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       # taz.de -- Werben mit virtuellen Influencern: Sind die bitte echt?
       
       > Erste digitale Models und Influencer*innen sind bereits erfolgreich.
       > Aber wie nahbar können KI-generierte und virtuelle Schönheiten sein?
       
   IMG Bild: kein KI-Produkt, sondern aufwendig digital animiert
       
       Berlin taz | 15 Milliarden Bilder sind nach Schätzungen der Anbieter
       bereits mit künstlicher Intelligenz erstellt worden – und mehr als 34
       Millionen kommen täglich dazu. KI-Bildgeneratoren sind jetzt für so viele
       Bilder verantwortlich, wie in den ersten 150 Jahren der Fotografie weltweit
       aufgenommen wurden. Zeitgemäßer gesagt entspricht das einem Drittel aller
       Bilder auf Instagram.
       
       Die Bilder sind noch nicht perfekt. Hier und da tauschen auch beim besten
       KI-Modell mal die Füße das Bein. Aber sehr bald schon werden diese Bilder
       nicht mehr durch bloße Betrachtung unterscheidbar sein. „Bereits heute
       fällt das nicht mehr leicht“, sagt Niels Pinkwart vom Deutschen
       Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz. Zurzeit sei die Qualität der
       Bilder aber noch abhängig vom eingesetzten Aufwand – und damit vom Geld.
       
       Im Influencermarketing, das nach Schätzungen des Technologieanbieters
       kolsquare allein in Deutschland 1,4 Milliarden US-Dollar wert sein soll,
       steckt genau das. Zwischen 250 und 5.000 Dollar sei Marken ein einzelner
       Post wert. Virtuelle Influencer*innen sind laut Jeanette Okwu vom
       Bundesverband Influencermarketing deswegen schon jetzt ein wachsender
       Trend. Die Figuren brächten den Marken größere Kontrolle – und auch die
       Möglichkeit, „kuratierte Influencer-Persönlichkeiten für jedes Zielsegment“
       zu erschaffen.
       
       Erste Versuche gibt es: Sie heißen [1][Emily Pellegrini], [2][Aitana Lopez]
       oder [3][Sika Moon] und sehen seltsam glatt und charakterlos aus.
       Ausnahmslos sind sie weiblich, haben übermenschliche Körper und oft
       ziemlich wenig an. Vielleicht blieben deshalb die großen Marken-Deals
       bisher aus. Nutzer*innen kommentieren die Bilder trotzdem: „Manche sind
       einfach gesegnet“, oder „Du bist wunderschön“ steht darunter.
       
       ## Lässig posieren die animierten Models
       
       Deutlich erfolgreicher ist da [4][Lil Miquela], 2,6 Millionen Follower, die
       auf dem Bild mit „ihrem“ neuen Elektroauto einen Kussmund in Richtung
       Betrachter*in wirft, lässig für eine globale Modemarke modelt oder mit
       ihrem real existierenden Friseur posiert. Miquela ist kein KI-Produkt,
       sondern aufwendig digital animiert. Genau wie [5][Shudu.gram], 240 Tausend
       Follower*innen – laut der dahinterstehenden Agentur das „weltweit erste
       digitale Supermodel“.
       
       Auf Shudus Instagram-Kanal sind fotorealistische Bilder wie vom Cover eines
       Hochglanzmagazins zu sehen: eindrucksvolle Kleider, harte Schlagschatten,
       gezielt eingesetzte Farben, die perfekte Haut – und Proportionen wie von
       einer Barbiepuppe. Der ist sie laut ihrem Schöpfer Cameron-James Wilson
       auch nachempfunden. „Das schreit Luxus“, kommentiert jemand unter einem
       Werbebild für ein High-Fashion-Label. „Der schönste Mensch, den ich je
       gesehen habe. Die Haut und alles, das gibt so viel!“.
       
       Daneben ein vermeintlicher Schnappschuss: Shudu beim Kaffeetrinken mit
       ihrem Kollegen, auch der makellos schön. Die sorgsam kuratierte
       Bildunterschrift sagt, Shudu hätte ein total inspirierendes Buch gelesen.
       „Sind die beiden echt? Die Haut leuchtet. Ich liebe es! Sind die bitte
       echt?“ fragt eine Nutzerin.
       
       Für den gewünschten Effekt müssen Influencer*innen nicht nur schön
       sein, sondern auch nahbar. Damit haben die KIs zurzeit aber noch ihre
       Probleme. Denn so wie ChatGPT Regelmäßigkeiten in der Sprache erkennt und
       damit am Ende wahrscheinliche Wörter errechnet, produzieren KIs
       wahrscheinliche Bilder.
       
       ## KI-Influencer*innen zu glattpoliert
       
       Anhand einer kurzen Texteingabe, dem Prompt, schälen die als Diffusoren
       bezeichneten Bildgeneratoren aus einem Bildrauschen, wie man es von alten
       Röhrenfernsehern kennt, in vielen kleinen Schritten immer wieder das
       nächstwahrscheinliche Bild heraus. Aus riesigen Datenmengen haben sie zuvor
       wahrscheinliche Muster gelernt. Oft ist das Ergebnis recht schön,
       [6][selten überraschend, häufig stereotyp] und [7][meistens ziemlich glatt
       poliert]. Ob Midjourney, Stable Diffusion oder Dall-E – das eint die
       Modelle alle: Irgendetwas fehlt.
       
       Lange wird das allerdings nicht so bleiben. [8][Während die KI-Modelle
       zunehmend besser werden], experimentieren Nutzer*innen in Foren mit
       Prompts und Zusatzprogrammen, mit Kontrollnetzwerken und
       Anpassungsmodellen. Sie haben ein großes gemeinsames Ziel: Aufwendig bügeln
       sie Unregelmäßigkeiten in die digital-glatte Haut hinein – für ein bisschen
       Charakter.
       
       7 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.derstandard.de/story/3000000202359/emily-pellegrini-das-model-das-es-eigentlich-gar-nicht-gibt
   DIR [2] https://www.instagram.com/fit_aitana/?hl=de
   DIR [3] https://www.instagram.com/sika.moon/?hl=de
   DIR [4] https://www.instagram.com/lilmiquela/
   DIR [5] https://www.instagram.com/shudu.gram/?hl=de
   DIR [6] /Diskriminierende-KIs/!5979767
   DIR [7] /Wie-KI-Sexismus-produziert/!5976975
   DIR [8] /Zukunft-von-KI/!5979683
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Raoul Spada
       
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