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       # taz.de -- Demos gegen AfD und Rechtsextremismus: Düsseldorf am Zug gegen Nazis
       
       > 100.000 gingen in der NRW-Landeshauptstadt auf die Straße. Demos gab es
       > auch in Kiel und Frankfurt (Oder). Der Fußball setzte ein Zeichen gegen
       > Antisemitismus.
       
   IMG Bild: „Schönen Gruß nach Köln!“ – Menschenmengen ziehen durch Düsseldorf
       
       FRANKFURT AM MAIN/berlin/düsseldorf epd/dpa | In Deutschland sind am
       Samstag, der auch Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
       war, [1][erneut Zehntausende Menschen gegen Rechtsextremismus und die AfD
       auf die Straße gegangen]. Die weitaus größte Demo fand in der
       nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf statt. An ihr haben
       sich nach Angaben der Polizei bis zu 100.000 Menschen beteiligt.
       
       In dem Zug durch die Stadt seien in der Spitze bis zu 65.000 Menschen
       mitgelaufen, bei der Hauptkundgebung auf den Rheinwiesen seien es dann
       [2][schließlich sogar bis zu 100.000 gewesen, sagte ein Polizeisprecher].
       Aufgerufen hatten die Initiative „Düsseldorf stellt sich quer“, der
       Deutsche Gewerkschaftsbund und der Düsseldorfer Appell. Es war eine von 30
       für Samstag geplanten Demonstrationen in Nordrhein-Westfalen.
       
       Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel sagte in
       Düsseldorf laut einem vorab veröffentlichten Redemanuskript: „Wir lassen
       uns als freiheitliche, offene Gesellschaft nicht unsere Werte rauben.“ Wenn
       Rechtsextreme herum fantasierten, sie könnten Menschen aus Deutschland
       ausweisen, dann irrten sie gewaltig. „Wer gegen Menschen mit
       Migrationshintergrund ist, ist gegen alle Menschen in Deutschland.“
       
       Die Vize-NRW-Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne) zeigte sich tief
       bewegt über die starke Beteiligung an der Düsseldorfer Demonstration gegen
       Rechtsextremismus geäußert. „Viel hab ich in dieser Stadt schon erlebt,
       aber das, was ihr heute als Zeichen setzt hier auf den Rheinwiesen, alle
       zusammen, die ganze Stadt, Jung und Alt, hier geboren, hier zugereist,
       Sport, Karneval, Gewerkschaften, staatstragende Parteien,
       Zivilgesellschaften, das macht mich nahezu sprachlos“, sagte Neubaur am
       Samstag bei der Hauptkundgebung. „Ich sag's mal, wie es ist als
       Düsseldorferin: Schönen Gruß nach Köln!“
       
       ## Verteidigungsminister Pistorius spricht in Osnabrück
       
       In Osnabrück rief Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) dazu auf,
       sich entschlossen für die Demokratie einzusetzen. „Wir stehen zusammen
       gegen den Hass der Faschisten und der AfD. Wir stehen für die Freiheit und
       die Menschenwürde jedes Einzelnen, denn die Würde des Menschen ist
       unantastbar“, sagte er. Auch in Kiel, Frankfurt an der Oder, Lübeck und
       Düsseldorf gingen jeweils Tausende Menschen auf die Straße.
       
       An der von der SPD initiierten Demonstration in Osnabrück beteiligten sich
       nach Polizeiangaben rund 25.000 Bürgerinnen und Bürger. Vor ihnen
       kritisierte Verteidigungsminister Pistorius die AfD mit scharfen Worten.
       Wer die AfD aus Protest wähle, „denen muss klar sein, dass sie Faschisten
       wählen“, sagte der gebürtige Osnabrücker und ehemalige Oberbürgermeister
       der Friedensstadt.
       
       Die Demokratie der Weimarer Republik sei nicht zugrunde gegangen an der
       Stärke ihrer Feinde, sondern an der Schwäche ihrer Anhänger, warnte
       Pistorius. „Gleichgültigkeit gegenüber der Demokratie liefert sie den
       Faschisten aus.“
       
       Seit einem Bericht des Recherchenetzwerks „Correctiv“ [3][über ein Treffen
       von AfD-Vertretern mit Neonazis und Unternehmern Ende November] gibt es
       bundesweit große Demonstrationen gegen Rechtsextremismus. Laut der
       Recherche wurde bei dem Treffen über die massenhafte Ausweisung von
       Menschen mit Migrationsgeschichte gesprochen.
       
       In Kiel beteiligten sich am Samstag laut Polizei etwa 11.500 Menschen an
       einer Kundgebung für Demokratie und Toleranz auf dem Rathausplatz. Zu einer
       Demonstration gegen rechts in Lübeck kamen nach Angaben der Polizei 8.000
       Menschen, in Wismar etwa 1.500.
       
       Auch in Frankfurt (Oder) demonstrierten Tausende Menschen gegen
       Rechtsextremismus. Unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt!“ führte der
       Demonstrationszug unterbrochen von Zwischenkundgebungen vom Bahnhof durch
       die Frankfurter Innenstadt. Die Polizei sprach von 4.000 Teilnehmenden, die
       Veranstalter von etwa 5.000. Es sei die größte Demonstration in der Stadt
       seit vielen Jahren, hieß es.
       
       Der Staatsrechtler Christoph Möllers bezeichnete die Proteste als
       „beispiellos in der Geschichte der Bundesrepublik“. Es passiere „in
       gewisser Weise was sehr Ungewöhnliches, nämlich dass Leute für die Ordnung
       selbst auf die Straße gehen“, sagte der Professor an der Berliner
       Humboldt-Universität im „Interview der Woche“ im Deutschlandfunk.
       
       Vergangenes Wochenende gingen bundesweit nach Schätzungen der Polizei
       900.000 Menschen auf die Straße.
       
       ## „Nie wieder ist jetzt“ in den Fußballstadien
       
       Zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus hat der deutsche
       Profifußball Zeichen gegen Antisemitismus gesetzt. Bei den Spielen in den
       Stadien, auf dem Trainingsplatz und bei anderen Veranstaltungen gedachten
       die Clubs und Fans am Jahrestag der Befreiung des früheren deutschen
       Konzentrationslagers Auschwitz an die Verbrechen der NS-Zeit. Angesichts
       des Terrorangriffs der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel
       am 7. Oktober und den zunehmenden Protesten gegen rechts in Deutschland
       finden die Aktionen diesmal unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt!“ statt.
       
       „Der Erinnerungstag im deutschen Fußball ist inzwischen ein fester
       Bestandteil unseres Spielkalenders und setzt jedes Jahr ein klares, starkes
       Zeichen“, sagte Geschäftsführer Steffen Merkel von der Deutschen Fußball
       Liga. Am 27. Januar 1945 hatten sowjetische Truppen die Überlebenden des
       deutschen Vernichtungslagers Auschwitz befreit. Die Nazis hatten dort mehr
       als eine Million Menschen ermordet, überwiegend Juden. Seit 1996 wird das
       Datum in Deutschland als Holocaust-Gedenktag begangen, die Vereinten
       Nationen haben das Datum 2005 zum Gedenktag ausgerufen.
       
       Unter anderem in den Bundesligastadien in Stuttgart, Augsburg und Sinsheim
       gab es am Samstagnachmittag vor dem Anpfiff Lautsprecherdurchsagen. „Gebt
       dem Antisemitismus keine Chance. Nie wieder ist jetzt“, hieß es beim Spiel
       des VfB Stuttgart gegen RB Leipzig. FC Bayern München beim FC Augsburg
       sagte der Stadionsprecher: „Antisemitismus hat beim FC Augsburg und in
       seinem Stadion keinen Platz.“ Im Bremer Stadion riefen einige Fans „Nazis
       raus“, als sich die Mannschaften von Werder und dem SC Freiburg hinter
       einem Banner mit der Aufschrift „Nie wieder Krieg“ versammelten.
       
       „In Gedenken an die sechs Millionen Jüdinnen und Juden, die im Holocaust
       ermordet wurden“, schrieb Borussia Dortmund am Samstag in einem Post auf X
       (vormals Twitter) zu einem Bild, das die Mannschaft mit einem Banner mit
       der Aufschrift „#WeRemember“ zeigt.
       
       „Die Notwendigkeit, jährlich mit dem Motto „Nie wieder“ am Tag der
       Befreiung des Konzentrationslagers in Auschwitz-Birkenau vor nunmehr 79
       Jahren zu erinnern, zeigt sich derzeit deutlicher als in den Jahren zuvor“,
       schrieb Werder Bremen. „Die jüngsten Enthüllungen rund um die AfD führen
       uns vor Augen, dass in Deutschland wieder über Deportationen nachgedacht
       wird. Das ist schockierend.“
       
       27 Jan 2024
       
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