URI: 
       # taz.de -- Präsidentschaftswahlen in El Salvador: Bukele schneller als die Auszählung
       
       > Noch sind nicht alle Stimmen ausgezählt, trotzdem erklärt sich
       > Amtsinhaber Nayib Bukele zum Sieger. Offenbar liegt er tatsächlich weit
       > vorne.
       
   IMG Bild: Party-Stimmung vor dem Palacio Nacional de El Salvador: Wer will schon auf die offizielle Bestätigung warten?
       
       Mexiko-Stadt taz | Nayib Bukele wollte nicht warten, bis offiziell ein
       vorläufiges Ergebnis bekannt wurde. „Unseren Zahlen zufolge haben wir die
       Präsidentschaftswahlen mit 85 Prozent der Stimmen gewonnen“, erklärte der
       amtierende und auch künftige Staatschef von El Salvador am frühen
       Sonntagabend [1][auf X, ehemals Twitter]. Zudem werde seine Partei Nuevas
       Ideas (Neue Ideen) 58 der insgesamt 60 Abgeordneten im Parlament stellen.
       Das sei „ein Rekord in der demokratischen Geschichte der Welt“, schrieb der
       42-Jährige. Dann rief er seine Anhänger auf, am Abend zum Nationalpalast in
       der [2][Hauptstadt San Salvador zu kommen, um dort seinen Sieg zu feiern].
       
       Am späten Abend lieferte dann auch das Oberste Wahlgericht (TSE) erste
       Ergebnisse. Demnach kam Bukele nach Auszählung von etwa einem Drittel der
       Stimmen auf knapp 83 Prozent, seine Konkurrenten von der
       sozialdemokratischen FMLN und der rechten Arena-Partei konnten weniger als
       ein Elftel dieser Stimmen für sich verbuchen. Insgesamt waren etwa 6,2
       Millionen Salvadorianer*innen zur Wahl aufgerufen, 741.000 von ihnen
       leben im Ausland.
       
       Nach diesem Wahlausgang wird Bukele das mittelamerikanische Land nun
       weitere fünf Jahre regieren, obwohl die Verfassung keine zweite Amtszeit
       vorsieht. Um dieses Hindernis zu umgehen, hatten die von dem Staatschef
       eingesetzten Verfassungsrichter sowie das von Nuevas Ideas dominierte
       Parlament seine Kandidatur unter der Voraussetzung genehmigt, dass er sein
       Amt sechs Monate vor der neuen Legislaturperiode ruhen lässt. De facto
       kümmerte sich Bukele nicht einmal um diese Vorgaben: Formal setzte er eine
       persönliche Vertraute als Interimspräsidentin ein, aber selbst auf der
       Website der Regierung erschien er weiterhin als Staatsoberhaupt.
       
       Dass die überwiegende Mehrheit der salvadorianischen Bevölkerung dennoch
       für ihn stimmte, liegt in erster Linie an seiner Kriminalitätsbekämpfung.
       Auf der Grundlage eines Ausnahmezustands ließ Bukele in den vergangenen
       zwei Jahren über 74.000 mutmaßliche Mitglieder [3][der Maras genannten
       Banden verhaften]. Die meisten von ihnen sitzen bis heute unter
       menschenunwürdigen Bedingungen hinter Gittern.
       
       ## Der „coolste Diktator der Welt“
       
       Aufgrund dieser repressiven Maßnahmen ging die Mordrate deutlich zurück.
       Trotz scharfer Kritik von Menschenrechtsverteidiger*innen und
       internationalen Institutionen wie der UNO konnte Bukele aus seinem Vorgehen
       im Land politisches Kapital schlagen.
       
       El Salvador sei nicht mehr die Hauptstadt der Morde, sagte er am
       [4][Wahlnachmittag vor Journalist*innen], und „das haben wir nicht
       durch ausländische Rezepte, sondern durch den Ausnahmezustand erreicht“.
       Vor Tausenden seiner Anhänger betonte er am Abend, El Salvador sei jetzt
       das sicherste Land der westlichen Hemisphäre. „Nun hat das Volk
       gesprochen“, sagte er, und wenn das die Journalisten, die
       Nichtregierungsorganisationen, die UNO oder die Organisation Amerikanischer
       Staaten nicht überzeuge, werde sie nichts überzeugen.
       
       Wie Bukele wollten auch einige Amtskollegen anderer Länder nicht die
       offiziellen Zahlen abwarten, bevor sie ihm beglückwünschten. Kaum hatte der
       Staatschef eigenmächtig seinen Wahlsieg verkündet, bekräftigte die
       mexikanische Außenministerin Alicia Bárcena den Wunsch nach einer
       verstärkten bilateralen Kooperation, Guatemalas neuer Präsident Bernardo
       Arévalo schrieb, das salvadorianische Volk habe seinen Willen zum Ausdruck
       gebracht. [5][Auch China gratulierte.]
       
       Neben seinem Kampf gegen die Maras profiliert sich Bukele, der sich als
       „coolsten Diktator der Welt“ bezeichnete, als Modernisierer El Salvadors.
       Mit der [6][Einführung des Bitcoins als offizielles Zahlungsmittel] will er
       Investoren anziehen und das Land von der „Tyrannei des Dollars“ befreien.
       Dennoch kämpfen weiterhin viele Menschen ums Überleben.
       
       Die Weltbank konstatiert El Salvador zwar in den letzten 15 Jahren große
       Fortschritte in der Armutsbekämpfung, doch das Land ist weiterhin eines der
       ärmsten Lateinamerikas. 40 Prozent leben unter prekären Verhältnissen.
       
       5 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/nayibbukele/status/1754307883586494722
   DIR [2] /Praesidentschaftswahl-in-El-Salvador/!5986046
   DIR [3] /Praesidentschaftswahl-in-El-Salvador/!5986043
   DIR [4] /Pressefreiheit-in-El-Salvador/!5927239
   DIR [5] /Diplomatie-in-Honduras/!5918951
   DIR [6] /Aerger-mit-Bitcoin-in-El-Salvador/!5854840
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Wolf-Dieter Vogel
       
       ## TAGS
       
   DIR El Salvador
   DIR Nayib Bukele
   DIR Wahl
   DIR Kriminalität
   DIR El Salvador
   DIR El Salvador
   DIR El Salvador
   DIR El Salvador
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Wahlen in El Salvador: Sicherheit vor Demokratie
       
       Der deutliche Wahlsieg Bukeles gibt seinem harten Kurs gegen die
       Kriminalität recht. Für die Demokratie in der Region ist das keine gute
       Nachricht.
       
   DIR Präsidentschaftswahl in El Salvador: Der beliebte Diktator
       
       Am Sonntag will Präsident Nayib Bukele wiedergewählt werden. Sechs Menschen
       erzählen, wie sich ihr Leben seit seinem Amtsantritt verändert hat.
       
   DIR Kriminalitätsbekämpfung in El Salvador: Kein „Smoking“ für Gefangene
       
       Präsident Bukele kämpft per Ausnahmezustand gegen kriminelle Banden.
       Menschenrechtler kritisieren die Sicherheitskräfte.
       
   DIR Gewalt in El Salvador: Gegen Banden und Recht
       
       El Salvadors Präsident reagiert auf eine Gewaltwelle mit Ausnahmezustand,
       Massenfestnahmen und öffentlicher Demütigung von Gefangenen.