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       # taz.de -- Israelische Politikerin zu Hamas: „Wir fühlen uns verraten“
       
       > Die Oppositionspolitikerin Shelly Tal Meron kritisiert das Schweigen der
       > Weltgemeinschaft. Frauenrechtsorganisationen hätten die sexualisierte
       > Gewalt der Hamas nicht ausdrücklich verurteilt.
       
   IMG Bild: Proteste von Angehörigen für die Freilassung der Hamas-Geiseln in Tel Aviv am 21. Februar
       
       taz: Frau Meron, am vergangenen Wochenende haben Familien der noch
       [1][verbliebenen israelischen Geiseln] in Tel Aviv ihre Verzweiflung zum
       Ausdruck gebracht. In bewegenden Reden zeigten sie ihre Frustration mit der
       Regierung. Haben Sie noch Vertrauen in diese? 
       
       Shelly Tal Meron: 134 Menschen befinden sich noch immer unter schrecklichen
       Bedingungen in Gaza. Ihnen läuft die Zeit davon. Das Hauptziel des Staates
       Israel sollte also darin bestehen, die Geiseln zurückzubringen. Ich bin
       Teil der Opposition, natürlich übe ich Kritik an der Regierung. Wir haben
       dem Premierminister Benjamin Netanjahu schon vor Wochen ein Sicherheitsnetz
       für ein Abkommen zur Geiselbefreiung versprochen.
       
       Das bedeutet? 
       
       Wir verstehen, dass der Premierminister unter großem Druck steht. Es ist
       nicht leicht, mit einer Terrororganisation wie der Hamas zu verhandeln.
       Deshalb haben wir angeboten, die Regierung vorerst zu unterstützen, damit
       die Geiseln nach Hause gebracht werden können.
       
       Teile der israelischen Gesellschaft [2][wollen Neuwahlen.] Unterstützen Sie
       diese Forderung? 
       
       Nach dem, was am 7. Oktober passiert ist, hat das Volk unseres
       demokratischen Landes das Recht zu entscheiden, wer das Land in Zukunft
       führen soll. Ich persönlich ziehe einen Regierungswechsel ohne Wahlen vor.
       Das heißt, eine breite Regierung mit Parteien, die jetzt nicht in der
       Regierung sind. Und einen neuen Premierminister. Wenn das nicht möglich
       ist, dann sollte es Wahlen geben – aber erst nach Kriegsende. Ich glaube,
       dass wir mit einer besseren Regierung beginnen können, das israelische Volk
       zu heilen.
       
       Haben Sie das Gefühl, dass innenpolitische Debatten der Freilassung der
       Geiseln im Weg stehen? 
       
       Leider ja. Der Premierminister will Premierminister bleiben. Er wird alles
       in seiner Macht Stehende tun, um zu verhindern, dass das israelische Volk
       ihn und seine Regierung ablöst. Deshalb hält er auch an Extremisten in
       seiner Regierung fest. Er weiß, dass er sie braucht, um an der Macht zu
       bleiben.
       
       US-Au ßenminister Antony Blinken und auch die deutsche Außenministerin
       Annalena Baerbock kritisieren den Kurs der israelischen Regierung in Gaza
       scharf. Sie weisen auf die humanitäre Situation der P alä stinenser hin.
       Wie denken Sie dar über? 
       
       Krieg ist hässlich und furchtbar. Niemand will, dass Zivilisten verletzt
       werden. Dieser Krieg wurde uns am 7. Oktober aufgezwungen. Die Hamas-Führer
       haben immer wieder betont, dass sie den Staat Israel zerstören wollen und
       einen Angriff wie am 7. Oktober wiederholen werden. Der Staat Israel muss
       seine Bevölkerung und Grenzen schützen. Wir haben ein Recht zu existieren.
       
       [3][Untersuchungen] und [4][journalistische Recherchen] legen nahe, dass
       die Hamas bei ihren Angriffen gegen die israelische Zivilbevölkerung
       systematisch Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt eingesetzt hat. Steht die
       Weltgemeinschaft heute an der Seite der Opfer dieser Verbrechen? 
       
       Nicht ausreichend. Wir, israelische Frauen, fühlen uns verraten. Ich bin
       Vorsitzende der Lobby für die Opfer sexueller und geschlechtsspezifischer
       Gewalt vom 7. Oktober. Wir wissen von Frauen, die vor ihren Männern
       gefoltert, vergewaltigt und verbrannt wurden. Von Frauen, denen Körperteile
       abgeschnitten wurden. Geiseln, die aus der Gefangenschaft zurückgekehrt
       sind, erzählen uns von Terroristen, die Mädchen in Puppenkleider steckten
       und zu sexuellen Handlungen zwangen. Und aktuell bereiten wir uns auf
       Frauen vor, die schwanger aus der Gefangenschaft zurückkehren könnten. Wir
       haben erwartet, dass Frauenorganisationen nach solchen Berichten ihre
       Stimme erheben. Aber alle waren still. Ich habe Briefe an UN Women und
       andere Frauenrechtsorganisationen geschrieben. Sie haben nicht geantwortet.
       Wir leben im Jahr 2024. Frauen sollte geglaubt werden.
       
       Warum ist es Organisationen wie UN Women so schwergefallen zuzugeben, dass
       solche Taten von der Hamas begangen wurden? 
       
       Das hat sicherlich mit Antisemitismus zu tun, weil es eben nicht
       irgendwelche, sondern israelische Frauen sind. Vielleicht denken sie auch,
       sie müssten die geschlechtsspezifische Gewalt vom 7. Oktober mit dem
       vergleichen, was palästinensische Frauen in Gaza erleben. Ich habe
       Mitgefühl für jede Frau auf der Welt. Und ich möchte nicht, dass Zivilisten
       verletzt werden, insbesondere Frauen und Kinder. Anders als die Hamas es in
       Israel getan hat, würde unsere Armee niemals gezielt Frauen in Gaza
       angreifen. Das ist der Unterschied.
       
       Ein Sprecher der Hamas leugnet die Taten sexueller Gewalt. Was befürchten
       Sie? 
       
       Die Hamas ist eine Terrororganisation, sie betreibt Propaganda. Wir sollten
       ihnen nichts glauben. Wir haben Beweise: Aussagen von Überlebenden,
       Videoaufnahmen, die kaum zu ertragen sind, Verhöre von Terroristen. Meine
       Befürchtung ist, dass andere Terrororganisationen von den Taten am 7.
       Oktober inspiriert werden könnten. Wir müssen den Terror der Hamas deshalb
       stoppen. Sexuelle Gewalt als Kriegswaffe einzusetzen ist ein
       Kriegsverbrechen. Das verstößt gegen die Genfer Konvention. Ich kämpfe
       dafür, dass die Verantwortlichen gefasst und vor ein internationales
       Gericht gestellt werden.
       
       21 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Befreiung-von-israelischen-Geiseln/!5988884
   DIR [2] /Ex-Botschafter-in-Deutschland/!5987256
   DIR [3] https://www.haaretz.com/israel-news/2024-02-21/ty-article/.premium/hamas-sexual-violence-systematic-and-deliberate-new-israeli-report-says/0000018d-cad6-d09f-a3df-eaf609c30000
   DIR [4] https://www.nytimes.com/2023/12/28/world/middleeast/oct-7-attacks-hamas-israel-sexual-violence.html
       
       ## AUTOREN
       
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