubai
       
       Hamburg taz | „Nicht nur die Klimakrise spitzt sich zu, gleichzeitig wird
       auch der Diskursraum heißer“: Das schreiben [1][die Verantwortlichen des
       Hamburger Kulturzentrums Kampnagel]. Und zwar mit Blick auf einen
       Programmschwerpunkt namens „How low can we go“. Der soll sich ab Donnerstag
       drei Tage lang, eben, mit „Strategien im Klimadiskurs“ befassen.
       
       Dabei tauschen sich Expert:innen aus mehreren Ländern etwa darüber aus,
       ob es nicht hilfreich sein könnte, Wälder, Flüsse und Berge [2][zu
       Rechtspersönlichkeiten zu erklären]. Oder wie sich die Klimabewegung aus
       ihrem derzeitigen „Strategie-Vakuum“ holen ließe.
       
       Wie zum Beweis eines erhitzten Diskursraums hat sich am Montag nun
       [3][Hamburgs Antisemitismusbeauftragter Stefan Hensel] an die
       Öffentlichkeit gewandt – und verlangt, dass die Veranstaltung nicht
       stattfinden dürfe wie geplant. Denn da drohe eine Frau zu sprechen, „die
       neben ihrem Engagement für Klimagerechtigkeit vor allem durch ihre
       antisemitischen Äußerungen von sich reden macht“.
       
       Gemeint ist [4][Zamzam Ibrahim], britisch-somalische Aktivistin, die sich –
       so Kampnagel – „in den letzten zehn Jahren als Vertreterin von Studenten
       und jungen Menschen für verschiedene Anliegen in den Bereichen soziale
       Gerechtigkeit, Bildung und Umwelt eingesetzt hat“.
       
       ## Unterschiedlich betroffen vom Klimawandel
       
       Neben einer Eröffnungsrede „über intersektionale Aspekte von
       Klimagerechtigkeit“ wird Ibrahim auch beteiligt sein an einem Workshop zu
       „Fragen nach sozialer Gerechtigkeit“, den „unterschiedlichen
       Betroffenheiten“ und „der Repräsentation innerhalb der Bewegung“: Demnach
       ist das ökologische Engagement stark geprägt „von weißen und
       mittelständischen Personen“, die der Klimawandel aber weniger gefährde als
       die Menschen im globalen Süden.
       
       Für Hensel indes ist die 29-Jährige eine „ausgewiesene und vehemente“
       Vertreterin der Israel-Boykott-Bewegung BDS und vertritt Positionen, „die
       das Existenzrecht Israels verneinen“. Sie habe erklärt, Klimagerechtigkeit
       umfasse „den Ruf nach dem Ende des Genozids in Palästina“. Im Oktober, zwei
       Tage nach dem Angrif der Hamas auf israelische Zivilist:innen schrieb
       sie demnach auf der Social-Media-Plattform Twitter bzw. X, die Geschichte
       werde sich an jene erinnern, „die auf Seiten der Unterdrücker standen und
       die Unterdrückten vergaßen“. Die Gerechtigkeit sei Sache Gottes, „aber der
       Widerstand liegt in unseren Händen“.
       
       Deshalb, so Hensel, habe er sich am 16. Januar an die Kampnagel-Intendanz
       sowie an Hamburgs Kulturbehörde gewandt mit der Forderung, Ibrahim nicht
       auftreten zu lassen.
       
       ## Kultursenator äußert „Sorge“
       
       Auf taz-Nachfrage teilt die Behörde mit, [5][Kultursenator Carsten Brosda
       (SPD)] habe daraufhin Ende vergangener Woche Kampnagel-Intendantin Amelie
       Deuflhard kontaktiert und ihr durchaus auch „seine Besorgnis mitgeteilt“:
       darüber, dass die Rednerin den Auftritt am Donnerstag nutzen könnte für
       „ihre nicht akzeptablen israelbezogenen antisemitischen Positionen“.
       Zumindest in gewissem Umfang hätte Brosda sich damit Hensels Sicht zu eigen
       gemacht.
       
       Es handele sich allerdings um eine Veranstaltung zu einem anderen Thema,
       erklärt die Behörde weiter. Auch müsse der Staat zurückhaltend sein mit
       Eingriffen in die „inhaltliche kulturelle Programmgestaltung“ über
       gesetzliche Regelungen hinaus. Und: Die Veranstalter:innen hätten
       zugesagt, Antisemitismus nicht zu dulden und entsprechenden Aussagen
       gegebenenfalls zu widersprechen. Wie gut das gelingt, falls nötig, muss
       sich Donnerstagabend zeigen.
       
       22 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://kampnagel.de/produktionen/strategien-im-klimadiskurs
   DIR [2] /Philosoph-ueber-Eigentumsrechte/!5966278
   DIR [3] /Studie-zu-Antisemitismus-in-Hamburg/!5942312
   DIR [4] https://en.wikipedia.org/wiki/Zamzam_Ibrahim
   DIR [5] /SPD-Politiker-Carsten-Brosda/!5797224
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alexander Diehl
       
       ## TAGS
       
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