URI: 
       # taz.de -- Antisemitischer Überfall auf FU-Student: Deutsche Ignoranz bei Judenhass
       
       > Ein jüdischer Student wird in Berlin verprügelt. Die Reaktion der
       > Universitätsleitung darauf ist emblematisch für den Umgang mit
       > Antisemitismus.
       
   IMG Bild: Das Brandenburger Tor in Berlin am 85. Jahrestag der Pogromnacht
       
       Ach, so eine Universitätsleitung hat es schon schwer. Da prügelt ein
       Berliner Student einen Kommilitonen krankenhausreif, weil der Jude ist und
       auf das Schicksal der Hamas-Geiseln aufmerksam gemacht hat. Dafür möge der
       Schläger von der Uni fliegen, verlangt daraufhin Josef Schuster vom
       Zentralrat der Juden in Deutschland.
       
       Aber, ach, da steht das Berliner Hochschulrecht dagegen. Maximal und
       möglicherweise könne man ein Hausverbot gegen den „mutmaßlich
       [1][antisemitisch motivierten]“ Angreifer verhängen, heißt es. Das
       allerdings gelte für höchstens drei Monate. Und dann?
       
       Die Ausflüchte der Freien (!) Universität Berlin sind typisch dafür, wie in
       diesem Land mit notorischen Antisemiten umgegangen wird. Prinzipiell und
       überhaupt gilt der seit Monaten weit verbreitete Judenhass als ekelig und
       pfuibäh. Nur allzu gerne werden [2][weihevolle Appelle abgelassen], die
       darauf hinweisen, dass so etwas ganz unschicklich sei, schon gar angesichts
       der eigenen unangenehmen Nazivergangenheit.
       
       Wenn es aber konkret wird, wenn Juden in Deutschland geschlagen, bedroht
       und eingeschüchtert werden, wenn Judenhass öffentlich verbreitet wird, dann
       sind die Reaktionen verdruckst. Schließlich ist das Verteilen von
       Süßigkeiten anlässlich eines Massakers nicht strafbar. Schließlich haben
       Beamte noch viele andere wichtige Aufgaben zu bewältigen, als nur den
       Judenhass zu verfolgen. Schließlich kann auch eine Uni-Leitung nicht jedem
       Vorfall akribisch nachgehen. Immerhin geht die Polizei nach Jahren der
       Toleranz endlich gegen antisemitische Äußerungen auf propalästinensischen
       Demonstrationen vor.
       
       ## Aufgabe der Studierenden
       
       Die Ignoranz gegenüber jüdischem Leid ist freilich kein staatliches oder
       universitäres Phänomen, sondern gilt ebenso für das gemeine Volk und die
       Studierenden. Hunderttausende Menschen gehen in diesen Tagen [3][gegen
       Rechtsextremismus auf die Straße].
       
       Das ist sehr gut so! Aber zu Kundgebungen gegen Judenhass und Hamas-Terror
       kommen nur kleine Häufchen an Menschen zusammen, und es sind immer
       dieselben. Es scheint, als glaube die große Mehrheit, so etwas gehe sie
       überhaupt nichts an. Empathie gegenüber Jüdinnen und Juden ist so selten
       wie ein Plakat für die Geiseln von Gaza, das nicht nach kürzester Zeit
       abgerissen wird.
       
       Auch von Demonstrationen an der FU Berlin nach dem antisemitischen Vorfall
       ist bisher nichts bekannt – und es war nicht das erste Ereignis dieser Art
       in den letzten Wochen an dieser Uni. Dabei wäre es an den Studierenden,
       dafür zu sorgen, nicht mit judenfeindlichen Schlägern in einem Hörsaal
       sitzen zu müssen.
       
       6 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kleine-Chronologie-der-groessten-Demos/!5989674
   DIR [2] /Gedenken-an-die-Shoah-im-Bundestag/!5985938
   DIR [3] /Kleine-Chronologie-der-groessten-Demos/!5989674
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Hillenbrand
       
       ## TAGS
       
   DIR Antisemitismus
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Freie Universität Berlin
   DIR Jüdisches Leben
   DIR GNS
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Antisemitismus
   DIR Glaube, Religion, Kirchenaustritte
   DIR Schwarz-rote Koalition in Berlin
   DIR Antisemitismus
   DIR Antisemitismus
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Künstlerin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Schläge, Tritte, Morddrohungen: Angriff auf die „Zionistenpresse“
       
       Die Situation für Journalist*innen auf antiisraelischen Demos wird seit
       dem 7. Oktober immer gefährlicher. Manche ziehen sich deshalb zurück.
       
   DIR Offener Brief von Professor*innen: Gegen Judenhass und Israel-Boykott
       
       Zahlreiche Dozierende sprechen sich gegen Antisemitismus an Unis aus. Auch
       eine kürzlich geschasste Bildungs-Staatssekretärin hat unterschrieben.
       
   DIR Union Progressiver Juden klagt: Beschwerde für Staatsvertrag
       
       Liberale Juden pochen auf Gleichbehandlung mit dem Zentralrat der Juden.
       Jetzt haben sie eine Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.
       
   DIR Antisemitismus an Berliner Hochschulen: Rauswurf mit Eile
       
       Nach antisemitischen Übergriffen von Studierenden will der Senat bis Ende
       März eine Gesetzesänderung für Zwangsexmatrikulationen auf den Weg bringen.
       
   DIR Antisemitismus an der FU Berlin: Rauswurf löst kein Problem
       
       Viele fordern, die Freie Universität solle einen mutmaßlich antisemitischen
       Angreifer exmatrikulieren. Doch diese Möglichkeit hat die Uni gar nicht.
       
   DIR Antisemitismus-Fälle bei der BBC: Angestellte nach Hetze entlassen
       
       Die BBC hat nach antisemitischen Posts eine Angestellte entlassen.
       Britische Medien berichten von weiteren Fällen bei der Rundfunkanstalt.
       
   DIR Nachfahren von NS-Widerstandskämpfern: „Aus der Geschichte lernen“
       
       Kinder und Enkel von NS-Widerstandskämpfern wenden sich an die deutsche
       Bevölkerung. Sie warnen vor der AfD und rechtsextremen Tendenzen.
       
   DIR Kubanische Künstlerin zu Hannah Arendt: „Der Text ist Sprengstoff“
       
       Tania Bruguera protestierte gegen die Diktatur in Kuba. Ihre
       Leseperformance von Arendts Totalitarismus-Analyse wird nun in Berlin
       wiederaufgeführt.