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       # taz.de -- Westliche Bodentruppen in der Ukraine?: Eiskalter Schauder
       
       > Macrons Bodentruppen-Vorstoß bedroht den zurückhaltenden Kurs der Nato.
       > Und er ist kein Mittel, um den Krieg zu beenden.
       
   IMG Bild: Der nüchterne Deutsche Scholz und Macron, der die große Geste liebt beim Ukraine-Gipfel in Paris am 26.02.2024
       
       Frankreich und die Franzosen lieben die große Geste, und Emmanuel Macron
       ist auch in dieser Hinsicht der erste Franzose. Mit ebenjener französischen
       grandesse schließt er nun zur Unterstützung der Ukraine [1][die Entsendung
       von Bodentruppen einzelner Länder nicht mehr aus]. Es gebe keinen
       offiziellen Beschluss dafür, räumt er zwar ein. Bodentruppen seien aber
       Teil einer sehr offenen Diskussion bei dem von ihm einberufenen
       Ukraine-Unterstützungstreffen in Paris gewesen. Man muss kein Freund oder
       keine Freundin des Russland freundlich gesinnten slowakischen
       Ministerpräsidenten Robert Fico sein, um ihn dazu zu zitieren: „Es läuft
       einem kalt den Rücken hinunter.“
       
       Deutschland und die Deutschen werden in der Regel als nüchtern und
       strukturiert beschrieben. Grandiosität kommt in dieser Betrachtung nicht
       vor, und Bundeskanzler Olaf Scholz ist auch in dieser Hinsicht der erste
       Deutsche. Mit ebenjener deutschen Nüchternheit hat Scholz [2][jetzt die
       Entsendung des deutschen Marschflugkörpers Taurus] gänzlich ausgeschlossen.
       
       Seine Begründung am Montag war ein direkter Vorgriff auf die folgende
       Diskussion in Paris, wo die Bodentruppenfrage wohl schon im
       Vorbereitungspapier auftauchte: Der Taurus komme deshalb nicht infrage,
       weil selbst die Zielerfassung durch deutsche Soldaten in Deutschland eine
       Kriegsbeteiligung wäre. Man muss kein Freund oder keine Freundin des
       spröden deutschen Kanzlers sein, um in diesem Licht die Entscheidung
       richtig zu finden.
       
       Seit zwei Jahren ringen die Staaten der Nato darum, nicht direkt in diesen
       Krieg involviert zu werden. Die russische Invasion in der Ukraine jenseits
       des Donbass wurde und wird zwar als Bedrohung der westlichen Sicherheit
       betrachtet. Angrenzende Nato-Staaten fürchten zudem, Russland könne sich
       ermächtigt fühlen, auf ihre Territorien vorzustoßen. Doch eine nicht
       [3][durch den Nato-Beistandsartikel] provozierte Beteiligung in der Ukraine
       wäre eine Aufkündigung dieses Konsenses innerhalb der Nato und damit der
       Geschlossenheit des westlichen Bündnisses.
       
       ## Sind westliche Soldaten schon in der Ukraine?
       
       Man kann dem entgegnen, dass die Entsendung von Bodentruppen eines Landes
       ohne Nato-Mandat keine Nato-Beteiligung wäre. Viel Spaß dabei, dies dem
       russischen Präsidenten Wladimir Putin darzulegen, kann man nur wünschen.
       
       Man kann entgegnen, dass französische wie auch britische Soldaten
       möglicherweise bereits auf ukrainischem Boden aktiv sind. Frankreich und
       Großbritannien haben der Ukraine das etwas weniger reichweitenstarke
       Äquivalent zu Taurus, den Marschflugkörper vom Typ Scalp/Storm Shadow, zur
       Verfügung gestellt. Wer dessen Zielerfassung von wo aus durchführt, ist
       vielleicht für Putin kein Geheimnis. Offiziell öffentliche Informationen
       dazu gibt es aber nicht.
       
       Man kann nun sogar annehmen, die Aussage von Macron sei ein Eingeständnis,
       dass sie schon vor Ort sind. Aber das erklärt noch nicht, weshalb das Thema
       überhaupt auf der Agenda des Pariser Treffens stand, Macron die große
       Formulierung wählt und gleich mehrere Länder Bodentruppen nicht mehr
       ausschließen wollen.
       
       Seit der Münchner Sicherheitskonferenz ist die sicherheitspolitische
       Tonlage eine veränderte. Das Signal, das Putin mit dem Mord an Alexei
       Nawalny nach München geschickt hat, wirkte wie eine Erschütterung –
       zusammen mit den flehentlichen Auftritten des ukrainischen Präsidenten
       Wolodymyr Selenskyj und seines Außenministers Dmytro Kuleba. Diesem Druck
       indes mit Bodentruppen nachzugeben, würde den Krieg vermutlich nicht
       beenden. Im Gegenteil.
       
       27 Feb 2024
       
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