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       # taz.de -- Assange, Hanau und Bundesliga: Irre Horrorvisionen
       
       > Während Assange im Londoner Gerichtssaal steht, landet eine Sonde auf dem
       > Mond. Und Deutschland gedenkt der Opfer von Hanau.
       
   IMG Bild: „Free Assange“-Banner bei einem Europa-League-Spiel in Rom
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Trump gewinnt noch eine Vorwahl.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Wir wissen, wo es langgeht.
       
       Der Krieg in der Ukraine dauert nun bereits zwei Jahre. Kann da noch
       irgendetwas gut ausgehen? 
       
       Aus Sicht der Toten: Nein. Die moralische Position: Auf einen
       völkerrechtswidrigen Angriffskrieg kann es nur eine Antwort geben, den
       Siegfrieden gegen den Aggressor. Die pragmatische Position: Ein schmutziger
       Frieden ist besser als ein moralischer Krieg. Das kann ich nicht auflösen.
       Wie es ausgehen kann, findet man am ehesten, wenn man schaut, wie es
       reinging. Heute wäre „Minsk II“ besser als jeder einzelne Tag des Krieges.
       
       [1][Alexei Nawalny ist tot.] Welche Verantwortung trägt Putin dafür? 
       
       Das russische Regime ist verantwortlich für die Justiz, die die
       Willkürurteile fällte. Und die mehrfach verschärften Haftbedingungen.
       Verantwortlich ist der, der es hätte ändern können. Also Putin.
       
       [2][Wikileaks-Gründer Julian Assange muss weiter befürchten, in die USA
       ausgeliefert zu werden.] Wäre das sein Todesurteil? Oder ist, ähnlich wie
       es bei Whistleblowerin Chelsea Manning der Fall war, eine Begnadigung nach
       einer Verurteilung seine vielleicht beste Hoffnung? 
       
       Obama war bereits ein Lame Duck, ein abgewählter Präsident, als er Manning
       nach sieben Jahren folternaher Einzelhaft und zwei Selbstmordversuchen
       begnadigte. Alles Übel daran stünde Assange bevor, nicht Gutes daran in
       Aussicht. Durch einen Prozess in Abwesenheit hätten die USA die Perspektive
       klären können. Europa hätte durch ein Asylrecht für Whistleblower Assange,
       Snowden und vielleicht gar Nawalny retten können. Und ein paar seiner
       drolligen Werte.
       
       Vier Jahre sind seit den rassistischen Morden von Hanau vergangen. Hat
       Deutschland seitdem im Umgang mit Rechtsextremismus etwas dazugelernt? 
       
       [3][Die Behörden wenig, die Politik noch weniger und die BürgerInnen am
       meisten.] Einsatzpannen der Polizei blieben unaufgeklärt, Ermittlungen
       wurden eingestellt. Noch stets ist Waffenbesitz ohne psychologische Prüfung
       möglich. „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“ klingt wie ein
       derber Rülpser aus dem Sympathisantensumpf des Mörders – ist aber
       inzwischen ein Spiegel-Titel des Bundeskanzlers. Die Ampel hat sich beim
       „Demokratiefördergesetz“ verhakt, während der liberale Ballermann Lindner
       ein trotziges „Ich bin Jäger“ unter die Bauern schleudert. Waidmannsheil.
       Das offizielle „Wir“ dieser Gesellschaft formuliert Probleme mit Migration.
       Das bürgerschaftliche „Wir“ lässt sich nicht auseinanderdividieren. Die
       Namen der Opfer von Hanau zu sagen, würdigt sie und gedenkt ihrer. Es birgt
       auch die Erkenntnis: Das sind auch unsere Namen, jedenfalls eher als die
       der Täter.
       
       Die erste kommerzielle Mondmission ist geglückt, die Sonde „Odysseus“
       landete erfolgreich. Wird das Weltall privatisiert? 
       
       Ist es. Knapp die Hälfte aller Raketenstarts und drei Viertel aller
       Satelliten im Weltall gehen auf Elon Musks SpaceX. Europa und USA sind von
       seinen Diensten abhängig, ein vergleichbares staatliches Sortiment an
       Trägerraketen hat nur noch China. Musks Arsenal ist, etwa in der Ukraine,
       buchstäblich kriegsentscheidend. Diese Machtballung in der Hand eines
       Einzelnen ist, drunter geht’s wohl nicht, menschheitsgeschichtlich neu. Als
       Fernziel erklärt Elon Musk übrigens, auf dem Mars eine neue Spezies Mensch
       zu züchten. Dieser Plan klingt so erhaben irre, dass er als Horrorvision
       ebenso taugt wie als Ablenkung vom dämonischen Ausmaß seiner Macht auf der
       Erde.
       
       In Hans-Georg Maaßens WerteUnion rumort es, zwei hochrangige Mitglieder
       haben bereits den Austritt erklärt. Hat diese Partei eine Zukunft? 
       
       Wenn die es in ein Parlament schaffen, müssen da die Türen verbreitert
       werden. Damit nicht nur die Werte-Union, sondern auch die stattlichen Egos
       ihrer Protagonisten durchpassen. Eine Splittergruppe, die sich an der Frage
       zerschmeißt, ob sie nun der Union oder der AfD zur Mehrheit verhelfen will,
       hat keine Probleme mit dem Selbstvertrauen. Eher schon mit der Realität.
       
       Der [4][Investoreneinstieg in der DFL] wurde nach anhaltenden Fan-Protesten
       abgesagt. Geht es doch nicht nur ums Geld im Fußball? 
       
       Die aktivistischen Fans werden sich jetzt bei jeder Niederlage in der
       Champions League anhören müssen, es sei halt nicht genug Geld für noch
       teurere Spieler da, ätsch, selber schuld. Damit kann man leben.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Kapitän Emre Can hatte sich gegen die Spielunterbrechungen durch die Fans
       geäußert. Alles wieder gut, jetzt kann er sich wieder über die
       Spielunterbrechungen wegen des Video-Schiris ärgern. Fragen: Livio Koppe
       
       25 Feb 2024
       
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