URI: 
       # taz.de -- Regierungsumbildung in Frankreich: Ein pünktlicher Freispruch
       
       > François Bayrou, Vertrauter des französischen Präsidenten, entledigt sich
       > des Vorwurfs der Veruntreuung. Nun kann er in die Regierung zurückkehren.
       
   IMG Bild: François Bayrou (rechts) ist nach seinem Freispruch zurück auf der politischen Bühne
       
       Paris taz | François Bayrou, Chef der zentrumsdemokratischen Partei MoDem
       (Mouvement Démocrate) und einer der engsten politischen Vertrauten von
       Staatspräsident Emmanuel Macron, ist am Montag vom Pariser Strafgericht
       freigesprochen worden. Vorgeworfen wurde ihm Beihilfe zur Veruntreuung
       öffentlicher Gelder: Mitarbeiter von EU-Abgeordneten der MoDem sollen
       tatsächlich nicht für diese Abgeordneten, sondern für Parteiorgane
       gearbeitet haben.
       
       Die Staatsanwaltschaft hatte Bayrou beschuldigt, dieses System der
       Veruntreuung organisiert zu haben, und darum eine Haftstrafe von 30 Monaten
       auf Bewährung, eine Geldstrafe von 70.000 Euro und einen Verlust der
       Wählbarkeit über drei Jahre gefordert. Dem wurde aber nicht stattgegeben.
       
       In seinem Urteil begründete das Gericht den Freispruch Bayrous so: Es sei
       nicht bewiesen, dass dieser Kenntnis eines Missbrauchs der EU-Mittel hatte
       oder dass er den EU-Abgeordneten seiner Partei einen Plan zum Missbrauch
       der Gelder vorgeschlagen habe.
       
       Fünf der MoDem-Mitglieder im EU-Parlament wurden – im Gegensatz zu ihrem
       prominenten Parteichef – zu Haftstrafen von 10 bis 18 Monaten verurteilt,
       die aber zur Bewährung ausgesetzt wurden. Außerdem müssen sie Geldstrafen
       leisten und dürfen zwei Jahre lang nicht gewählt werden.
       
       ## Arbeitsverträge nicht erfüllt
       
       MoDem selbst wurde mit einer Geldstrafe von 350.000 Euro belangt. Die
       Richter sahen es als bewiesen an, dass mehrere Mitarbeiter der
       EU-Abgeordneten ihre Arbeitsverträge nicht erfüllt hatten, sondern
       stattdessen für Parteiorgane der MoDem arbeiteten.
       
       Für Bayrou kommt dieses Urteil zu einem idealen Zeitpunkt. Für Emmanuel
       Macron war der 72-Jährige im Jahr 2017 – als Macron zum ersten Mal zum
       Staatspräsidenten gewählt wurde – [1][einer der wichtigsten Wahlhelfer].
       Macron zeigte sich erkenntlich und machte Bayrou im Anschluss zum
       Justizminister.
       
       Das blieb aber ein kurzes Intermezzo: Aufgrund der Ermittlungen um die
       Scheinbeschäftigten im EU-Parlament musste Bayrou bereits nach wenigen
       Wochen die Regierung wieder verlassen. Die Ermittlungen begannen damals
       aufgrund einer Anzeige der [2][rechtsextremen Partei Rassemblement
       National].
       
       ## Bayrou bald Präsident statt nur Bürgermeister?
       
       Sieben Jahre lang wartete Bayrou als Ratgeber hinter den Kulissen, und
       zuletzt als Vorsitzender des staatlichen Kommissariats für Planung darauf,
       dass ihm die Justiz mit einer reingewaschenen Weste die Rückkehr in die
       Regierungsgeschäfte ermöglicht. Das scheint nun gegeben zu sein.
       
       Die von Macron zu Jahresbeginn [3][unter Leitung von Premier Gabriel Attal
       neugebildete Regierung] ist noch nicht vollständig. Auf gewissen Posten,
       namentlich im Erziehungsministerium, zeichnet sich bereits ein Wechsel ab.
       Für Bayrou kommt dies gelegen, er war schon einmal Bildungsminister. Und an
       Ehrgeiz, Macrons Reformen wieder zu Glaubwürdigkeit zu verhelfen, mangelt
       es ihm nicht.
       
       Und vielleicht möchte Bayrou noch höher hinaus: Bereits zweimal kandidierte
       er – ohne Erfolg – für das Amt des französischen Staatspräsidenten. Macron
       kann nicht für eine dritte Amtszeit antreten, mehr als zwei sind in
       Frankreich nicht gestattet. Bayrou, gegenwärtig schlicht Bürgermeister der
       77.000-Einwohner-Stadt Pau in den südwestfranzösischen Pyrenäen, würde sich
       dieser Aufgabe sicherlich gewachsen fühlen.
       
       Mitarbeit: Lisa Schneider
       
       7 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kommentar-Wahlkampf-in-Frankreich/!5387010
   DIR [2] /Bauernproteste-in-Frankreich/!5985882
   DIR [3] /Neue-Regierung-in-Frankreich/!5985165
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Emmanuel Macron
   DIR François Bayrou
   DIR Schwerpunkt Frankreich
   DIR Veruntreuung
   DIR Schwerpunkt Emmanuel Macron
   DIR Schwerpunkt Emmanuel Macron
   DIR Bertelsmann-Stiftung
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Frankreich
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Regierungskrise in Frankreich: Macrons letzter Joker
       
       Frankreichs neuer Premier François Bayrou ist dafür bekannt, mit allen
       sprechen zu können. Lenkt er das Land aus der Krise?
       
   DIR Regierungsbildung in Frankreich: Das Kabinett ist wieder komplett
       
       Die Liste der französischen Minister*innen ist öffentlich. Dass das
       gedauert hat, deutet auf mühsame Verhandlungen hin. Einige Namen
       überraschen.
       
   DIR Studie der Bertelsmann Stiftung: Junge vertrauen der Demokratie
       
       Junge Menschen in Deutschland haben mehr Vertrauen in die Regierung als in
       anderen EU-Ländern. Gleichzeitig haben viele Angst vor der Zukunft.
       
   DIR Bürgerbefragung zu SUV-Parkgebühren: Paris schreckt Monsterkisten ab
       
       Bürgermeisterin Hidalgo will die SUVs loswerden. Nun sollen
       Pariser*innen über höhere Parkgebühren für schwere SUV abstimmen.
       
   DIR Bauernproteste in Frankreich: Mit gelben Mützen in Le Pens Arme
       
       In Frankreich übernimmt die Führung der Bauernproteste ein Verband, der
       anschlussfähig an die Rechte ist. Die wittert vor den EU Wahlen ihre
       Chance.