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       # taz.de -- Union gegen Grundgesetzänderung: Verfassungsgericht bleibt verwundbar
       
       > Das Grundgesetz sollte geändert werden, um eine Ausschaltung von
       > Karlsruhe zu verhindern. Die Union macht auch hier nicht mehr mit.
       
   IMG Bild: Die Union verhindert eine Änderung des Grundgesetz um die Verfassung zu stärken
       
       Die CDU/CSU hat die Gespräche [1][über einen besseren Schutz des
       Bundesverfassungsgerichts] platzen lassen. Ohne die Union ist die geplante
       Grundgesetzänderung aber nicht möglich. Vertreter:innen der
       Bundesregierung und der Ampelkoalition zeigten sich entsetzt und
       enttäuscht.
       
       Mit der Grundgesetzänderung sollte verhindert werden, dass eine etwaige
       künftige extremistische Mehrheit im Bundestag zunächst das
       Bundesverfassungsgericht ausschaltet, um ungestört ihre
       verfassungsfeindliche Politik durchsetzen zu können.
       
       Wenn etwa die AfD gemeinsam mit dem Wagenknecht-Bündnis BSW eine Mehrheit
       im Bundestag hätte, dann könnten sie die Altersgrenze für
       Verfassungsrichter:innen von 68 auf 60 absenken und für die
       freiwerdenden Plätze die Wahl mit einfacher Mehrheit statt mit
       Zwei-Drittel-Mehrheit einführen. Bald wäre Karlsruhe auf Linie gebracht.
       
       Viele Regeln, die bisher nur im Verfassungsgerichts-Gesetz enthalten sind,
       sollen daher ins Grundgesetz aufgenommen werden, damit sie künftig nur noch
       mit Zwei-Drittel-Mehrheit geändert werden können. Dazu gehört etwa die Wahl
       der Verfassungsrichter:innen mit Zwei-Drittel-Mehrheit und die
       Altersgrenze von 68 Jahren.
       
       ## „Derzeit keine zwingende Notwendigkeit“
       
       Die Justizminister:innen von Niedersachsen (Kathrin Wahlmann, SPD),
       Hamburg (Anna Gallina, Grüne) und Bayern (Georg Eisenreich, CSU) sprachen
       sich Anfang Februar gemeinsam für eine Grundgesetzänderung aus. Inzwischen
       gibt es auch schon einen konkreten Gesetzentwurf für die
       Grundgesetzänderung, den eine Arbeitsgruppe der Bundesländer erarbeitet
       hat. Darin ist auch eine Regelung vorgesehen, die Wahlblockaden verhindern
       soll. Falls die AfD im nächsten Bundestag mehr als ein Drittel der Sitze
       innehaben sollte, könnte sie die Wahl von Verfassungsrichter:innen im
       Bundestag verhindern. Laut Länder-Entwurf soll dann jedoch die Wahl im
       Bundesrat stattfinden.
       
       Auch im Bundestag arbeitet seit einigen Wochen eine Gruppe von
       Rechtspolitiker:innen an einer Grundgesetzänderung. Mit dabei waren
       die Unions-Politiker:innen Ansgar Heveling (CDU) und Andrea Lindholz (CSU).
       Aus diesen Gesprächen stieg die Union nun aber aus. Dies hat die
       Fraktionsspitze um Friedrich Merz (CDU) und Alexander Dobrindt (CSU)
       beschlossen. Öffentlich mitgeteilt hat dies am Donnerstag Fraktionsvize
       Andrea Lindholz über die Rheinische Post. Es gebe „derzeit keine zwingende
       Notwendigkeit“ für eine Grundgesetzänderung. Diese habe „nicht nur
       Vorteile“. Konkreter wurde sie nicht.
       
       Justizminister Marco Buschmann (FDP) sagte, er bedaure den Ausstieg der
       Union sehr, seine Hand bleibe aber ausgestreckt. Innenministerin Nancy
       Faeser (SPD) sagte: „In diesen Zeiten braucht es staatspolitische
       Verantwortung statt Fundamentalopposition.“ Der grüne Fraktionsvize
       Konstantin von Notz kritisierte: „In einer extrem angespannten Situation
       das Schutzniveau für das Bundesverfassungsgericht nicht zu erhöhen, ist
       politisch entweder naiv oder in höchstem Maße fahrlässig.“
       
       ## Fraktionsspitze setzte sich über Fachpolitiker:innen hinweg
       
       Für Verwirrung sorgte, dass am Donnerstag in der FAZ-Juristenplattform
       „Einspruch“ ein Beitrag der beiden Rechtspolitiker Martin Plum (CDU) und
       Volker Ullrich (CSU) erschien. Sie plädierten dabei nicht für einen
       Abbruch, sondern für eine Ausweitung der Gespräche über
       Grundgesetzänderungen.
       
       Neben dem Schutz des Bundesverfassungsgerichts sollten auch die Grundzüge
       des Wahlrechts im Grundgesetz verankert werden, damit sich eine eventuelle
       autoritäre Mehrheit das Wahlrecht nicht nach eigenen Bedürfnissen mit
       einfacher Mehrheit zurechtbiegen kann.
       
       Nach Informationen der taz handelte es sich dabei aber um keine mit der
       Fraktion abgesprochene Initiative. Der Vorstoß von Plum und Ullrich zeigte
       eher, dass die Rechtspolitiker:innen der Union durchaus bereit sind,
       über Grundgesetzänderungen zum Schutz der Demokratie zu diskutieren und
       sich die Fraktionsspitze aus machtpolitischen Gründen über die
       Fachpolitiker:innen hinweggesetzt hat.
       
       Am Freitagnachmittag sah CDU-Chef Friedrich Merz anscheinend ein, dass er
       sich ins Abseits manövriert hatte. Wenn es geeignete Vorschläge gebe, das
       Bundesverfassungsgericht besser zu schützen, sei er „selbstverständlich für
       eine Diskussion offen“.
       
       23 Feb 2024
       
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