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       # taz.de -- Expertin über EU-Einigung zu Vorgaben: „Reparieren soll Standard werden“
       
       > Die EU-Gremien haben sich auf ein Recht auf Reparatur geeinigt. Was das
       > bringt, erklärt die Expertin Katrin Meyer.
       
   IMG Bild: Verbraucherinnen und Verbraucher sollen einer EU-Einigung zufolge ein sogenanntes Recht auf Reparatur bekommen
       
       taz: Die EU hat sich auf ein [1][Recht auf Reparatur] geeinigt. Was heißt
       das für Verbraucher:innen? 
       
       Katrin Meyer: Momentan ist eine Reparatur häufig eine [2][aufwendigere und
       teurere Lösung] als ein Neukauf. Das muss und soll sich ändern: Reparieren
       soll günstiger und einfacher sein und damit zum Standard werden. Und zwar
       ganz egal, ob sich das Gerät noch innerhalb des Gewährleistungszeitraums
       befindet, in dem ich als Verbraucherin ohnehin einen Anspruch auf
       [3][Reparatur] oder Neulieferung habe, oder danach.
       
       Was soll sich konkret bessern? 
       
       Zum Beispiel müssen Hersteller für alle Geräte, die diese Richtlinie
       umfassen, ein Reparaturangebot machen müssen – auch dann, wenn die
       Gewährleistung schon abgelaufen ist. Gleichzeitig müssen die Hersteller
       ihre Ersatzteile auch unabhängigen Werkstätten zur Verfügung stellen, und
       zwar zu „angemessenen Preisen“. Das ist tatsächlich ein ganz großer
       Fortschritt. Denn es gibt Produktgruppen, bei denen zwar Ersatzteile
       verfügbar sind, aber die Hersteller verlangen dafür astronomische Preise.
       Damit lohnt natürlich keine Reparatur und es kann kein nennenswerter
       Reparaturmarkt entstehen.
       
       Was ist denn ein angemessener Preis? 
       
       Das ist noch nicht klar, denn der endgültige Text der Richtlinie ist noch
       nicht veröffentlicht. Momentan gehen die Preise jedenfalls sehr
       auseinander: Ein Dichtungsring für eine Waschmaschine kann 38 Euro, aber
       auch mehr als 100 Euro kosten. Es gibt eine Studie aus Frankreich, die zu
       dem Ergebnis kommt, dass eine Reparatur, damit sie für
       Verbraucher:innen lohnenswert erscheint, nicht mehr als ein Drittel des
       Neupreises kosten darf.
       
       Wobei ein Drittel des Neupreises bei einem defekten Dichtungsring immer
       noch ziemlich viel wäre. 
       
       Genau. Wir hoffen daher, dass die EU-Kommission bei der Ausformulierung der
       Richtlinie konkrete Schwellenwerte einzieht, zum Beispiel Prozentwerte für
       bestimmte Arten von Reparaturen. Als Vorlage könnte dabei der französische
       Reparaturindex dienen. Dort wird der Preis für Ersatzteile schon bewertet.
       Daran könnte man sich orientieren.
       
       Die Regeln sollen zunächst für neun Produktkategorien wie Smartphones,
       Waschmaschinen oder Kühlschränke gelten. Welche Produkte sollten
       schnellstmöglich dazukommen? 
       
       Vor allem ist es wichtig, schnell weitere Elektro- und Elektronikgeräte
       aufzunehmen, da fehlt noch ganz viel. Computer oder Laptops zum Beispiel,
       aber auch kleinere Haushaltsgeräte wie Kaffeemaschinen oder Haartrockner.
       Gerade bei diesen kleineren Haushaltsgeräten ist der Neukauf oft
       unglaublich billig. Ersatzteile sind dagegen nicht zu kriegen und eine
       Reparatur ist unverhältnismäßig teuer. Das Problem ist allerdings: Der
       Prozess, neue Produktgruppen hinzuzufügen, wird sich ziehen. Und die
       Richtlinie gilt immer nur für Produkte, die neu auf den Markt kommen. Also
       alles, was wir schon zu Hause rumstehen oder -liegen haben, wird sich in
       Sachen Reparierbarkeit nicht verbessern.
       
       Wann werden erste Effekte der Richtlinie zu spüren sein? 
       
       Die Umsetzungszeiträume werden wir erst im finalen Text sehen. Aber ich
       denke, dass Verbraucher:innen gerade bei den Ersatzteilpreisen schnell
       Verbesserungen merken werden. Erstens, dass Ersatzteile verfügbar sein
       werden, und zweitens, dass sie von unabhängigen Werkstätten verbaut werden
       können. Die Richtlinie erlaubt auch ausdrücklich, dass die
       EU-Mitgliedstaaten Förderprogramme für die Reparatur auflegen. Aus
       Österreich ist schon der Reparaturbonus bekannt, in Deutschland gibt es ihn
       regional in Thüringen. Hier hoffen wir, dass die Bundesregierung diese
       Möglichkeit für ein bundesweites Bonusprogramm nutzt. Denn ein
       Reparaturbonus führt nachweislich dazu, dass mehr repariert wird.
       
       8 Feb 2024
       
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