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       # taz.de -- Diskussion um Mega-Fahrradmarkt: Kiels Krieg mit Krieger
       
       > Die Unternehmensgruppe Krieger plant in Kiel einen Rad-Discounter. Es
       > gibt Misstrauen gegenüber dem Investor, auch wegen dessen Vorgeschichte.
       
   IMG Bild: Sorge um den Kieler Fahrrad-Einzelhandel: Der Mega-Store wäre größer als alle kleineren Läden zusammen
       
       Kiel taz | Fahrraddiscounter oder Leerstand: Vor diese Wahl stellt die
       [1][Unternehmensgruppe Krieger Handel Holding] SE & Co. KG, zu der unter
       anderem Möbel Höffner gehört, die Stadt Kiel. Deren Stadtrat ist von keiner
       dieser Möglichkeiten begeistert. Vor allem, weil es um ein besonderes
       Grundstück der Landeshauptstadt geht. Auf dem [2][Prüner Schlag am
       Stadtrand] lag früher ein Kleingartengelände, das für ein Möbelgeschäft mit
       angeschlossenem Möbel-Mitnahmemarkt plattgemacht wurde.
       
       Für Ove Schroeter von „Die Partei“ ist die Sache klar: In den rund 7.000
       Quadratmeter großen, zweistöckigen Bau, in dem zurzeit der Sconto-Markt
       untergebracht ist, gehört ein „Kleingartenvisualisierungszentrum“, in dem
       Interessierte sich anschauen können, wie Kleingärten in aller Welt
       aussehen. Für einen Euro pro Jahr, so schlug er in der Kieler
       Ratsversammlung vor, könne die Stadt das Grundstück pachten, natürlich nur,
       um Unternehmer Kurt Krieger – „Wer kennt ihn nicht als höflich und stets
       respektvoll im Umgang?“ – zu unterstützen.
       
       Der Antrag fand zwar keine Mehrheit, aber Schroeters ironische Kritik
       teilten andere, etwa der Grüne Arne Stenger, der Krieger mit einem
       „schlechten Kellner“ verglich, der anstelle des ursprünglich bestellten
       Möbelladens nun das XXL-Fahrradgeschäft bringe, „ohne uns zu fragen. Und so
       geht es einfach nicht!“
       
       Bei der Bauausschusssitzung im Januar hatte Krieger-Vorständin Edda Metz
       über die „höchst defizitäre“ Bilanz des Sconto-Markts berichtet und die
       Pläne für den Fahrraddiscounter vorgestellt. Er wäre mit Verkaufsflächen
       und Werkstatt größer als alle heutigen Fahrradläden der Stadt zusammen.
       Seither beraten Ausschüsse und Stadtrat das Thema. Zwar gehört das Gelände
       der Krieger-Gruppe, ohne einen neuen Bebauungsplan (B-Plan) darf aber
       nichts verändert werden.
       
       Illegal planiert 
       
       Für die Ratsfraktion der SPD, die auch den Oberbürgermeister stellt, fasste
       die Vorsitzende Christina Schubert die Stimmungslage zusammen: „Wir sehen
       das Vorhaben sehr kritisch. Sowohl die überdimensionierte Größe des
       geplanten Fahrradmarktes als auch die Vorgeschichte führen bei uns zu einer
       großen Skepsis und wenig Vertrauen in den Krieger-Konzern.“
       
       Gemeint ist [3][eine illegale Planier-Aktion im Jahr 2021], als nicht nur
       das Baugelände, sondern auch die geplanten Ausgleichsflächen auf dem
       damaligen Kleingartengelände großflächig umgepflügt wurden. Es sei nur ein
       einzelner Bagger gewesen, der „derartig in Schwung war, dass er fröhlich
       das ganze Grünzeug abgeholzt hat“, versuchte damals Geschäftsführerin Edda
       Metz zu beschwichtigen – die Stadt stellte Strafanzeige.
       
       Trotz dieser Vorgeschichte wollten SPD und auch CDU die Fahrradpläne nicht
       sofort vom Tisch wischen: Sie wünschen sich ein Gutachten, das Krieger
       bezahlt. Es soll Klarheit bringen, ob Stadt und Umland einen Mega-Radstore
       brauchen und welche Folgen er für die kleineren Einzelhändler:innen
       haben würde. Am Donnerstag scheiterte dieser Antrag aber im
       Wirtschaftsausschuss an den Stimmen von Grünen, SSW, Linken und der
       „Partei“.
       
       „Wir sind enttäuscht, dass das Misstrauen gegen die Krieger-Gruppe für eine
       emotionale Entscheidung abseits der Sachpolitik gesorgt hat“, sagte der
       CDU-Wirtschaftsexperte Carsten Rockstein. Das Gutachten hätte
       „Handlungsoptionen auch für die Zukunft aufzeigen oder ausschließen“
       können.
       
       Allerdings befasst sich in der ersten Märzwoche auch noch der Bauausschuss
       mit dem Thema, teilte Kiels Rathaussprecher Arne Gloy der taz auf Anfrage
       mit. Richtig sei, dass der Fahrradmarkt erst eingerichtet werden darf, wenn
       die Stadt den B-Plan entsprechend ändert. Dafür brauche es aber kein
       Gutachten, so Gloy.
       
       Rund 300 Arbeitsplätze und Steuergewinne hatte sich die Stadt von der
       Ansiedlung des Möbelgeschäfts versprochen. Ursprünglich war ein [4][Laden
       der Regionalkette „Möbel Kraft“ geplant gewesen]. 2014 hatte sich eine
       knappe Mehrheit der Bevölkerung in einem Bürgerentscheid für den Bau
       entschieden.
       
       In einer früheren Fassung hatte es geheißen, die SPD stelle die größte
       Ratsfraktion, seit der letzten Kommunalwahl liegt sie aber nur noch
       gemeinsam mit der CDU an zweiter Stelle hinter den Grünen. Wir haben den
       Fehler korrigiert.
       
       1 Mar 2024
       
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