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       # taz.de -- Wirtschaftsausblick der Bundesregierung: Mär vom kranken Mann Europas
       
       > Ein Sozialabbau würde nur den Rechtsextremismus stärken. Um die
       > Wirtschaft wirklich anzukurbeln, muss Geld in Energiewende und
       > Infrastruktur fließen.
       
   IMG Bild: Die Stimmung ist schlechter als die Lage und die deutsche Wirtschaft jammert und jammert und hofft auf Sozialabbau
       
       Früher Klassenprimus, heute auf einem der hinteren Ränge: Keine Frage, die
       erfolgsverwöhnte deutsche Wirtschaft hat Probleme. Wenn überhaupt, dann
       wächst sie in diesem Jahr weitaus schwächer als die Volkswirtschaften in
       der Nachbarschaft. Die Erwartungen der Bundesregierung sind entsprechend
       verhalten. Dennoch bleibt die deutsche Volkswirtschaft eine der stärksten
       der Welt. Die Stimmung ist schlechter als die Lage, wenn jetzt das Jammern
       über die schwache Konjunktur angestimmt wird.
       
       Aber: Ökonom:innen sagen, dass die wirtschaftliche Entwicklung zu einem
       sehr großen Teil auch eine Frage der Psychologie ist. Wenn das stimmt,
       reden Vertreter:innen von Branchenverbänden, Union und selbst der
       Regierungspartei FDP mit ihrem Lamento über die [1][angeblich so schlechte
       Lage] die deutsche Wirtschaft in eine depressive Episode.
       
       Gleichzeitig verweigern CDU/CSU und Freidemokrat:innen die Maßnahmen,
       die nötig wären, um die in der Tat nach langem Aufschwung ermüdete
       Wirtschaft auf Vordermann zu bringen: Nötig sind Anschubinvestitionen des
       Staates für den klimagerechten Umbau von Unternehmen und Gesellschaft, für
       die Energiewende und für die [2][Modernisierung der Infrastruktur]. An
       guten Ideen dafür mangelt es nicht. Aber am Finanzierungswillen.
       
       Es ist durchsichtig, worum es den Zweckpessimist:innen geht. Das
       Wehgeschrei von der deutschen Wirtschaft als „kranker Mann Europas“ ist
       verknüpft mit sehr konkreten Vorstellungen von der vermeintlichen
       Behandlung, mit der eine Gesundung erreicht werden soll. Liberale,
       Christdemokrat:innen und ihr Anhang aus Verbändevertreter:innen
       wollen mit ihren Unkenrufen den Boden für einen großflächigen Sozialabbau
       bereiten. Neu ist das nicht.
       
       Auch der Einführung der mit drastischen Einschnitten verbundenen
       Hartz-Gesetze durch die rot-grüne Regierung vor fast 20 Jahren ging das
       Schlechtreden des Wirtschaftsstandorts voraus. Getrommelt wird jetzt unter
       anderem für Kürzungen beim Bürgergeld, wie Hartz IV jetzt heißt – obwohl
       das maximal das Existenzminimum sichert, in vielen Fällen nicht einmal das.
       Den Betrieben würde das nichts bringen. Kein Unternehmen hat etwas davon,
       dass [3][Arme noch ärmer oder gar ins Elend gestoßen] werden.
       
       ## Sozialabbau ist kein Mittel gegen Fachkräftemangel
       
       Der Fachkräftemangel wird mit Sozialabbau, der angeblich Leute zur
       Arbeitsaufnahme bringt, mitnichten gemildert. Firmen suchen qualifizierte,
       erfahrene Beschäftigte. Für die allermeisten Empfänger:innen von
       Bürgergeld hält der Arbeitsmarkt aus vielen Gründen keinen Job bereit.
       Dieses Problem wird nicht durch Kürzungen gelöst.
       
       Sozialabbau bringt nicht nur volkswirtschaftlich nichts, er ist auch
       politischer Sprengstoff. Jeder Angriff auf die soziale Sicherheit befördert
       Abstiegsängste in weiten Teilen der Bevölkerung – ein Konjunkturprogramm
       für Rechtsextreme.
       
       21 Feb 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Krüger
       
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