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       # taz.de -- Klimaschutz in der EU: Scheine für CO2-Speicherung
       
       > Die Europäische Union will Zertifikate über das Binden von Treibhausgas
       > ausstellen, etwa durch Wälder. Kritiker*innen sprechen von
       > Ablasshandel.
       
   IMG Bild: Keimling einer Rotbuche: Auch Wälder können Treibhausgas binden und dafür soll es in Zukunft Zertifikate geben
       
       Berlin taz | Bäume und andere Pflanzen ziehen das Treibhausgas Kohlendioxid
       aus der Atmosphäre, mittlerweile tun das auch einige Technologien – und
       über solche Entlastungen der Atmosphäre will die Europäische Union künftig
       Buch führen. Mehr noch: Wer der Atmosphäre Kohlendioxid entzieht, soll
       dafür ein handelbares Zertifikat erhalten können. [1][Auf entsprechende
       Regeln] haben sich Unterhändler*innen von Europaparlament und
       EU-Mitgliedsstaaten in der Nacht zum Dienstag geeinigt.
       
       Denkbar ist, dass beispielsweise Landwirt*innen so Klimaschutz zu einer
       Einnahmequelle machen könnten. Bisher lief es eher andersherum:
       Kohlenstoffreiche Böden wie Moore wurden trockengelegt, um sie als Äcker zu
       nutzen – was neben der Tierhaltung ein großer Faktor bei der schlechten
       Klimabilanz der Landwirtschaft ist.
       
       Das neue EU-Rahmenwerk für die Zertifizierung von Kohlendioxid-Entnahmen
       aus der Atmosphäre soll zwischen vier Stufen unterscheiden, die für die
       jeweilige CO2-Speicherdauer stehen. Wer das Treibhausgas langfristig
       bindet, fällt in eine andere Kategorie als jemand, der nur für eine kurze
       Speicherung garantiert. „CO2-Entnahmen kommen voran“, frohlockte die
       konservative Europaabgeordnete Lídia Pereira, die die Berichterstatterin
       des EU-Parlaments zu dem Thema ist, [2][auf dem Portal X].
       
       Von Umweltschützer*innen kommt Kritik. Viviane Raddatz vom WWF nennt
       die Regel beispielsweise einen „neuen Ablasshandel“. „CO2-Minderungen sind
       von Entnahmen streng zu unterscheiden – leider lässt die EU in ihrer
       Einigung die Grenze verschwimmen“, sagte sie. Ihre Sorge: „Das kann zu viel
       Greenwashing mit kleiner und kurzfristiger Klimawirkung führen.“
       
       Die CO2-Speicherung würde schließlich [3][oft großen Unsicherheiten
       unterliegen, etwa beim Aufbau von Wäldern und Humus], argumentiert die
       Umweltschützerin. „Wenn uns die Klimakrise in Zukunft zum Beispiel mit noch
       zahlreicheren und extremeren Dürren und Bränden konfrontiert, wie lange
       bleibt der Kohlenstoff dann tatsächlich in Boden oder Baum?“, so Raddatz.
       „Und wer haftet am Ende, wenn das CO2 der mit Zertifikaten erkauften
       Entnahme letztlich doch zur Emission wird?“
       
       20 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2024/02/20/climate-action-council-and-parliament-agree-to-establish-an-eu-carbon-removals-certification-framework/
   DIR [2] https://twitter.com/lidiafopereira/status/1759754743553917241?s=20
   DIR [3] /Waldbrand-in-den-USA/!5718935
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Schwarz
       
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