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       # taz.de -- Medienredakteur verlässt Tagesspiegel: Klatschen für Joachim
       
       > Er überstand 11 Chefredakteur*innen und die Einstellung der
       > Medienseite. Nun geht Tagesspiegel-Medienredakteur Joachim Huber in
       > Rente. Eine Würdigung.
       
   IMG Bild: Der „Tagesspiegel“ verabschiedet Joachim Huber in den Ruhestand
       
       Die Zeiten sind ja gerade ein bisschen verrückt. Da hat also
       Kulturstaatsministerin [1][Claudia Roth] bei der Berlinale nur der
       jüdisch-israelischen Hälfte des Duos [2][Yuval Abraham und Basel Adra]
       zugeklatscht. Die wurden für ihren Dokumentarfilm „No Other Land“ über die
       Konfliktlage zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten
       ausgezeichnet. Wahrscheinlich kommt demnächst noch die Ansage, Roth habe
       auch nur mit einer Hand Applaus gespendet. Bevor sich hier die Berlinale
       ihren nächsten Bären aufbindet, sollte dringend an der Streitkultur
       hierzulande gearbeitet werden.
       
       Wie das geht, hat einer gezeigt, der nun geht: [3][Joachim Huber], der
       geschätzte Medienredakteur des Tagesspiegels. Es geht das Gerücht, er sei
       schon in der Medienredaktion des Berliner Intelligenzblattes geboren
       worden. Als ich anno 2000 bei der taz anfing, war er jedenfalls schon da
       und blieb insgesamt 34 Jahre. In dieser Zeit hat Joachim elf
       Chefredakteur*innen kommen und gehen sehen, mit denen auch nicht immer
       alles rundlief.
       
       „Wer Medienjournalismus betreibt, lebt teilweise auch gefährlich“, hat
       Joachim am Mittwochabend bei seiner Verabschiedung gesagt und dennoch die
       „innere Liberalität, die den Tagesspiegel auszeichnet“, gelobt. Joachim
       kann aushalten und streiten.
       
       ## Er kennt sich besser aus
       
       Mit feinem, manchmal ironisch-fiesem Witz nimmt er dann Intendant*innen
       und Medienpolitiker*innen auseinander. Aber nicht, um sie
       vorzuführen. Er kennt sich bloß im Zweifel einfach durch seine lange
       Laufzeit besser in Themen aus als sie selbst.
       
       Ihm geht es darum, die reichlich vorhandenen Absurditäten unseres Systems
       liebevoll aufzuspießen. So wie jetzt, wo es eine Beitragsansage der KEF
       gibt. Und die Medienpolitik „ach nö“ sagt. Nur um sich dann zu wundern,
       dass ihr Problem trotzdem nicht verschwindet. Es ist jetzt bloß auf den
       Herbst verschoben, wo sie dann entscheiden müssen. „Tja, wie geht es nun,
       dass Medien- und Kulturpolitik gestärkt werden können? Ich möchte hier gern
       eine ehrliche Antwort von der Politik“, sagt die Mitbewohnerin.
       
       Joachim Huber wird aber nicht nur als Medienjournalist in Erinnerung
       bleiben. Zu Beginn der Coronapandemie erkrankte er so schwer, dass es um
       Leben und Tod ging. Joachim hat durchgehalten und mutig Zeugnis abgelegt,
       gegen die Coronaleugner. Das eigene Schicksal öffentlich zu machen, dazu
       gehört Mut, Anstand und Haltung.
       
       Und dann hat Joachim wie selbstverständlich als Medienjournalist
       weitergearbeitet. Wie es sein Blatt ihm dankt? Der Tagesspiegel hat bei der
       jüngsten Blattreform ausgerechnet die Medienseite gestrichen und die
       Medienredaktion aufgelöst. Das ist so absurd wie Claudia Roths einhändiges
       Klatschen. Bleibt zu hoffen, dass Joachim Huber auch das noch mal mit
       seiner feinen Ironie aufspießt. Wir applaudieren ihm hier jedenfalls mit
       beiden Händen und nehmen noch die Füße dazu!
       
       1 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Empoerung-ueber-die-Berlinale/!5992151
   DIR [2] /Nach-Israel-Aeusserungen-auf-Berlinale/!5992242
   DIR [3] https://www.tagesspiegel.de/autoren/joachim-huber
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Steffen Grimberg
       
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