URI: 
       # taz.de -- Baumfällungen auf der Landsberger Allee: 63 Bäume für sechs Spuren
       
       > Damit der Autoverkehr weiter rollt, wurden auf der Landsberger Allee 63
       > Bäume gefällt. Anwohner sind empört, selbst Autofahrer sind dagegen.
       
   IMG Bild: Autos statt Bäume – die Anwohner:innen der Landsberger Allee sind nicht begeistert
       
       Berlin taz | Plötzlich waren sie weg: 63 Bäume auf dem Grünstreifen in der
       Mitte der Landsberger Allee wurden gefällt. Wo einst Blätter im Wind
       wehten, sind seit Samstag nur noch Baumstümpfe übrig. „Sie haben das letzte
       bisschen Grün weggeschreddert“, empört sich Anwohnerin F. Strietzel. Im
       Lärm der vorbeirasenden Autos ist sie kaum zu hören. Es riecht nach Abgasen
       und überhitzten Bremsen. Hier soll ab April eine riesige Baustelle
       entstehen – mindestens für die nächsten fünf Jahre.
       
       Die Berliner Wasserbetriebe müssen Trinkwasser- und Abwasserleitungen
       ersetzen. Dafür wird die Hauptverkehrsader im Osten aufgerissen. Sechs
       Fahrspuren dienen dem Pendlerverkehr aus Marzahn und Brandenburg stadtein-
       und stadtauswärts. Damit keine davon wegfällt, [1][mussten die Bäume
       weichen.]
       
       „Ich verstehe, dass die Leitungen ausgetauscht werden müssen“, sagt
       Strietzel. Im Dezember hatten 450 Menschen in der nahe gelegenen
       Bernhard-Bästlein-Straße stundenlang kein fließendes Wasser. Aber als
       Anwohnerin hätte sie gerne vorher über die Baumfällungen Bescheid gewusst –
       und ob es Alternativen gab. Erst am 6. Februar verschickte der Bezirk
       Lichtenberg eine Pressemitteilung über die [2][„notwendige Baumfällung“.]
       Vier Tage später waren sie bereits weg.
       
       „Warum diese Zerstörung, wenn es Möglichkeiten gäbe, durch
       Fahrbahneinschränkungen ebenso die Arbeiten zu ermöglichen?“, heißt es in
       einer Petition auf change.org, die 128 Unterschriften gegen die Fällung
       gesammelt hat. Die Wasserbetriebe wollen erst im März weitere Informationen
       zu der „seit mehreren Jahren und mit einer Vielzahl von Behörden
       vorbereiteten Baustelle“ bereitstellen, so ein Sprecher zur taz. Auch das
       Bezirksamt will sich nicht dazu äußern, ob andere [3][Umleitungsmaßnahmen
       in Betracht gezogen wurden.]
       
       ## Baum-Volksbegehren bereitet Klimaanpassungsgesetz vor
       
       Dass 63 Bäume an einem Tag gefällt werden, will das Baum-Volksbegehren in
       Zukunft verhindern. Die Initiative will bis Ostern ein
       Klimaanpassungsgesetz erarbeiten, durch das Grünflächen und Bäume geschützt
       werden. Für die Bäume und Anwohner der Landsberger Allee kommt das zu spät.
       Doch für andere könnte es noch die Rettung sein: In Reinickendorf wehrt
       sich eine Bürgerinitiative gegen ein Wohnprojekt, für das 244 Bäume gefällt
       werden sollen. In Pankow sind 144 Bäume durch Neubauprojekte gefährdet.
       
       Anwohner Gerd Lichtenberger hat wie F. Strietzel nichts von den Plänen
       gehört. Er hat nur die Baumstümpfe bemerkt. Er steht vor seinem Auto auf
       einem Netto-Parkplatz. „Dass Pendler länger im Stau stehen müssten, wenn es
       weniger Fahrspuren gäbe, wäre natürlich ärgerlich“, sagt er. Er fährt jeden
       Tag auf die Landsberger Allee und ist trotzdem besorgt: „Im Sommer wird es
       keinen Schatten geben, wenn man im Verkehr feststeckt“, sagt er.
       
       Auf dem Parkplatz neben Lichtenberger steigt Gabriele Nies aus ihrem Auto
       aus. Auch sie wohnt ein Stück weiter die Straße hinunter und fährt jeden
       Tag auf der Hauptverkehrsstraße. „Ich stehe lieber im Stau, als dass hier
       Bäume gefällt werden“, sagt sie der taz. „Wir wollen eine grüne Stadt,
       nicht eine Stadt voller Beton und Autos.“
       
       Für Anwohnerin Strietzel steht die Baumfällung an der Landsberger Allee
       symbolisch für die Berliner Verkehrspolitik. Anstatt Anreize zu schaffen,
       vom Auto auf Bus, Bahn oder Fahrrad umzusteigen, müssen 63 Bäume für den
       Autoverkehr weichen.
       
       13 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Stadtbaeume-im-Klimawandel/!5950569
   DIR [2] /Baumkunst-im-Treptower-Park/!5990779
   DIR [3] /Radweg-Ausbau-verhindert/!5972155
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Clara Suchy
       
       ## TAGS
       
   DIR Bäume
   DIR Stau
   DIR Baustelle
   DIR Reinickendorf
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Treptow-Köpenick
   DIR Flensburg
   DIR Bäume
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Anwohnerprotest im Berliner Norden: Bäume statt Autos
       
       In Frohnau sollten 80 Ahornbäume einem Parkstreifen weichen. Eine
       Bürgerinitiative stellt sich dagegegen und verhindert die Fällung in
       letzter Minute.
       
   DIR Baumpflanzaktion in Berliner Wäldern: Da geht mehr für besseres Klima
       
       Eine halbe Million klimaresistenter Setzlingen wurden in Berliner Wäldern
       gepflanzt. So sollen sie fit für den Klimawandel werden. Aber reicht das?
       
   DIR Baumkunst im Treptower Park: Bürokratie sägt Kunst ab
       
       Seit über einem Jahrzehnt schnitzt Baumkünstler Oliver Jaffrot im Treptower
       Park Skulpturen aus Totholz. Damit ist jetzt Schluss, sagt das Bezirksamt.
       
   DIR Radweg-Ausbau verhindert: Auto-Lobby rettet Bäume vor Radweg
       
       In Flensburg haben CDU und SSW einen Velorouten-Ausbau in letzter Sekunde
       gestoppt. Sie wollen keine mehrmonatige Unterbrechung des Autoverkehrs.
       
   DIR Stadtbäume im Klimawandel: Zu jung für die Säge
       
       Friedrichshain-Kreuzberg experimentiert mit Pflanztechniken, um
       Straßenbäume länger leben zu lassen. Eigentlich ist das finanziell nicht zu
       stemmen.