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       # taz.de -- Preise für Parken in Berlin: Viel zu zahme Stehgebühren
       
       > Die Verkehrssenatorin will die Parkgebühren für AnwohnerInnen erhöhen –
       > aber nur ein bisschen. Daran gibt es scharfe Kritik.
       
   IMG Bild: Gratis rumstehen lassen? Geht auch jetzt schon nicht mehr überall
       
       Berlin taz | Die Initiative [1][Volksentscheid Berlin autofrei] kritisiert
       den aktuellen Vorstoß von Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) zur
       Erhöhung der Parkgebühren für AnwohnerInnen als völlig unzureichend. „Still
       und heimlich subventionieren wir das Blockieren wertvollen Stadtraums jedes
       Jahr mit horrenden Summen“, sagt Sprecherin Marie Wagner. Berlin autofrei
       fordere von der Verkehrsverwaltung, „dass Menschen, die Autos besitzen,
       zumindest die wahren Kosten ihrer Parkplätze zahlen.“
       
       Vor wenigen Tagen wurde Schreiners Vorschlag für die Kosten für die
       AnwohnerInnen-Vignette bekannt, die das Parken in Zonen mit
       Parkraumbewirtschaftung innerhalb eines Zeitraum von einem oder zwei Jahren
       erlaubt. Aktuell betragen diese 20,40 Euro für zwei Jahre. Der
       rot-grün-rote [2][Vorgängersenat hatte eine deutliche Erhöhung
       angekündigt], Schreiners Vorgängerin Bettina Jarasch wollte den Preis der
       Vignette auf 120 Euro im Jahr, also 10 Euro monatlich, anheben. Jetzt ist
       die Rede von 60 Euro für ein Jahr und 100 Euro für zwei Jahre.
       
       Da die Verkehrsverwaltung auch Rabatte vorsieht, wenn die Vignette digital
       beantragt und online ausgestellt wird, kann die Gebühr auf bis zu 27,50
       Euro pro Jahr sinken. Schreiner zufolge soll die konkreten Preisgestaltung
       jetzt mit den Fraktionen der schwarz-roten Koalition abgestimmt werden.
       Bestimmte Gruppen wie HandwerkerInnen oder Schichtarbeiterinnen sollen
       [3][von den Gebühren gänzlich befreit werden].
       
       Letzteres findet auch Berlin autofrei „grundsätzlich eine gute Idee“, weil
       es diejenigen, „die wirklich aufs Autofahren angewiesen sind“, entlaste.
       Das werde aber bei Schreiners Modell „ins Leere laufen, da bei dem aktuell
       geplanten Ausverkauf des öffentlichen Raums weiterhin überhaupt keine
       freien Parkplätze zu finden sein werden,“ so Benni Wasmer von der
       Initiative.
       
       Gegenüber der taz erläutert Wasmer, dass der Gesetzentwurf von Berlin
       autofrei in der Umweltzone keine Straßenstellplätze für die sogenannte
       Gemeinnutzung vorsieht: „Wer sein Auto dann dort unbedingt noch parken
       will, muss sich einen privaten Platz organisieren.“ Außerhalb der
       Umweltzone sollte es dann eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung
       geben, um das Ausweichen von HalterInnen aus der Innenstadt auf diesen
       Bereich zu verhindern.
       
       Seit 2022 liegt der Gesetzentwurf [4][beim Berliner Verfassungsgericht zur
       Prüfung]. Unter anderem weil dieses personell nicht ausreichend
       ausgestattet ist, rechnet die Initiative frühestens zur
       Abgeordnetenhauswahl 2026 mit der möglichen Durchführung des Entscheids.
       
       ## 220 Euro Kosten pro Stellplatz
       
       Da selbst im Erfolgsfall mehrjährige Übergangsfristen gälten, fordert die
       Initiative aktuell auch deutlich höhere Gebühren für den ruhenden Verkehr.
       Konkrete Zahlen nennt sie nicht, verweist aber auf eine Studie der Gruppe
       Agora Verkehrswende, die die Bereitstellungskosten für einen
       bewirtschafteten Straßenstellplatz in Berlin mit rund 220 Euro pro Jahr
       angibt. Aktuell deckten die AnwohnerInnen-Gebühren noch nicht einmal die
       Verwaltungskosten für die Ausstellung der Vignette ab, so Wasmer.
       
       Seit 2020 können die Bundesländer die Gebühren für das AnwohnerInnenparken
       frei festlegen. Berlin hat davon bisher noch nicht Gebrauch gemacht. Andere
       deutsche Kommunen [5][erheben mittlerweile schon deutlich höhere Gebühren]:
       So werden in Freiburg 200 Euro jährlich fällig, in Bonn erhöhen sich die
       Kosten ab März sogar von 180 auf 360 Euro im Jahr.
       
       Wie Schreiners Initiative aus den Gesprächen mit den Koalitionsfraktionen
       hervorgeht, bleibt abzuwarten. Von den Abgeordneten ihrer eigenen Partei
       dürfte sie wenig Widerstand zu erwarten haben. Der verkehrspolitische
       Sprecher der SPD-Fraktion, Tino Schopf, sagt der taz dagegen, er könne sich
       „eine Anhebung der Gebühren auf monatlich 10 Euro vorstellen“.
       
       Sollte sich darüber eine Einigung herstellen lassen, plädiere er dafür, die
       Mehreinnahmen zur Deckung der Verwaltungskosten zu verwenden, aber auch
       „zweckgebunden in den Ausbau des Umweltverbundes“ zu investieren, so
       Schopf. Vor allem die „Sanierung und Errichtung sicherer Fußwege“ sei
       hiervon zu finanzieren – das steigere die „Akzeptanz bei den Bürgern“.
       
       ## „Öffentlicher Raum verscherbelt“
       
       Die verkehrspolitische Sprecherin der Grünenfraktion Oda Hassepaß
       kritisiert die Pläne der Senatorin als „mutlos“. Hier werde „rarer
       öffentlicher Raum geradezu verscherbelt“. Sie rechnet vor, dass sich die
       Gebühr gerade einmal von aktuell 0,85 Euro auf günstigstenfalls 2,30 Euro
       im Monat erhöhen würde.
       
       Eine Rabattierung hält Hassespaß dann für eine gute Idee, wenn es darum
       gehe, den Vorgang zu digitalisieren.“ Ob das „bei dieser Rabattierung der
       Plan ist, sei dahingestellt“.
       
       12 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Autofrei-Volksbegehren-soll-vor-Gericht/!5852088
   DIR [2] /Neue-Parkgebuehren-fuer-AnwohnerInnen/!5815759
   DIR [3] /Schwarz-rote-Landesregierung/!5968455
   DIR [4] /Volksbegehren-Berlin-autofrei/!5850755
   DIR [5] https://www.adac.de/verkehr/recht/verkehrsvorschriften-deutschland/anwohnerparkausweis/
       
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