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       # taz.de -- Protest und die AfD: Der Kleber ist aus
       
       > Die Letzte Generation will künftig auf Klebeaktionen verzichten. Ein Sieg
       > der Autofahrer? Nein, findet unser Kolumnist. Gewonnen haben die Medien.
       
   IMG Bild: Protest statt Kleben: Die Letzte Generation unterstützt den Protest „Hand in Hand gegen Rechts“ am 3. Februar in Berlin
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Taylor Swift ziert sich, Joe Biden zu unterstützen.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Olaf Scholz sucht Handynummer von Helene Fischer.
       
       Statt Bargeld sollen Asylsuchende in Deutschland bald [1][eine Bezahlkarte]
       bekommen. Was bringt das wem? 
       
       Behörden reklamieren Verwaltungsvereinfachung, automatische Scannerkassen
       im Supermarkt sind eh stumpf für entkartete Kunst. Hinter diesen
       Sachargumenten wabert ein Bild vom prassenden Proll, das diskriminierend
       gelesen wird und wirkt: Belastbare Zahlen, wie viel Bargeld tatsächlich ins
       Ausland ging, wurden nicht vorgebracht. Und unter uns: Wer von rund 400
       Euro im Monat noch Bares für die Lieben daheim abhungert, sollte eher mit
       der Ehrenbürgerschaft von Schwaben belohnt werden. Stattdessen feiern
       ostdeutsche Pilotversuche die Abwanderung von Flüchtlingen als „Erfolg“.
       Das legt sich, wenn es keine Barzahlerkreise mehr gibt. Wer ganz fest
       glaubt, dass in den Elendslagern bei Sfax morgens als Erstes die
       Bild-Zeitung gelesen wird, glaubt auch an eine „Abschreckung“. Immerhin –
       jetzt verdienen die Banken auch am Asylanten.
       
       [2][Dava, eine Partei mit Nähe zum türkischen Präsidenten Erdoğan], hat
       sich gegründet. Welcher Promi sollte die nächste Partei gründen? 
       
       In Deutschland gibt es vier anerkannte „ethnische Minderheiten“ mit
       politischen Vorrechten: Roma und Sinti, Sorben und die Dänen und Friesen,
       politisch vertreten vom Südschleswigschen Wählerverein. Kriterium dafür
       sind eigene Sprache, Kultur, Geschichte – und deutsche Staatsbürgerschaft.
       So weit, so Türke. Schwammig wird’s beim „traditionellen Siedlungsgebiet“,
       „in der Regel seit Jahrhunderten“. Sorben und Roma und Sinti haben bisher
       keine eigene politische Repräsentation errungen, das kann man als gelungene
       Integration werten – brauchen sie nicht? Oder als anhaltende
       Diskriminierung. Bei der türkischen Minderheit: beides. Auf diesem
       Konflikt, der auch ordentlich Rassismus enthält, möchte etwa die
       Bild-Zeitung ein braunes Süppchen wärmen und versucht, der Dava Mesut Özil
       als Chefmaskottchen reinzuquatschen.
       
       [3][Die Letzte Generation] will sich nicht mehr festkleben. Haben die
       Autofahrer*innen gewonnen? 
       
       Nö, die Medien. Die Aggro-Bauern erdreisteten sich, unter dem Jubel breiter
       Öffentlichkeiten „Passierscheine“ auszustellen, während Klimakinder in den
       bayerischen Knast wanderten. Fazit: Hetze siegt. Letztlich wurden Leute
       gegen die KlimaaktivistInnen aufgebracht, die ihren Anliegen wohlgesonnen
       gegenüberstanden. Klingt scheißliberal, stimmt aber leider: Vermutlich gibt
       es hinter aller Demagogie eine breite Mehrheit für Klimaschutz. Die gilt es
       zu organisieren. Muss ja nicht so lange dauern und so schiefgehen wie bei
       den Grünen.
       
       AfD-Vorsitzende Alice Weidel sprach in einem Interview von einem „Dexit“,
       also einem Austritt Deutschlands aus der EU. Nichts von den Briten gelernt? 
       
       „Sie hassen Deutschland“, schallern AfD-Trompeten aus jedem Fenster gegen
       jeden Gegner. Um dann schicke Ideen vorzulegen, was man ungefähr tun
       müsste, wenn man Deutschland hasst: Staatsbürger rausschmeißen, innere
       Konflikte schüren, den Export durch EU-Austritt ruinieren, eine Eurokrise
       lostreten und Kopftücher für Mädchen. Ist das vielleicht die geheime
       Erdoğan-Partei?
       
       [4][Mitarbeiter des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA] sollen am
       Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober in Israel beteiligt gewesen sein.
       Zahlreiche Länder haben nun ihre Zahlungen eingestellt. Zu Recht? 
       
       UNRWA hat rund 12.000 Beschäftigte in Gaza, das hilft vor allem den
       Beschäftigten selbst. Sie bilden das Schul- und Gesundheitssystem, dass die
       Hamas-Diktatur nicht herstellt und Israel schön egal ist. Zugleich muss
       UNRWA seine Arbeit mit Hamas koordinieren und so gestalten, dass Israel
       nicht bedroht wird. Wer dieser international kontrollierten Organisation
       den Stecker zieht, sollte schon einen Vorschlag haben, wer denn künftig der
       Staat-im-Nicht-Staat sein soll.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Mit Marco Reus könnte der letzte „Dortmunder zum Sehen“ im Sommer den BVB
       verlassen. Nach Zorc, Ricken und dem als Kind zugezogenen Götze war immer
       ein „Gebürtiger“ im Team. Schluss.
       
       Fragen: Clara Loeffler
       
       4 Feb 2024
       
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