URI: 
       # taz.de -- Berichterstattung über AfD: Die Frage, was der AfD nutzt
       
       > Die mediale Debatte über die AfD wird immer wieder von der Frage
       > bestimmt, was der AfD nutzt und was nicht. Nutzt das dem Journalismus?
       
   IMG Bild: Hunderte Menschen demonstrieren in Frankfurt am Main gegen Rechtsextremismus und die AfD
       
       Die Frage „Cui bono?“ gilt als anrüchig und wird als so unappetitlich
       empfunden wie jemand, der in der U-Bahn Rotz durch seine Nase hochzieht. Es
       ist einerseits schon okay, diese Frage zu stellen, selbst Adorno empfahl
       sie im Rahmen der Ideologiekritik. Doch haftet ihr das Aroma von
       Verschwörung an, vor allem, wenn noch das Wörtchen „wirklich“ vor das
       Fragezeichen der Formulierung „Wem nützt es?“ geschoben wird. Suggeriert
       wird damit, der Profiteur des Ereignisses könnte auch dessen geheimer
       Urheber sein.
       
       Wenn es um die AfD geht, liegt die Sache mit der Verschwörung zwar etwas
       anders. Aber die Frage, ob dies oder jenes der AfD nützt, ihr hilft, ihr
       schadet oder sie schwächt, übertönt in diesen Tagen alles andere. Und zwar
       so sehr, dass ich mich schon frage, wem es eigentlich nützt, dauernd zu
       fragen, ob dies oder jenes der AfD nützt.
       
       Kaum hatte man sich zur Demo gegen die AfD aufgerafft, wiegten schon die
       ersten den Kopf: „Wenn das am Ende mal nicht der AfD mehr nützt als
       schadet.“ Die [1][Kollegen der FAZ wussten gleich nach de]m ersten
       Großdemowochenende, dass die Demos, die Correctiv-Recherche und die
       Verbotsdebatte der AfD nicht schaden, sondern ihr „helfen“, und schrieben
       davon, dass es „irgendwo in Berlin einen bedauernswerten Briefträger gibt,
       der jeden Tag 130 bis 150 Mitgliedsanträge in die Bundesgeschäftsstelle der
       AfD schleppen muss“.
       
       Die Kollegen von der FAZ haben sicher überprüft, ob diese von der AfD
       stammenden Zahlen und Begründungen stimmen. Sie haben sicher auch den
       Briefträger gefragt, ob da wirklich so viel Post ankommt, und sicher vorher
       nachrecherchiert, dass die Parteieintrittsanträge nicht größtenteils über
       den großen Onlinebutton auf der Homepage der AfD eingehen. Die Kollegen
       haben ihre Nutzenanalyse sicher nicht einfach nur auf Grundlage der Angaben
       der AfD angestellt. Ihr Bericht liest sich aber so.
       
       ## Die Erzählung, das Narrativ, das Framing der AfD
       
       Wurde in den Anfangsjahren der AfD die Frage diskutiert, ob die
       Berichterstattung über diese Partei ihr nütze, scheint es mittlerweile
       nichts mehr zu geben, was der AfD nicht nützt.
       
       Die Correctiv-Recherche? „Rechte profitieren von Enthüllungen“[2][(taz)].
       
       Die szenische Lesung der Correctiv-Recherche? „Schadet der AfD nicht. Im
       Gegenteil“ ([3][Welt]).
       
       „Stimmungsmache“? „Nützt nur der AfD“ ([4][Politologin Ursula Münch]).
       
       Das „Feindbild Berlin“? „Nutzt nur der AfD“ ([5][Spiegel]).
       
       Die „Schwächung der CDU durch politische Kastration“? „Taugt nicht zur
       Einhegung der AfD ([6][FAZ]).
       
       Die Schuldenbremse? „Hilft der AfD“ ([7][SZ]).
       
       Die Debatte über Clans? „Nützt nur der AfD“ (NRW-Innenminister [8][Reul]).
       
       Immerhin gibt es noch minimale Einschränkungen: „Ein hoher CO2-Preis nützt
       vor allem der AfD“ ([9][Handelsblatt]).
       
       Manchmal wird’s kryptisch: „Harte Bretter über Populismus: Das hilft nur
       der AfD!“ ([10][FAZ]).
       
       Manchmal pauschalistisch: „Dieser ganze Tag nützt nur der AfD“ ([11][Markus
       Söder]).
       
       Und wenn einem gar nichts mehr einfällt: „Business as usual à la Merkel
       hilft nur der AfD“ (DiEM25).
       
       Mein Highlight: „Wer auf AfD-Niveau diskutiert, hilft der AfD“ ([12][ntv]).
       
       Es war die AfD die nach der Correctiv-Recherche, den ersten Demos und der
       erneuten Verbotsdebatte erst mal geschluckt hat, deren Umfragewerte
       zurückgingen, die sich dann aber sammelte und laut lachend brüllte: Ihr
       macht uns nur stärker! Dieser Satz ist die Erzählung, das Narrativ, das
       Framing der AfD.
       
       Vielleicht wird ihr die Zukunft recht geben, vielleicht nicht. Bis dahin
       sollten aber vor allem Journalisten nicht einfach nachplappernd übernehmen,
       was die AfD erzählt. Das schadet nämlich vor allem einem: dem Journalismus.
       
       11 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/grosser-zulauf-bei-der-afd-wie-der-correctiv-bericht-der-partei-hilft-19474119.html
   DIR [2] /Correctiv-Recherche/!5982563
   DIR [3] https://www.welt.de/kultur/theater/plus249601786/Correctiv-AfD-Recherche-im-Theater-Wenn-Journalisten-sich-selbst-diskreditieren.html
   DIR [4] https://www.merkur.de/politik/sonneberg-landrat-umfrage-stimmungsmache-nuetzt-nur-der-afd-politologin-ursula-muench-zr-92366722.html
   DIR [5] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/populismus-das-feindbild-berlin-nutzt-nur-der-afd-meinung-a-1acfdb21-8848-49d9-83e3-894a9364c730
   DIR [6] https://www.faz.net/aktuell/politik/thueringen-so-schwaecht-man-die-afd-nicht-19177565.html
   DIR [7] https://www.sueddeutsche.de/meinung/schuldenbremse-grundgesetz-bauernproteste-kommentar-1.6335763?reduced=true
   DIR [8] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/nrw-reul-clan-kriminalitaet-wahlkampf-faeser-100.html
   DIR [9] https://www.handelsblatt.com/meinung/homo-oeconomicus/gastkommentar-homo-oeconomicus-ein-hoeherer-co2-preis-nuetzt-vor-allem-der-afd/100001735.html
   DIR [10] https://www.faz.net/aktuell/politik/harte-bretter/harte-bretter-ueber-populismus-das-hilft-nur-der-afd-14423460.html
   DIR [11] https://www.youtube.com/watch?v=WZLL1rTOcXg
   DIR [12] https://www.n-tv.de/politik/politik_kommentare/Wer-auf-AfD-Niveau-diskutiert-hilft-nur-der-AfD-article24407671.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Doris Akrap
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Schwerpunkt Demos gegen rechts
   DIR Medienkritik
   DIR Rechtsextremismus
   DIR Kolumne Geraschel
   DIR GNS
   DIR Kolumne Geraschel
   DIR Schwerpunkt USA unter Donald Trump
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Essay
   DIR Rechtsextremismus
   DIR Kolumne Geraschel
   DIR Kolumne Geraschel
   DIR Diskurs
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Schwund der Artenvielfalt: Woher weiß die Wissenschaft das?
       
       Unbekannte Arten sterben aus und werden neuentdeckt. Wie der braune
       Klumpen, den sie „mystery species“ nennen. Wir haben da ein paar Fragen.
       
   DIR AfD, Trump und Co.: Die Lust an Untergangsprognosen
       
       Alle tun so, als seien Thüringen, Sachsen und Brandenburg schon an die AfD
       gefallen. Vielleicht wäre besser, Umfragen weniger Bedeutung beizumessen.
       
   DIR AfD-Verbot als Kapitulation: Es braucht die geistige Wende
       
       Die AfD verbieten zu wollen, bedeutet, politisch vor ihr zu kapitulieren.
       Nur durch gute Politik und klare Kommunikation kann sie besiegt werden.
       
   DIR Essays von selbsternannten AfD-Experten: Hört auf zu labern
       
       Seit den Demos gegen rechts fabulieren täglich Typen über die Folgen dieser
       – ohne wirkliche Kenntnis. Dabei gibt es genug Expert:innen.
       
   DIR Reaktionen auf Faesers Maßnahmenplan: Lob mit Abstrichen
       
       Zivilgesellschaftliche Initiativen begrüßen Faesers Maßnahmen gegen
       Rechtsextremismus. Doch manche fürchten, dass auch Linke gefährdet seien
       könnten.
       
   DIR DB wirbt in Kroatien: Sonderprämie für Fachkräfte
       
       In Kroatien ist Bahnfahren nicht direkt populär. Das hindert die Deutsche
       Bahn nicht daran, dort Lokführer:innen für den Betrieb daheim zu
       suchen.
       
   DIR In Kroatien und Schottland: Wenn Fischer zu Busfahrern werden
       
       Zwei Fischer erzählen die gleiche Geschichte. Zufall oder bläst der Wind
       die Fischer tatsächlich ein bisschen weiter Richtung Ende der Welt?
       
   DIR Diskursiver Jahresrückblick: Armageddon bis Zähne
       
       Das Jahr 2023 war ein schlimmes Jahr. Das offenbart sich auch in der
       Sprache: ein Abc des Weltuntergangs.