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       # taz.de -- Abschlussgala der Berlinale: Dezent und deutlich
       
       > Die Berlinale versteht sich seit jeher als politisch. Die Abschlussgala
       > fand die richtigen Töne – in Sachen Politik und Kunst.
       
   IMG Bild: So sieht Verständigung aus: die Preisträger Basel Adra und Yuval Abraham
       
       Dass sich die Berlinale traditionell als das „politische“ der großen
       Filmfestivals versteht, ist fast eine Binsenweisheit. Gut für sie also,
       wenn es sowieso viel zu beleuchten und zu diskutieren gibt. In diesem Jahr
       konnte das Festival bei dieser Dichte an beklagenswerten Großereignissen in
       der Welt gewissermaßen aus dem Vollen schöpfen.
       
       In der Tat hat das Festival die Zeichen der Zeit erkannt und genutzt. Nicht
       nur, weil es [1][in seiner Abschlussgala] noch einmal deutlich und doch
       dezent (geschrien wurde nicht) Stellung bezogen hat. Sondern auch, weil sie
       die in allen Aspekten repolitisierte Kunst im Wesentlichen selbst hat
       sprechen lassen.
       
       Dass die [2][scheidende Leiterin Mariette Rissenbeek] die richtigsten, weil
       ausgewogensten Worte des Abends fand, sei herausgestellt. Und doch zeigte
       der Abend, wohin das Pendel der Empörung ausgeschlagen hat: Das Thema
       Ukraine ist da, schiebt sich aber trotz Jahrestag und heimischer
       Militarisierungswünsche weiter an den Rand der Wahrnehmung; der Klimawandel
       wandelt an ähnlich fern gerückter Stelle; die Schlagworte „Eurozentrismus“
       und „Imperialismus“ dominieren außerhalb der „westlichen“ Hemisphäre den
       kulturpolitischen Diskurs; [3][Postkolonialismus ist schon lange] keine
       Angelegenheit mehr, die nur an US-amerikanischen Universitäten verhandelt
       wird; und: Die Reaktion der israelischen Regierung auf die Gräueltaten der
       Hamas vom 7. Oktober steht in keinem Verhältnis mehr.
       
       Nun wird kein zur Schau getragenes Palituch und kein angeklebtes Statement
       pro Waffenstillstand den verzwickten Konflikt in Nahost lösen. In der
       Hinsicht überschätzen sich die Vertreter der Kultur genauso wie lokal
       agierende Schreiaktivisten. Aber Filme wie „No Other Land“ stellen einen
       wichtigen Beitrag zur internationalen Diskussion, und die Auszeichnung als
       bester Dokumentarfilm ist ein richtiges Zeichen.
       
       Darüber hinaus sollte sich die gesamte politische Welt an einen Leitsatz
       aus der Psychoanalyse erinnern: Rache ist keine Lösung, sondern Fortsetzung
       des Unrechts.
       
       25 Feb 2024
       
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