# taz.de -- Bundestagsdebatte über Ukraine-Krieg: Die unbeantwortete Taurus-Frage
> Die Debatte im Bundestag über den Ukraine-Krieg ist zu einem
> innenpolitischen Schaukampf geraten. Dabei hätte sie auch ganz anders
> verlaufen können.
IMG Bild: Der Bundestag diskutiert über die mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Pistorius diskutiert nicht mit
Berlin taz | Das Einfallstor hatte Boris Pistorius selbst geöffnet. Im
[1][Antrag der Ampelparteien] war von der „Lieferung von zusätzlich
erforderlichen, weitreichenden Waffensystemen“ die Rede. Ob damit auch
Taurus-Marschflugkörper gemeint seien, fragte ihn der CDU-Abgeordnete
Jürgen Hardt in der Bundestagsdebatte über den Ukrainekrieg am Donnerstag.
„Das kann ich nicht beantworten“, antwortete der sozialdemokratische
Verteidigungsminister schmallippig. „Die Antragssteller werden sich ihren
Teil dabei gedacht haben.“
Einfacher hätte er es der Union nicht machen können. Diese machte es von
nun an zum Running Gag, jede:r Redner:in von SPD, Grünen und FDP die
Frage zu stellen, wie ihr Antrag eigentlich gemeint sei. Während die einen
– aus den Reihen der Grünen und der FDP – gewunden antworteten, dass sie
eigentlich für die Taurus-Lieferung seien, verweigerten die anderen von der
SPD jegliche klärende Aussage, ob sie dafür oder dagegen sind. Ein
peinliches Schauspiel.
Damit verkam auch diese Debatte zu einem innenpolitischen Schaukampf, der
angesichts der äußerst schwierigen Kriegssituation in der Ukraine
unangemessen wirkte. Schließlich wissen alle Seiten, dass der Ukraine der
Taurus zwar nützen würde. Ihre Chance, den Krieg nicht zu verlieren, hängt
aber von anderem ab. Der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter sagte denn
auch, dass der Taurus „nur ein Symbol“ sei. Tatsächlich sind die
militärischen [2][Probleme der Ukraine weitaus größer].
Die Debatte hätte auch ganz anders verlaufen können. Vor Pistorius hielt
der SPD-Abgeordnete Ralf Stegner eine nachdenkliche Rede. „Viele reden
ausschließlich darüber, wie Kriege am besten geführt werden können“, sagte
er. Fast niemand spreche darüber, wie sie beendet werden können.
Forderungen nach diplomatischen Initiativen würden lächerlich gemacht.
Dabei wünsche sich ein Großteil der Bevölkerung „eine Friedenspolitik, die
unsere Wehrhaftigkeit mitdenkt, aber nicht ausschließlich der militärischen
Logik folgt“.
Darüber zu diskutieren hätte sich gelohnt. Doch Stegners Vorstoß, auch über
nichtmilitärische Aktivitäten nachzudenken, die den Druck auf den
russischen Präsidenten Wladimir Putin erhöhen könnten, ohne der Ukraine die
notwendige militärische Unterstützung zu verweigern, wurde von anderen
Redner:innen nicht aufgegriffen.
Die Ampelkoalitionäre und die Vertreter:innen der Union sprachen nur
über das Militärische. Selbst ein Nachdenken über schärfere Sanktionen, wie
dies der ukrainische Präsident Wolodomyr [3][Selenskyj auf der Münchener
Sicherheitskonferenz] gefordert hatte, blieb aus. Die Linkspartei, das
Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und die AfD, sie alle sprachen sich
hingegen ausschließlich für Diplomatie und Verhandlungen aus.
Wobei die AfD wie auch die Wagenknecht-Partei damit nur die Kapitulation
der Ukraine meinten. Beide verwechselten, wer wen angegriffen hat. Es sei
„weder verantwortungsvoll noch anständig, weiter Ukrainer für diesen
Stellvertreterkrieg zu verheizen“, sagte die BSW-Abgeordnete Sevim
Dağdelen. Aus Sicht des AfD-Abgeordneten Matthias Moßdort lehre der
Ukrainekrieg: „Wer sich mit Russland anlegt, endet entweder wie Napoleon
1812 oder, noch schlimmer, wie 1945.“
22 Feb 2024
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## AUTOREN
DIR Pascal Beucker
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