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       # taz.de -- Aufklärung Anschlag gegen Parteibüro: Antifa schneller als die Polizei
       
       > Von Rechtsextremismus will die Staatsanwaltschaft beim Anschlag auf das
       > Linken-Parteibüro in Oberhausen nicht sprechen. Antifa-Recherchen sind
       > weiter.
       
   IMG Bild: Das Parteibüro der Linken in Oberhausen kurz nach dem Anschlag im Juli 2022
       
       Bochum taz | Die beiden Tatverdächtigen, die im Juli 2022 einen
       Sprengstoffanschlag auf die Geschäftsstelle der Linkspartei in Oberhausen
       im Ruhrgebiet verübt haben sollen, bleiben in Untersuchungshaft. „Die
       Ermittlungen laufen, die Beweismittel werden ausgewertet“, sagte die
       Sprecherin der zuständigen Staatsanwaltschaft Duisburg, Marieluise Hepe,
       der taz. Es bestehe der Verdacht, dass die Tat, bei der [1][das „Linke
       Zentrum“ vollständig verwüstet wurde], „rechts motiviert“ gewesen sei.
       
       Von politischem „Rechtsextremismus“ wollte die Staatsanwältin dagegen nicht
       sprechen – dazu sei noch zu unklar, ob und wieweit die [2][beiden
       Tatverdächtigen], ein 49 Jahre alter Mann und eine 32 Jahre alte Frau aus
       dem Oberhausener Stadtteil Styrum, in der rechtsradikalen Szene vernetzt
       sind. Auch gebe es „keine Erkenntnisse“, dass die beiden der
       „Reichsbürger“-Szene angehörten.
       
       Allerdings: Antifa-Aktivist:innen scheinen schon mehr zu wissen. Im
       Internet nennen sie die Klarnamen der beiden Tatverdächtigen. Danach soll
       es sich um den Neonazi Thomas L. und seine Freundin Nina S. handeln. Thomas
       L. sei schon vor Jahrzehnten Aktivist der 1995 verbotenen rechtsradikalen
       Kleinpartei FAP gewesen. „Mindestens seit 2017“ habe er in sozialen
       Netzwerken Propaganda der heute unter dem Namen [3][„Die Heimat“
       firmierenden rechtsextremen NPD] verbreitet. Dabei hetzte er offenbar etwa
       gegen Sinti und Roma – und bezeichnete sich selbst als „solide arisch“.
       
       Nach den Antifa-Recherchen hat Thomas L. außerdem zentrale
       Verschwörungstheorien der „Reichsbürger“-Szene weiterverbreitet – etwa die
       Idee, die Bundesrepublik sei kein souveräner Staat, sondern lediglich eine
       „GmbH“, um „die besetzten deutschen Gebiete zu verwalten“. Auch seine
       Freundin Nina S. habe eine Nähe zur Rasse-Ideologie des Nationalsozialismus
       erkennen lassen.
       
       ## Staatsanwaltschaft ist überrrascht
       
       Die Duisburger Staatsanwaltschaft zeigte sich von den Rechercheergebnissen
       der Antifa-Aktivist:innen überrascht. Natürlich sei das Narrativ der
       nicht-souveränen Bundesrepublik ein zentrales Kernelement der
       „Reichsbürger“-Ideologie, so Sprecherin Marieluise Hepe zur taz. Warum
       dennoch „keine Erkenntnisse“ zum Reichsbürger-Bezug der beiden Verdächtigen
       vorlägen, wisse sie nicht: „Entweder hat die Polizei das nicht ermittelt –
       oder ich bin darüber noch nicht informiert“, sagte die Staatsanwältin.
       
       Auch von der ermittelnden Polizei Essen war keine Stellungnahme zu
       erhalten: Die Behörde äußert sich nicht mehr zu dem Sprengstoffanschlag,
       bei dem nur wegen der Tatzeit mitten in der Nacht um 3:02 Uhr keine
       Menschen verletzt wurden. Presseanfragen würden nur noch von der
       Staatsanwaltschaft Duisburg beantwortet, so eine Polizeisprecherin.
       
       Bei der Linken als Anschlagsopfer wächst deshalb das Unverständnis. Es sei
       ein „Skandal“, dass die Ermittlungen im Sommer 2023 zunächst eingestellt
       worden seien, erklärt der Bundesvorsitzende der Partei, Martin Schirdewan.
       Bis heute bleibe unklar, wie die Polizei dennoch auf die beiden jetzt in
       Haft sitzenden Verdächtigen gestoßen sei, klagt auch der Landessprecher der
       Linken in NRW, Sascha H. Wagner. Auch die Duisburger Staatsanwaltschaft
       erklärt zu dieser Frage – nichts. Antworten könnten das laufende sowie
       andere Ermittlungsverfahren gefährden, sagte Staatsanwältin Hepe der taz.
       
       „NRW-Innenminister Herbert Reul und seine Behörden sind auf dem rechten
       Auge blind“, ärgert sich Linken-Landessprecher Wagner. Schließlich habe
       sich der Verdacht auf eine Täterschaft von Rechtsextremist:innen von
       Anfang an aufgedrängt. Umso nötiger sei, dass Christdemokrat Reul jetzt
       konsequent gegen Rechte vorgehe – etwa durch [4][ein Verbot der
       NRW-Jugendorganisation der AfD]: „Die ‚Junge Alternative‘ könnte als
       Vorfeldorganisation einer faschistischen Partei zügig verboten werden“,
       glaubt Wagner.
       
       Reuls Ministerium verweist dagegen darauf, dass der NRW-Verfassungsschutz
       die ‚Junge Alternative‘ im Dezember 2023 wegen rechtsextremer Tendenzen als
       Verdachtsfall eingestuft habe und seitdem beobachte. Den Linken reicht das
       nicht: Sie haben am Samstag, zwei Tage vor dem [5][vierten Jahrestag des
       Attentats von Hanau], bei dem ein Rassist neun Menschen mit
       Migrationshintergrund getötet hat, am Oberhausener Hauptbahnhof
       demonstriert – „gegen rechte Hetzparolen und Terror“.
       
       18 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Explosion-zerstoert-Linkenbuero-in-Oberhausen/!5865973
   DIR [2] /Festnahmen-nach-Anschlag-auf-Linke-Buero/!5987617
   DIR [3] /Urteil-zur-NPD-Parteienfinanzierung/!5984461
   DIR [4] /Verwaltungsgericht-hat-entschieden/!5990783
   DIR [5] /Tausende-gedenken-der-Opfer/!5992808
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Wyputta
       
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