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       # taz.de -- Basketballstar Satou Sabally: „Ich habe ein Sprachrohr“
       
       > Satou Sabally ist eine der besten Basketballerinnen der Welt. Ihr geht es
       > nicht nur um Wurfquoten, sie kämpft auch für Frauen- und
       > Minderheitenrechte.
       
   IMG Bild: Freiwurf für eine bessere Gesellschaft: Satou Sabally im deutschen Auswahltrikot
       
       taz: Frau Sabally, Sie fliegen bald nach Belem in Brasilien, wo am
       Donnerstag das erste Olympia-Qualifikationsspiel stattfindet. Fühlen Sie
       sich vorbereitet? 
       
       Satou Sabally: Ja, ich fühle mich vorbereitet, aber ich fühle mich immer
       ready und dann fragt man sich wieder: Hat man genug gemacht? Als Sportler
       findet man nie, dass man genug trainiert hat, aber ich kann mich auf jeden
       Fall auf meine letzten Wochen verlassen, die Vorbereitung war schon sehr
       gut.
       
       Es ist nicht lange her, vielleicht 15 Jahre, da wurden Sie auf einem
       Spielplatz in Berlin entdeckt. Wie kann man sich das vorstellen? 
       
       Ich war acht oder neun Jahre alt. Da wurden meine Schwester Nyara und ich
       auf dem Spielplatz von meiner ersten Trainerin vom DBC Berlin angesprochen.
       Das war auf dem Winterfeldtplatz, direkt neben unserer
       Spreewald-Grundschule, und ich glaube, das war wirklich nur aufgrund
       unserer Größe, die war einfach auffallend damals in dem Alter. Wir wurden
       also zu einem Kids-Basketball-Day vom Basketball-Bund eingeladen. Ich
       konnte wirklich gar kein Basketball spielen. Aber es hat so viel Spaß
       gemacht, dass ich direkt in ein Team wollte.
       
       Sie haben zunächst in Berlin gespielt. Wie war das als Mädchen im deutschen
       Basketball? 
       
       Damals war Basketball im Mädelsbereich gar nicht groß. Dadurch, dass ich in
       Berlin war, hatte ich zumindest den Luxus, dass es auch andere Teams gab,
       gegen die man spielen konnte. Ich habe auch mit Jungs gespielt und hatte
       dadurch den Vorteil, viel auf Turniere mitgehen zu können. Ich habe dann
       bald in der Nachwuchsbundesliga der Frauen gespielt, und dann in der
       zweiten Bundesliga. Es war aber nie so wie bei den Jungs. Die wurden immer
       mehr gefördert, hatten mehr Teams und mehr Ressourcen. Als ich letztens
       wieder in Berlin war, habe ich aber gesehen, dass der Berliner Verband
       jetzt einen größeren Pool von Mädels hat. Das hat mich sehr glücklich
       gemacht.
       
       Kann der deutsche Basketball von den USA lernen? 
       
       Ich würde die Liga in Deutschland jetzt nicht unbedingt mit der WNBA
       vergleichen wollen, eher mit anderen europäischen Teams, die mehr
       Förderungen haben. Ich habe bei Fenerbahçe in Istanbul gespielt, und da
       konnte ich mir meinen Lebensunterhalt verdienen, den ich in Berlin, in
       Deutschland nie verdienen könnte. Als Topspielerin bin ich dann schon sehr
       jung aus Berlin weg. Ich wollte aufs College gehen und studieren. Aber
       dadurch fehlen dann die Talente in Deutschland, was sich im Niveau der Liga
       widerspiegelt. Dazu kommt noch die Ausländerregelung, sodass in Deutschland
       keine deutsche Spielerin auf dem Spielfeld stehen muss. Das geht gar nicht
       und führt zu weniger Förderung.
       
       Und dadurch auch zu geringeren Einnahmen? 
       
       Einen höheren Lebensstandard kann man sich als Spielerin in Europa nur
       leisten, wenn man eine der Topspielerinnen ist. Andere müssen zusätzlich
       arbeiten. Bei Alba Berlin wirst du hingegen keinen einzigen Mann antreffen,
       der noch einen Nebenjob hat, und bei Frauen ist es immer noch so, dass man
       doppelte Arbeit leisten muss, obwohl man genau das Gleiche tut. Auch in der
       WNBA ist der Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen groß. Ich
       spiele dort, weil ich mich mit den Besten messen möchte. Ich bin jetzt auch
       aus meinem Rookie-Vertrag raus, und mit dem neuen Arbeitsvertrag, den wir
       mit der Liga haben, werde ich jetzt auch mehr Gehalt verdienen. Aber ich
       verdiene immer noch das Dreifache in Europa und das Vierfache in China.
       
       Nur um mal Zahlen zu nennen: Ein NBA-Spieler verdiente in der Saison
       2021/22 im Schnitt 5,35 Millionen US-Dollar, eine WNBA-Spielerin rund
       121.000. Wird darüber diskutiert? 
       
       Wir haben viel Freiheit, uns politisch zu äußern. Wir sprechen uns aus,
       aber etwas zu verändern, ist auch Aufgabe der Gesellschaft. Es ist
       schließlich fast in jedem Bereich so, dass Frauen mehr leisten müssen und
       weniger bezahlt werden. Bei uns sieht man es extrem an den Gehältern, wir
       kriegen nicht mal 100.000 Dollar in unseren Rookie-Jahren. Nur weil ich mit
       einem bestimmten Geschlecht geboren bin, kann ich mein Leben nicht
       finanzieren, obwohl ich genau das Gleiche leiste. Aber ich weiß jetzt, dass
       Sponsoren den Frauensport als Investition ansehen müssen. [1][Denn er ist
       am Wachsen]. Die Zuschauerzahlen steigen, die Quoten sind um über 200
       Prozent gestiegen im Vergleich zum Vorjahr. [2][In Frauensport zu
       investieren, lohnt sich].
       
       Sie haben kürzlich gesagt, Sie möchten auch als Aktivistin gesehen werden.
       Warum? 
       
       Das ist einfach meine Persönlichkeit. Ich bin eine globale Person: in
       Gambia aufgewachsen, in Deutschland aufgewachsen, ich habe jetzt schon
       überall auf der Welt gespielt, und ich lerne andere Kulturen kennen, und
       ich sehe sehr viel Ungerechtigkeit – politisch, gesellschaftlich, auf jedem
       Level. Als schwarze Frau ist man von Intersektionalität täglich betroffen.
       Ich habe jetzt ein Sprachrohr. Kaum jemand fragt eine weibliche Putzkraft,
       wie sie behandelt wird, und trotzdem interessiere ich mich auch für ihre
       RechteIch kann meine Reichweite neben dem Sport für Themen nutzen, die mich
       bewegen.
       
       Wirkt sich das Leben in Texas diesbezüglich auch auf Sie und Ihren
       Aktivismus aus? 
       
       Ja, absolut. Die Frauenrechte in Texas, zum Beispiel, darüber rede ich mit
       vielen meiner Freundinnen. Zum Beispiel mit Freundinnen, die eine
       Abtreibung in Texas nicht machen konnten. Das ist hier eine schockierende
       Realität. Frauen haben Angst, zum Frauenarzt zu gehen. Angst davor, was
       passieren könnte, falls die rausfinden, dass man schwanger ist und dann
       nach drei Monaten nicht mehr. Das ist einfach sehr traurig. Es sollte so
       sein, dass Menschen für die Rechte aller einstehen.
       
       Auf Social Media haben Sie mit knapp 200.000 Followern eine große
       Reichweite. Engagieren Sie sich auch darüber hinaus? 
       
       Ich arbeite bei Café Momentum in Dallas mit. Das ist ein Café, in das
       Jugendliche kommen, die im Jugendgefängnis waren. Sie sind meistens Opfer
       ihrer Gesellschaft. Das sind 13-, 14-Jährige, die niemals einen
       Highschool-Abschluss machen können aufgrund ihrer Vorgeschichte. Ich meine,
       das sind Kinder. Und in diesem Café versuchen wir diese Kinder zurück in
       unsere Gesellschaft zu integrieren. Wir bieten die Möglichkeit, zur Schule
       zu gehen, psychologische Hilfe. Ich helfe ihnen mit einem Mentoren-Programm
       und verbinde sie mit Leuten im Berufsleben. Das ist eine Leidenschaft von
       mir geworden, dass ich mit Kindern und Jugendlichen arbeite und ihnen eine
       andere Perspektive für ihr Leben geben möchte. Für Unicef habe ich auch für
       ein Bildungsprogramm gearbeitet. Ansonsten bin ich eher im Mentorenbereich
       jetzt aktiv. In unserer eigenen Liga bin ich führendes Mitglied des Social
       Justive Council der WNBA.
       
       Und nebenbei trainieren Sie noch. 
       
       Ja, genau.
       
       In Berlin haben Sie auf dem Tempelhofer Feld einen Basketballplatz
       eröffnet. 
       
       Das konnte ich mit meinen Sponsoren realisieren. Es war echt ein super
       Projekt. Ich wollte einen Safe Space für Mädels kreieren. Ich selbst konnte
       damals nicht immer einfach zocken gehen, da waren meistens die Jungs auf
       dem Feld, und man kam selber kaum zum Spielen. Das soll jetzt ein Ort sein,
       der Mädels inspiriert. Ich kriege immer so tolles Feedback, wenn Leute da
       hingehen und sich freuen. Basketball gibt mir so viel Freude. Basketball
       hat mir so viele Türen geöffnet. Das möchte ich zurückgeben.
       
       Fehlt Ihnen Berlin bisweilen? 
       
       Auf jeden Fall. Dallas ist schon ganz schön anders. Aber Berlin vermisst
       man doch immer, wenn man da herkommt. Das Profilleben ist zum Teil auch
       sehr isolierend. Vor allem jetzt in China habe ich sehr große Isolation
       gespürt. In Dallas habe ich schon sehr viele Freunde, die wie Familie sind.
       Aber klar, meine ganze Familie ist in Berlin, und ich vermisse meine
       kleinen Geschwister, meine Eltern. Ich weiß aber auch, dass es erst mal nur
       temporär ist.
       
       Gibt es Momente, wo Sie sich lieber ein normales Leben wünschen? 
       
       Ja, ich wünsche mir manchmal schon, ich wäre einfach mal für zwei Wochen zu
       Hause in meinem Bett und könnte mich einfach mal entspannen. Es könnte ab
       und zu auch mal entspannter sein. Aber dann fühle ich mich schon sehr
       privilegiert, wenn ich so etwas sage. Ich bin sehr dankbar für mein Leben.
       Mein Hobby ist mein Job, ich kann mich nicht wirklich beschweren. Ich lebe
       meinen Traum, aber es könnte auch manchmal ein bisschen gechillter sein.
       
       Welche Ziele haben Sie sich dieses Jahr gesetzt? 
       
       Mein größtes Ziel ist auf jeden Fall Olympia. Und ein WNBA-Titel wäre auch
       nicht schlecht.
       
       7 Feb 2024
       
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