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       # taz.de -- Gewalteskalation in Haiti: Status Quo heißt Chaos
       
       > In Port-au-Prince drohen Banden, die Macht zu übernehmen. Das hängt auch
       > mit dem Desinteresse der Partnerländer zusammen.
       
   IMG Bild: Port-au-Prince, Haiti am 1. März: Ein maskierter Mann versucht Demonstranten aufzuhalten
       
       Der Zusammenbruch der Welt, wie wir sie kannten, zeigt sich nicht nur in
       Gaza oder in der Ukraine, sondern auch in [1][Haiti]. Nicht zufällig alles
       Länder, die Randlagen einnahmen und bis zum Scheitern dieses Modells als
       vernachlässigbare Orte in der Weltordnung galten.
       
       Bis zum mächtigen Aufstand der Gangs, die nun [2][die Hauptstadt gänzlich
       unter ihre Kontrolle] nehmen könnten, gab es für die Ordnung in Haiti
       eigentlich nur einen Vorschlag: die Aufrechterhaltung des Status quo, also
       die Einhegung eines für unkontrollierbar und unentwickelbar deklarierten
       Haitis von außen, mit passenden Stellvertretern im Land selbst.
       
       Die UNO, die spätestens seit dem Erdbeben 2010 eine zentrale und höchst
       unglückliche Rolle in Haiti spielt, untermauerte dies Ende letzten Jahres
       mit dem Beschluss, [3][eine internationale Militärmission unter Führung von
       Kenia] nach Haiti zu senden (nach langem Zögern mit Unterstützung von China
       und Russland), um den angeschlagenen und illegitimen Ministerpräsidenten
       Henry gegen die Gangs im Amt zu halten. Deren Umsetzung wird man nun mit
       Macht vorantreiben.
       
       Alle Versuche der Zivilgesellschaft und der politischen Opposition nach der
       Ermordung des gewählten Präsidenten Jovenel Moïse 2021, mit dem
       Montana-Accord eine alternative, vor allen Dingen haitianische politische
       Lösung zu erarbeiten, wurden von der UNO genauso abgetan wie von den
       Einflussmächten, die das Land größtenteils finanzieren: USA, Frankreich,
       Kanada, die EU.
       
       Warum? Weil niemand die Kontrolle verlieren oder gar an die [4][Haitianer]
       abtreten wollte, und möglicherweise schlicht deshalb, weil der
       Interimsministerpräsident als Amtsantrittsgeschenk 2021 ein Abkommen mit
       den USA unterzeichnete, Flugzeugladungen von haitianischen Geflüchteten
       aufzunehmen. 14.000 waren es in zwei Monaten.
       
       Nun ist die Idee, den Status quo zu retten, weil man nicht weiß, was danach
       kommt, geplatzt. Statt Kontrolle und Einhegung herrscht das absolute Chaos,
       das niemand mehr kontrollieren kann.
       
       4 Mar 2024
       
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