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       # taz.de -- Ministerin reist nach Marokko: Ihr Fachkräfte, kommet
       
       > Deutschland braucht Arbeitskräfte. Um die anzulocken, reist
       > Entwicklungsministerin Schulze nach Marokko. Doch es geht auch um
       > Abschiebungen.
       
   IMG Bild: Entwicklungsministerin Schulze reist nach Marokko auf der Suche nach Fachkräften
       
       Berlin taz | Deutschland sucht händeringend Arbeitskräfte aus dem Ausland.
       Gerade erst warben der Bundespräsident und der Arbeitsminister in Vietnam
       um Fachkräfte. Nun machen sich am Donnerstag auch Entwicklungsministerin
       Svenja Schulze und Staatsministerin Reem Alabali-Radovan (alle SPD) auf den
       Weg nach Marokko. Auch dort soll es am Donnerstag um Fachkräfte für den
       deutschen Arbeitsmarkt gehen. Doch auch das Thema Abschiebungen dürfte auf
       der Tagesordnung stehen.
       
       „Wir wollen irreguläre Migration begrenzen und reguläre Arbeits- und
       Fachkräftemigration stärken und gestalten“, sagte Svenja Schulze der taz.
       Sie und Alabali-Radovan werden am Donnerstag in Marokkos Hauptstadt Rabat
       am Goethe-Institut ein Pilotprojekt der Diakonie besuchen, das Fachkräfte
       schon vor der Ausreise auf das Leben und Arbeiten in Deutschland
       vorbereitet. Davor werden sie mit unter anderem dem marokkanischen
       Arbeitsminister ein neues marokkanisch-europäisches „Informationszentrum
       für die Unterstützung der Mobilität und beruflichen Integration“ einweihen.
       
       Solche Zentren finanziert das Bundesentwicklungsministerium [1][in mehreren
       Ländern] mit, in Marokko gibt es bereits sechs Niederlassungen: ein
       Hauptzentrum in Casablanca sowie Zweigstellen in Agadir, Beni Mellal,
       Oujda, Tanger und Fès. Sie sind Anlaufstellen für Menschen, die sich für
       eine Arbeit oder Ausbildung in Deutschland und Europa interessieren.
       
       In Marokko soll das Angebot des Zentrums nun pilothaft erweitert werden um
       Elemente der sogenannten Vorintegration: Vorbereitung auf das Alltags- und
       Arbeitsleben in Deutschland mit Sprach- und Orientierungskursen sowie eine
       Begleitung der Migrant*innen von ihren Herkunftsländern bis in die
       integrationspolitischen Strukturen nach Deutschland.
       
       ## Auch Abschiebungen auf der Agenda
       
       Zusammenarbeit in der Migrationspolitik „gelingt nicht mit Druck oder
       Drohungen, wie manche glauben“, sagte Schulze der taz. „Sondern sie
       entsteht, indem wir unsere Partner respektieren und gemeinsam den
       Interessensausgleich suchen, so dass beide Seiten etwas davon haben. Indem
       wir nicht übereinander, sondern miteinander sprechen und so Vertrauen
       aufbauen. Das ist das Ziel meiner Reise nach Marokko.“
       
       „In Marokko starten wir gemeinsam etwas Neues“, sagte der taz die
       Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan. Durch das
       Modellprojekt von Diakonie und Goethe-Institut könnten Fachkräfte „nicht
       nur Deutsch lernen, sondern [sie] erfahren auch, was sie konkret im Alltag
       erwartet“, so die Staatsministerin. „Integration von Anfang an, das ist das
       erklärte Ziel dieser Bundesregierung.“ Auch andere Einwanderungsländer
       setzten erfolgreich auf diese „Vorintegration“.
       
       Ein weiterer Schwerpunkt der Zentren knüpft an jenes Thema an, [2][das
       zuletzt die Migrationsdebatte in Deutschland dominiert hat: Rückführungen].
       Die Zentren sollen „Rückkehrende bei ihrer Reintegration begleiten. Das
       Angebot umfasst Beratungen zu Arbeitsmöglichkeiten, Existenzgründungen oder
       psychosoziale Unterstützung.
       
       „Wir unterstützen Sie kostenlos auf dem Weg zu neuen Job-Perspektiven“,
       [3][verspricht die dazugehörige Webseite]. Ganz so einfach dürfte das in
       der Realität nicht sein. Die Arbeitslosenquote liegt in Marokko bei über 13
       Prozent. Bei Frauen und Hochschulabsolvent*innen sind es fast 20
       Prozent, bei jungen Menschen zwischen 15 und 24 Jahren sogar 38 Prozent.
       
       Am Mittwoch erklärten Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und der
       Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung Joachim Stamp (FDP), man habe mit
       Marokko eine „umfassende Migrationspartnerschaft“ vereinbart. Seit Monaten
       hatten die beiden mit mehreren Staaten über solche Rückführungsabkommen
       verhandelt. Im Gegenzug für Erleichterungen bei der Arbeitsmigration sollen
       sich diese verpflichten, sowohl bei der Rücknahme abgelehnter Asylsuchender
       zu kooperieren wie auch Fluchtbewegungen in Richtung Europa zu unterbinden.
       
       Die FDP würde Marokko zudem gerne als sogenanntes sicheres Herkunftsland
       einstufen. Damit würden Asylanträge aus dem Land in aller Regel als
       „offensichtlich unbegründet“ abgewiesen. Die Grünen lehnen das ab. Die Zahl
       der Abschiebungen nach Marokko ist niedrig. Das Bundesinnenministerium
       erklärte auf taz-Anfrage, im Jahr 2023 habe es 153 Abschiebungen nach
       Marokko gegeben. Gleichzeitig ist auch die Gruppe derer, um die es geht,
       nicht groß: [4][Laut Tagesschau] waren Ende September 2023 rund 3.700
       Marokkaner*innen ausreisepflichtig.
       
       24 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bmz.de/de/themen/zentren-fuer-migration-und-entwicklung
   DIR [2] /Gesetzesvorhaben-im-Bundestag/!5983182
   DIR [3] https://www.startfinder.de/de/beratungszentrum/marokko#
   DIR [4] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/migrationsabkommen-100.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dinah Riese
       
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