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       # taz.de -- Bemühungen um Feuerpause in Nahost: Hoffnungen bleiben unerfüllt
       
       > Der Hamas-Vorschlag für eine Waffenruhe lässt ein Abkommen mit Israel
       > vorerst in die Ferne rücken. Doch es gibt auch optimistische Stimmen.
       
   IMG Bild: Vorsichtig optimistisch gestimmt: die Vermittler aus den USA und Katar im Lusail-Palast in Doha am 6. Februar 2024
       
       Jerusalem taz | Viele Israelis hatten in den vergangenen Tagen auf eine
       baldige Rückkehr der Hamas-Geiseln gehofft, viele Palästinenser auf eine
       dringend nötige Pause im Gazakrieg. Seit einer Stellungnahme der
       Hamasführung vom Dienstagabend ist jedoch klar: Die Hoffnungen werden sich
       vorerst nicht erfüllen. Die Terrororganisation fordert laut einem Entwurf,
       welcher der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, ein dauerhaftes Ende der
       Kämpfe und einen vollständigen Abzug der israelischen Truppen aus Gaza. Die
       israelische Regierung dürfte einem solchen Vorschlag kaum zustimmen.
       
       US-Präsident Joe Biden, dessen Regierung die Verhandlungen vorangetrieben
       hatte, kommentierte die Antwort als „ein wenig übertrieben“. Vermittler wie
       der katarische Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani sehen
       den Vorschlag trotz allem vorsichtig positiv: Die Hamas sei offensichtlich
       an weiteren Verhandlungen interessiert.
       
       Der Vorschlag ist eine Antwort auf ein durch Katar und Ägypten
       übermitteltes mehrstufiges Rahmenabkommen, dass die USA und Israel
       unterstützen. Im Kern [1][schlägt die Hamas laut Reuters drei Phasen von
       jeweils 45 Tagen vor]. Dabei sollen zunächst alle weiblichen, kranken und
       alten Geiseln sowie junge Männer bis 19 Jahre freikommen. Im Gegenzug würde
       eine bisher nicht ausgehandelte Zahl palästinensischer Kinder und Frauen
       aus israelischen Gefängnissen entlassen werden.
       
       In Phase zwei und drei könnten männliche Geiseln und die Leichen der Toten
       zurückgegeben sowie eine Einigung für ein Ende des Krieges gefunden werden.
       Zudem fordert die Terrorgruppe die Freilassung von 1.500 palästinensischen
       Gefangenen, darunter ein Drittel mit lebenslänglichen Haftstrafen. Außerdem
       sollen mehr humanitäre Hilfsgüter nach Gaza gelangen. Die mehr als zwei
       Millionen Zivilisten dort haben kaum noch Zugang zu Essen, Wasser und
       Medikamenten.
       
       ## 31 der noch in Gaza vermuteten Geiseln sollen tot sein
       
       In Israel wurde der Hamas-Vorschlag gemischt aufgenommen. Dem TV-Sender KAN
       11 zufolge hieß es aus Regierungskreisen, Israel werde „ein Ende des
       Krieges nicht als Bedingung annehmen“. Andere Stimmen gaben sich
       optimistischer. Der Kolumnist der Zeitung Israel Hayom, Joaw Limor,
       schrieb: „Die Antwort der Hamas ist ein Eröffnungsangebot – ein sehr
       ambitioniertes, aber keines, das die Möglichkeit einer Einigung völlig
       ausschließt.“
       
       Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte wiederholt betont, es gebe
       „keine Einigung zu jedem Preis“. Israel kämpfe bis zum „totalen Sieg“ über
       die Hamas. Der Premier steht unter großem Druck seiner rechtsextremen
       Koalitionspartner, die im Falle eines Waffenstillstandes mit einer
       Auflösung der Regierung drohen. Dennoch dürfte die tatsächliche
       Verhandlungsposition Israels mehr Spielraum zulassen, auch weil bisher
       völlig unklar ist, wie andernfalls das zweite Kriegsziel erfüllt werden
       kann: die Rückkehr aller Geiseln.
       
       Bis zuletzt wurden noch rund 130 Geiseln in Gaza vermutet. Wie die Armee am
       Dienstag bestätigte, sollen aber 31 von ihnen nicht mehr am Leben sein. Das
       dürfte die tiefen Gräben in der israelischen Gesellschaft wieder aufbrechen
       lassen. Während [2][die Geisel-Angehörigen] fordern, für eine Freilassung
       Kompromisse einzugehen, machen sich rechts-religiöse Gruppen für ein
       härteres Vorgehen in Gaza stark. Dazwischen steht eine Regierung, die immer
       mehr Akzeptanz verliert: Laut Umfrage des Israelischen Instituts für
       Demokratie wünschen sich fast drei Viertel der Israelis baldige Neuwahlen.
       
       7 Feb 2024
       
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   DIR Felix Wellisch
       
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