URI: 
       # taz.de -- Büstenenthüllung im Abgeordnetenhaus: Ein Schnäuzer fast wie Ebert
       
       > Richtig Lust hatte der einstige Abgeordnetenhauspräsident Ralf Wieland
       > (SPD) nicht drauf – nun gibt es trotzdem eine Büste von ihm im
       > Landesparlament.
       
   IMG Bild: Die Bildhauerin, der doppelte Ralf Wieland und die Präsidentin (v.l.n.r.)
       
       Berlin taz | Ralf Wieland muss schon ein bisschen mulmig gewesen sein. Zwar
       ist seine Zeit im Abgeordnetenhaus im September 2021 zu Ende gegangen nach
       22 Jahren als SPD-Parlamentarier. Aber ihm stand noch ein ganz besonderer
       Nachklang bevor: In der zweiten Hälfte seiner Zeit dort war Wieland nämlich
       [1][Präsident des Parlaments]. Und wie alle Präsidenten und bis dahin nur
       eine Präsidentin des Abgeordnetenhauses vor ihm würde eine Büste von ihm
       angefertigt und im dritten Stock des Parlaments ausgestellt werden.
       
       Ein komisches Gefühl sei die Aussicht, derart verewigt zu werden, hatte
       Wieland schon im vergangenen Jahr der taz anvertraut. „Befremdlich“ nannte
       er es auch am Montag bei einer Feierstunde an alter Wirkungsstätte. Da ging
       es darum, eine solche Büste tatsächlich zu enthüllen.
       
       Grund für Wielands Skepsis war nicht bloß, dass es durchaus etwas
       Spezielles hat, als Mittsechziger vor seinem eigenen Abbild zu stehen und
       zu wissen, dass die noch in vielen Jahrzehnten in diesen Räumen zu sehen
       sein soll. Nein, Wieland ging es auch um die Art der Darstellung. In der
       Reihe gebe es schon ein paar besondere „Beispiele künstlerischer Freiheit“.
       
       ## Ernst Reuter als Gollum
       
       Wohl wahr, wie sich bei einem Rundgang durch die Galerie bestätigt, wo
       neben den Parlamentschefs auch einige andere namhafte Politiker verewigt
       sind. Bei einigen ist nämlich der Wiedererkennungswert durchaus beschränkt.
       [2][Ernst Reuter etwa] ist eher abstrakt und minimalistisch dargestellt,
       Walter Sickerts Büste könnte auch an Gollum aus dem Herrn der Ringe oder
       eine Hauselfe aus den Harry-Potter-Filmen erinnern.
       
       Und dass [3][die einzige Frau in der Reihe] Hanna-Renate Laurien sein soll,
       lässt sich im Grunde nur davon ableiten, dass sie es sein muss, weil es vor
       der aktuellen Amtsinhaberin Cornelia Seibeld nur eine Parlamentspräsidentin
       gab.
       
       Da lag es nahe, auf Nummer sicher zu gehen und auf Bewährtes zu setzen. Die
       Büste seines Vorgängers Walter Momper kommt nämlich dem Original ziemlich
       nach, was am Montag noch mal live zu begutachten war, weil Momper zu Gast
       bei Wielands Feierstunde war. Auch dessen Büste hatte eine Frau geformt,
       die an diesem Nachmittag nur als „Bildhauerin“ firmiert.
       
       Dabei hat sie eine ganz enge Bindung ans Abgeordnetenhaus und auch an die
       Berliner Landespolitik insgesamt: Maja Smoltczyk war von 2004 bis 2016
       Leiterin des Plenar- und Ausschussdienstes und danach bis 2021
       Landesdatenschutzbeauftragte.
       
       ## Ein Konglomerat aus verschiedenen Phasen
       
       Vor der Enthüllung ist ein Film zu sehen, der sie und Wieland bei der
       aufwendigen Herstellung der Bronzebüste zeigt. Wieland witzelt darin, die
       Halspartie stamme eher aus seiner ersten Amtszeit. „Die Freiheit der
       Bildhauerin besteht ja darin, dass man ein Konglomerat aus verschiedenen
       Phasen machen kann“, sagt Smoltczyk danach in einer kurzen Ansprache.
       
       Was Wieland freuen dürfte: Seine Büste mit dem markanten Schnäuzer hat
       Ähnlichkeit mit der Büste eines der Größten in der SPD-Geschichte, der auch
       im 3. Stock des Parlaments verewigt ist. Friedrich Ebert starb zwar schon
       1925 und damit über ein Vierteljahrhundert vor der ersten Sitzung des
       Abgeordnetenhauses. Aber als sozialdemokratischer Reichspräsident hat er
       einen Ehrenplatz neben Reuter und den Parlamentspräsidenten.
       
       6 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Parlamentspraesident-hoert-auf/!5804483
   DIR [2] https://www.parlament-berlin.de/das-haus/buestengalerie
   DIR [3] /Abgeordnete-ueber-Chancen-in-der-Politik/!5862008
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
       ## TAGS
       
   DIR Abgeordnetenhaus
   DIR Bildhauerei
   DIR Galerie
   DIR SPD Berlin
   DIR Abgeordnetenhaus
   DIR Parität
   DIR SPD Berlin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Berliner Landesparlament: Haus der Geschichte
       
       Vor 30 Jahren zog das Abgeordnetenhaus aus dem Rathaus Schöneberg nach
       Mitte. Der neue Sitz des Parlaments hat eine sehr wechselvolle
       Vergangenheit.
       
   DIR Abgeordnete über Chancen in der Politik: „Frauen sind unterrepräsentiert“
       
       Bahar Haghanipour (Grüne) ist die erste Vizepräsidentin des
       Abgeordnetenhaus mit Migrationshintergrund. Sie will ein Paritätsgesetz
       fürs Parlament.
       
   DIR Parlamentspräsident hört auf: „Schon ein paar schlaflose Nächte“
       
       Ralf Wieland (SPD) war zehn Jahre lang Präsident des Berliner
       Abgeordnetenhauses. Nun hört er auf. Ein Rückblick im Interview.