URI: 
       # taz.de -- Bayer-Aktie fällt nach Glyphosat-Urteil: Rekordstrafe für Bayer-Konzern
       
       > Ein US-Gericht verurteilt die Bayer AG zu 2,25 Milliarden Dollar Strafe,
       > weil sein Pestizid Glyphosat Krebs verursacht habe. Die Aktie fällt
       > stark.
       
   IMG Bild: Unkrautkiller Roundup in einem Geschäft in den USA 2017
       
       Frankfurt rtr | Eine Rekordstrafe bei den Glyphosat-Prozessen in den USA
       für [1][Bayer] verschreckt die Anleger des Agrar- und Pharmakonzerns. Die
       Aktien fielen im frühen Handel am Montag um mehr als 5 Prozent auf 30,48
       Euro und damit auf den tiefsten Stand seit knapp zwei Monaten. Die Papiere
       waren mit Abstand größter Verlierer im Leitindex Dax.
       
       Bayer hatte am Freitag eine erneute Niederlage bei den Glyphosat-Prozessen
       erlitten. Ein Geschworenengericht in Philadelphia verurteilte das
       Unternehmen zur Zahlung von 2,25 Milliarden Dollar an einen Mann, der seine
       Krebserkrankung auf den glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup von
       Bayer zurückführt. Das ist die bislang höchste Strafe, die gegen den
       Konzern zunächst verhängt wurde. Im Berufungsverfahren dürfte die Summe
       jedoch deutlich reduziert werden.
       
       Nach einer längeren Erfolgsserie bei der Klagewelle – die sich das
       Unternehmen mit der Übernahme des Glyphosat-Entwicklers Monsanto in Haus
       geholt hat – hatte Bayer Ende vergangenen Jahres fünf Prozesse in Folge
       verloren und im Dezember eine Klage für sich entschieden. Insgesamt hat das
       Unternehmen 10 von 16 Verfahren gewonnen. Das bisher teuerste Urteil hatte
       Bayer 2019 im Fall des Ehepaars Pilliod einstecken müssen, dem eine Jury
       zwei Milliarden Dollar zugesprochen hatte – die Strafe wurde von einer
       Richterin aber auf 86,7 Millionen reduziert.
       
       Nach Einschätzung von Fondsmanager Markus Manns von Union Investment
       bekommt Bayer die Causa Glyphosat einfach nicht in den Griff: „Es sieht so
       aus, als ob das Ganze wieder von vorne losgeht. Die Zeitungsanzeigen, mit
       denen sich US-Anwälte potenzielle Glyphosat-Geschädigte suchen, sind massiv
       gestiegen und werden durch den gewonnenen Prozess weiteren Auftrieb
       erhalten“, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Die Optionen seien
       begrenzt: Bayer könne entweder einem neuen Vergleich zustimmen oder
       selektiv Fälle mit guten Erfolgsaussichten für den Konzern verhandeln. „Ein
       neuer Vergleich würde leider der Causa Glyphosat kein Ende setzen, da in
       ein bis zwei Jahren wieder neue Kläger bei Bayer anklopfen würden. Und
       Bayer fehlt das Geld für wiederkehrende milliardenschwere Vergleiche im
       Drei- bis Fünf-Jahres-Rhythmus.“
       
       ## Bayer setzt auf Berufung
       
       Das jüngste Urteil der Jury in Philadelphia sieht eine
       Entschädigungszahlung von 250 Millionen Dollar und einen
       Strafschadensersatz in Höhe von 2 Milliarden Dollar vor – auch dieser
       dürfte in der Berufung reduziert werden, da er die Vorgaben des Obersten
       Gerichtshofs der USA übersteigt. Auch Bayer betonte, dass der Schadenersatz
       bei bisher verlorenen Prozessen insgesamt um mehr als 90 Prozent gesenkt
       wurde.
       
       Das Urteil dürfte Vorstandschef Bill Anderson jedoch zusätzliches
       Kopfzerbrechen bereiten. Er hat einen erheblichen Personalabbau bei Bayer
       angekündigt und will mehrere Führungsebenen streichen sowie
       Koordinationsprozesse vereinfachen. Auch die Konzernstruktur steht wie von
       Investoren gefordert auf dem Prüfstand, doch eine Aufspaltung von Bayer ist
       vorerst nicht zu erwarten, wie Reuters von Insidern erfahren hatte.
       
       Bayer hatte 2020 einen Großteil des damals anhängigen Roundup-Klagen gegen
       eine Zahlung von bis zu 9,6 Milliarden Dollar beigelegt, erhielt aber keine
       gerichtliche Genehmigung für eine Vereinbarung zur Verhinderung künftiger
       Klagen. Zuletzt standen noch für 52.000 der insgesamt rund 165.000
       angemeldeten Ansprüche Einigungen aus. Ende 2022 beliefen sich die
       Rückstellungen für die Vergleiche bestehender und künftiger
       Glyphosat-Klagen noch auf 6,4 Milliarden Dollar.
       
       Um weitere künftige Klagen abzuwehren, hat Bayer den Verkauf
       glyphosathaltiger Produkte an US-Privatkunden 2023 gestoppt – sie stellten
       die überwiegende Mehrheit der Kläger. Finanzchef Wolfgang Nickl hatte im
       November gesagt, dass das Unternehmen trotz der jüngsten Niederlagen keine
       Änderung seiner Prozessstrategie plant. „Wir haben keine Lust, riesige
       Schecks zur Beilegung von Glyphosat-Prozessen auszustellen, wenn wir wenig
       freien Cashflow haben.“ Die Vorwürfe gegen Glyphosat hat Bayer stets
       zurückgewiesen.
       
       Behörden weltweit haben das Mittel als nicht krebserregend eingestuft. Die
       Krebsforschungsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation WHO bewertete
       den Wirkstoff 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“. „Wir werden Klagen
       weiterhin vor Gericht austragen, da sich gezeigt hat, dass wir Prozesse
       gewinnen, wenn die Klägeranwälte die wissenschaftlichen und regulatorischen
       Bewertungen nicht falsch darstellen können“, erklärte Bayer.
       
       29 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schwerpunkt-Bayer-AG/!t5240035
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Bayer AG
   DIR Schwerpunkt Glyphosat
   DIR Aktienkurs
   DIR Schwerpunkt Pestizide
   DIR Landwirtschaft
   DIR Schwerpunkt Bayer AG
   DIR Schwerpunkt Glyphosat
   DIR Landwirtschaft
   DIR Schwerpunkt Bayer AG
   DIR Schwerpunkt Glyphosat
   DIR Schwerpunkt Bayer AG
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Bundesrat beschränkt Ackergift weiter: Glyphosat bleibt draußen
       
       Die Länderkammer beschließt, die Nutzung für das umstrittene Pestizid nicht
       auszuweiten. In Schutzgebieten bleibt es verboten.
       
   DIR Wegen Schäden in Südamerika: Beschwerde gegen Bayer bei der OECD
       
       Sechs Menschenrechtsorganisationen werfen dem Konzern vor, mit dem Einsatz
       von Glyphosat in Lateinamerika Mensch und Umwelt zu schädigen.
       
   DIR Herkunftskennzeichnung wird ausgeweitet: Mehr Infos über Fleisch und Honig
       
       Die Herkunftskennzeichnung wird ausgeweitet. Künftig sind Länderangaben
       etwa auch bei Honigmischungen und losem Schweinefleisch Pflicht.
       
   DIR Umweltschützer drohen mit Klage: Juristen gehen gegen Glyphosat vor
       
       Die Deutsche Umwelthilfe und die Aurelia Stiftung legen Rechtsmittel ein
       gegen die Neuzulassung von Glyphosat. Das Pestizid schade der
       Artenvielfalt.
       
   DIR Geplante Personalkürzungen bei Bayer: Spätfolge von Glyphosat
       
       Der Bayer-Konzern will weniger Personal und schließt auch Kündigungen nicht
       aus. Die Beschäftigten müssen die Fehler der Vergangenheit ausbaden.
       
   DIR Personalwechsel bei Pestizidkonzern: Bayer-Chef geht wegen Glyphosat
       
       Vorstandschef Baumann verantwortet den Kauf des Pestizidherstellers
       Monsanto. Die Gewerkschaft IG BCE lehnt es ab, den Konzern nun zu
       zerschlagen.