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       # taz.de -- BSW in Berlin: Wagenknechtler reichen CDU die Hand
       
       > Ex-Linke bilden in Lichtenberg erstmals eine BSW-Fraktion auf Berliner
       > Bezirksebene. Verkehrspolitisch werden die Christdemokraten angeblinkt.
       
   IMG Bild: Der „Grundstein für eine neue Politik“ lag bei der BSW-Gründung Anfang Januar in Pappkartons
       
       Berlin taz | Das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) sitzt erstmals in
       Fraktionsstärke in einer Bezirksverordnetenversammlung: In Lichtenberg
       gaben jetzt drei Bezirksverordnete ihren Austritt aus der Linksfraktion und
       die Gründung einer eigenen BSW-Fraktion bekannt.
       
       Die Linke forderte die drei Abtrünnigen umgehend auf, ihre Mandate
       zurückzugeben – vergeblich. In der 55-köpfigen BVV ihrer einstigen Hochburg
       Lichtenberg schrumpft die Linksfraktion damit auf überschaubare elf Sitze.
       „Personell geschwächt, inhaltlich geschlossen“, ist die offizielle
       Mitteilung der Linksfraktion dann auch trotzig überschrieben.
       
       Das Wagenknecht-Trio hatte [1][bereits vor einem Monat] seinen
       Parteiaustritt erklärt. Gleichwohl wollten sie – zum Unmut der
       Bezirks-Linken – weiterhin Teil der Fraktion bleiben. Das hat sich nun
       erledigt, begleitet von Klagen über die Ex-Parteifreund:innen. Ob während
       der Coronapandemie oder „in der Friedensfrage“ nach dem Überfall Russlands
       auf die Ukraine: „Der Korridor des Sagbaren wurde zunehmend verengt“, heißt
       es in einer Begründung von Montag [2][im Einklang mit dem Sound des
       Bundes-BSW].
       
       In der BVV Lichtenberg wolle man sich dabei um Fragen des sozialen
       Zusammenhalts in dem Ostberliner Großbezirk kümmern. Das habe man auch
       schon in der Linken gemacht. In anderen Bereichen sei aber klar, dass die
       drei BSWler einen anderen Kurs einschlagen würden, angefangen bei der
       Migrationspolitik.
       
       ## Politik gegen Kiezblocks
       
       Wichtig sei, dass man Geflüchtete innerhalb Berlins gerechter verteilt,
       sagt BSW-Fraktionschef Norman Wolf am Mittwoch zur taz. Er denke da etwa an
       Steglitz-Zehlendorf, wo viel weniger Geflüchtete untergebracht seienen als
       in Lichtenberg. „Flüchtlingsunterkünfte in sozial ohnehin belasteten
       Gebieten zu errichten, hat sich jedenfalls noch nie als zielführend
       herausgestellt“, so Wolf.
       
       Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließe er zwar „grundsätzlich“ aus. Ob
       die Wagenknecht-Partei im Bezirk den Bau neuer Unterkünfte unterstütze,
       werde die Fraktion aber im Einzelfall entscheiden. Anders formuliert: Wenn
       für nötig erachtet, werde man sich im Gegensatz zu den Ex-Kolleg:innen bei
       der Linken dagegen stellen.
       
       Auch in der von den Grünen vorangetriebenen und den Linken unterstützten
       bezirklichen Verkehrspolitik wollen die Ex-Sozialisten neue Saiten
       aufziehen. Es brauche, so Wolf, „eine ideologiefreie Verkehrspolitik“. Und
       das heißt in dem Fall vor allem, dass sich die Wagenknecht-Fraktion im
       Bezirk „klar gegen die Pollerkultur“ wendet. [3][Sogenannte Kiezblocks]
       würden lediglich für „ein spezielles Milieu“ errichtet, „das die Grünen
       ansprechen wollen“.
       
       Davon wolle das BSW weg. Wolf sagt: „Es gibt in einer Großstadt kein Recht
       auf Abschottung.“ Deshalb könne es auch nicht sein, „dass der Verkehr aus
       schicken Kiezen herausgehalten wird, damit andere leiden“. Einen
       potenziellen Partner gegen die Politik von Grünen-Verkehrsstadträtin Filiz
       Keküllüoglu hat die neue Fraktion dabei auch schon im Blick: „In der
       Verkehrspolitik gibt es Schnittmengen mit der CDU.“
       
       ## CDU winkt ab
       
       Die so Umworbenen nehmen das Kooperationsangebot eher schulterzuckend zur
       Kenntnis. „Wenn sich die Kollegen unseren sehr guten Vorschlägen in der
       Verkehrspolitik anschließen wollen, dann steht es ihnen frei, in der BVV
       mit uns zu stimmen“, sagt CDU-Fraktionschef Benjamin Hudler zur taz.
       Darüber hinaus finde er das Gerede über Kooperationen jetzt aber „nicht so
       aufregend“.
       
       Überhaupt, so Hudler: Nachdem im September vergangenen Jahres in
       Lichtenberg die bis dahin mehr schlecht als recht funktionierende
       bezirkliche Zählgemeinschaft aus CDU, SPD und Grünen mit großem Knall
       auseinandergebrochen war, „streben wir in dieser Legislatur überhaupt keine
       feste Kooperation mehr an, auch nicht mit dem BSW“.
       
       14 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Rainer Rutz
       
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