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       # taz.de -- Namibias Präsident ist tot: 82-Jähriger löst 82-Jährigen ab
       
       > Namibias Präsident Hage Geingob stirbt an Krebs. Sein Vizepräsident
       > Nangolo Mbumba übernimmt bis zu den nächsten Wahlen.
       
   IMG Bild: Namibias verstorbener Präsident Hage Geingob, hier in Südafrika 2019
       
       Berlin taz | Es hagelt Beileidsbekundungen aus Afrika und aller Welt, in
       Namibia herrscht Staatstrauer. Namibias Präsident [1][Hage Geingob] ist
       tot. Geboren am 4. August 1941 und gestorben am 4. Februar 2024, wurde er
       genau 82einhalb Jahre alt.
       
       Geingob verstarb am Sonntag um genau 00.04 Uhr im Beisein seiner Familie im
       Lady Pohamba Hospital der namibischen Hauptstadt Windhoek. Geingob hatte
       seit 2012 mehrere chirurgische Eingriffe überstanden und machte vor wenigen
       Wochen seine Krebserkrankung öffentlich.
       
       „Die namibische Nation hat einen herausragenden Diener des Volkes verloren,
       eine Ikone des Befreiungskampfes, den Hauptarchitekten unserer Verfassung
       und die Säule es namibischen Hauses“, erklärte Vizepräsident [2][Nangolo
       Mbumba] in seiner amtlichen Bekanntmachung, die er mit „Amtierender
       Präsident“ zeichnete. Mbumba wurde noch am Sonntag als neuer Staatschef
       eingeführt.
       
       Geingob war seit 2015 Namibias Präsident. Er gehörte zur ersten Garde der
       regierenden ehemaligen Befreiungsbewegung Swapo (Südwestafrikanische
       Volksorganisation) schon vor der Unabhängigkeit 1990. Damals wurde der
       langjährige UN-Mitarbeiter Premierminister des neuen Staates, nachdem er
       zuvor die Verfassungsgebende Versammlung geleitet hatte.
       
       Geingob war bereits 1964 Swapo-Vertreter bei den Vereinten Nationen
       geworden und damit auf dem internationalen Parkett der prominenteste
       Fürsprecher der Befreiung der ehemaligen deutschen Kolonie Südwestafrika
       von der Besatzung durch Südafrikas Apartheid-Regime. Später leitete er ein
       UN-Institut zur Schulung von Staatsbeamten für das zukünftige freie Namibia
       und kehrte 1989 in die Heimat zurück, um den Swapo-Wahlkampf für die ersten
       freien Wahlen des Landes zu leiten, aus denen die Unabhängigkeit
       hervorging. Als Premierminister diente er bis 2002; 2012 wurde er
       Vizepräsident und Swapo-Spitzenkandidat bei den Wahlen 2014, die ihn 2015
       ins höchste Staatsamt hievten.
       
       ## Zeit für einen Generationenwechsel
       
       Viele Namibier finden, die Zeit der alten Befreiungskämpfer gehe langsam zu
       Ende und es sei Zeit für einen Generationenwechsel, zumal die
       Swapo-Regierung zuletzt immer mehr Korruptionsskandale produziert hat.
       Geingobs Tod bringt den Generationenwechsel noch nicht. Sein Vize Mbumba
       ist nur zwölf Tage jünger als Geingob. Aber Mbumba wird nur übergangsweise
       amtieren, bis nach den geplanten Wahlen Ende 2024 am 25. März 2025 die
       Amtszeit des nächsten Staatsoberhaupts beginnt.
       
       Mbumba ist ein Produkt der Swapo-Parteibürokratie: er war Chefsekretär von
       Namibias erstem Präsidenten Sam Nujoma ab 1990 und hielt später
       verschiedene Ministerposten sowie ab 2012 das Amt des
       Swapo-Generalsekretärs, bis er 2017 Vizepräsident wurde. In der namibischen
       Öffentlichkeit ist Mbumba immer wieder durch eine unglückliche Wortwahl
       aufgefallen, etwa bei einer Swapo-Wahlkampfkundgebung 2014, als er der
       Menge „Klatscht, ihr Armen!“ zugebrüllt haben soll.
       
       Swapo-Spitzenkandidatin 2024, das beschloss die Partei bereits vor fast
       einem Jahr, wird die seit 2012 amtierende Außenministerin [3][Netumbo
       Nandi-Ndaitwah]. Die erfahrene Diplomatin gehörte ebenfalls bereits zu
       Zeiten des Befreiungskampfes zur Swapo-Führungsebene im Exil, unter anderem
       in der Sowjetunion.
       
       Mit 71 Jahren verkörpert auch sie keinen Generationswechsel. Und nun muss
       Swapo ohne den respektierten Geingob um die Macht zittern, nachdem die
       Partei bei den Wahlen 2019 im Schatten eines gigantischen
       [4][Korruptionsskandals um die Vergabe von Fischereilizenzen] bereits auf
       56 Prozent der Stimmen abrutschte.
       
       4 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://en.wikipedia.org/wiki/Hage_Geingob
   DIR [2] https://en.wikipedia.org/wiki/Nangolo_Mbumba
   DIR [3] https://en.wikipedia.org/wiki/Netumbo_Nandi-Ndaitwah
   DIR [4] /Die-Fishrot-Affaere-in-Namibia/!5699113
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
   DIR Namibia
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Schwerpunkt Völkermord an den Herero und Nama
   DIR Schwerpunkt Korruption
       
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       Deutsch.