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       # taz.de -- Asienmeisterschaft im Fußball: Die Lehren nach dem Sieg
       
       > Jordanien steht im Finale der Asienmeisterschaft. Von der Beudeutung des
       > Erfolgs, der sportlichen Leistung und einer unangemessenen Forderung.
       
   IMG Bild: Unbändige Freude: Jordanische Spieler nach dem Finaleinzug bei der Asienmeisterschaft
       
       Politisch, also so richtig voll mit historischer Bedeutung ist der Fußball
       vor allem dann, wenn andere kicken. Zum Beispiel am Dienstag: Da hat bei
       der Asienmeisterschaft in Katar [1][Jordanien] im Halbfinale [2][Südkorea]
       2:0 geschlagen. Das arabische Land liegt aktuell noch auf Platz 87 der
       Fifa-Weltrangliste, dürfte allerdings bald nach oben klettern, und am
       Samstag trifft es im Endspiel auf Gastgeber Katar.
       
       Sportlich eine Sensation, klinsmannkritisch eine Klatsche, und politisch,
       tja, eine Einladung zum Räsonnement. „Sport is war minus the shooting“
       lautet ein Aperçu von George Orwell, und wer das zu ernst nimmt, könnte
       vielleicht aufs Wildeste Jordaniens aggressives Spiel, mit dem es Südkorea
       auskonterte, mit politischen und militärischen Ereignissen im Nahen Osten
       analogisieren.
       
       Könnte man.
       
       Wäre aber falsch. Und über, beispielsweise, die politische Bedeutung von
       Saarbrücken–Gladbach liest man ja auch nur selten etwas.
       
       ## Zurück zum Sport
       
       Respektvoller dürfte es da schon sein, sich zunächst einmal die Leistung
       der jordanischen Fußballer anzuschauen. Nur als Gruppendritter konnten sie
       sich für die K.o.-Runde des Asien-Cups qualifizieren. Darin sind sie
       übrigens nicht unähnlich der Auswahl [3][Palästinas], die bei dem Turnier
       im Achtelfinale gegen Gastgeber Katar [4][ausschied]. Jordanien kickte sich
       mit Glück und Teamgeist von Runde zu Runde.
       
       Anders als bei anderen Teams dieses Turniers hat Jordanien kaum
       Auslandsprofis auf dem Platz. Mit Musa Al-Taamari von Montpellier HSC,
       Torschütze zum entscheidenden 2:0, gar nur einen, der bei einem
       europäischen Erstligisten unter Vertrag ist. Noch zwei Spieler, Yazeed
       Abulaila und Yazan al-Naimat, verdienen ihr Geld in [5][Katar]
       beziehungsweise [6][Saudi-Arabien]. Ansonsten schlagen sich Jordaniens
       Kicker vor allem durch die schlecht zahlenden Ligen im Libanon, Libyen oder
       eben Jordanien durch.
       
       Während sich Südkorea im Turnierverlauf auf die Fähigkeiten seiner
       Starspieler von Tottenham oder Bayern München verlassen hatte, setzte
       Jordanien auf die Homogenität des Teams. Trainer Jordaniens ist Houcine
       Ammouta. Der ist Marokkaner, hat zwar persönlich mit dem
       [7][WM-Halbfinaltriumph Marokkos] 2022 nichts zu tun, aber die
       fußballpolitische Symbolik ist doch wieder da: Arabische Teams rocken
       Asien, rocken die Welt.
       
       Das ist selbstverständlich politisch, aber weil Jordaniens Erfolg
       unterschiedliche Deutungen zulässt, melden sich auch solche Leute zu Wort,
       die den Erfolg instrumentalisieren wollen. Prinz Ali bin Al Hussein ist so
       einer. Der jordanische Präsident des Westasiatischen Fußballverbands
       fordert, Israel im Weltfußball zu „isolieren“. Interessant und unangenehm
       ist das schon deswegen, weil Israel gar nicht beim Asien-Cup mitspielen
       darf.
       
       1964 hatte das Land dieses Turnier noch ausgerichtet und gewonnen, 1974
       wurde es aus dem asiatischen Fußballverband hinausgeworfen. Jordaniens
       aktuellen Erfolg zu nutzen, um das Nachbarland weltpolitisch kaltzustellen,
       hat mit Sport nichts zu tun. Gleichwohl hat Jordaniens Fußballerfolg ja
       eine politische Bedeutung: Es ist der sportliche Ausdruck des legitimen
       Anspruchs auf Teilhabe, überall. Und von allen.
       
       7 Feb 2024
       
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