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       # taz.de -- Kontrolle der Geheimdienste: Linke wollen Sitz einklagen
       
       > Zehn Jahre saß André Hahn im Kontrollgremium der Geheimdienste. Weil die
       > Linke keine Fraktion mehr ist, verlor er den Sitz. Jetzt klagt er.
       
   IMG Bild: André Hahn bei einer Wahlkampfveranstaltung für die Linke, er kämpft um seinen Platz im Kontrollgremium der Geheimdienste im Bundestag
       
       Berlin taz | André Hahn, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, ist tief
       empört. Der Grund dafür ist ein Punkt, der für Donnerstag um 14.55 Uhr auf
       der Tagesordnung des Bundestags steht. Unter dem Kürzel ZP 9 ist da
       „Wahlvorschlag der Fraktion der CDU/CSU zur Wahl eines Mitglieds im
       Parlamentarischen Kontrollgremium“ zu lesen. Aus Hahns Sicht aber hat die
       Union gar kein Vorschlagsrecht für diesen Posten in dem Gremium, das die
       Geheimdienste kontrolliert. Denn es geht, so Hahn, um seinen Posten. Jetzt
       dürfte der Fall vor dem Bundesverfassungsgericht landen.
       
       Hahn sitzt seit 2014 als Abgeordneter in dem Gremium, zwischenzeitlich war
       er auch stellvertretender Vorsitzender. Das Gremium ist eine so
       verschwiegene wie wichtige Instanz: Hinter abhörsicheren Türen müssen die
       Nachrichtendienste dort Rechenschaft über ihre Tätigkeiten ablegen. Hahn
       war hier ein über die Fraktionsgrenzen geschätzter Fragesteller. Bis jetzt.
       
       Denn seit Sahra Wagenknecht und ihre Gefolgsleute die Linke verließen,
       haben die übriggebliebenen Parlamentarier*innen keinen
       Fraktionsstatus mehr. Die Bundestagsverwaltung ist deshalb der Ansicht,
       dass auch Hahn seinen Posten im Kontrollgremium verloren hat – und das
       Vorschlagsrecht nun bei der Union liegt. Offiziell mitgeteilt habe ihm
       diese Entscheidung niemand, klagt Hahn. Er erhalte einfach keine
       Einladungen zu den Sitzungen mehr. Auch auf der Website des Bundestags ist
       er als Mitglied des Gremiums verschwunden.
       
       Der Linkenpolitiker ist anderer Auffassung als die Bundestagsverwaltung:
       Der Sitz im Kontrollgremium sei nicht etwa mit Ausschussmitgliedschaften zu
       vergleichen, welche die Linke mit ihrem Fraktionsstatus verloren hat,
       sondern mit einem Platz im Bundestagspräsidium. Dort sitzt für die
       Linkspartei weiterhin Petra Pau, weil sie persönlich vom Plenum für die
       gesamte Legislaturperiode als Bundestagsvizepräsidentin gewählt worden ist.
       Auch Hahn ist vom Plenum mit der sogenannten Kanzlermehrheit ins
       Kontrollgremium gewählt worden, [1][wenn auch erst in einem zweiten
       Wahlgang].
       
       Am Dienstag habe er nun eine Klage beim Bundesverfassungsgericht in
       Karlsruhe eingereicht, sagte der Abgeordnete am Mittwoch auf einer eilig
       einberufenen Pressekonferenz. Auch habe er eine einstweilige Anordnung
       beantragt. Schon als klar wurde, dass sein Fall streitig werden würde,
       hätten er selbst und auch der damalige Fraktionschef Dietmar Bartsch auf
       allen Ebenen angekündigt, dass Hahn seinen Platz im Kontrollgremium
       einklagen will, erklärte Hahn.
       
       ## Machttaktische Spiele der SPD?
       
       Hahn ist empört, dass mit einer Neuwahl nicht zumindest so lange gewartet
       wird, bis Karlsruhe über die einstweilige Anordnung entschieden hat. Das
       sei „eine Brüskierung des Bundesverfassungsgerichts“, findet Hahn – und
       auch seiner eigenen Person. Er fordert, dass Bundestagspräsidentin Bärbel
       Bas (SPD) den Punkt von der Tagesordnung nimmt oder die Union auf einen
       Personalvorschlag verzichtet.
       
       Bas und das Bundestagspräsidium antworteten auf eine taz-Anfrage zunächst
       nicht. Bas aber schaut anders auf den ganzen Komplex, so ist zumindest aus
       der Unionsfraktion zu hören. Wenn zwei Plätze unbesetzt blieben, habe die
       Ampel in dem Gremium eine Zwei-Drittel-Mehrheit, heißt es da. Das schwäche
       die Rechte der Opposition massiv. Ein Platz in dem eigentlich 13-köpfigen
       Gremium ist ohnehin seit Beginn der Legislatur frei, weil die Vorschläge
       der AfD regelmäßig im Bundestag keine Mehrheit finden. Wen die Union für
       den nun freigewordenen Sitz ins Rennen schicken will, wollte sie zunächst
       nicht mitteilen.
       
       Auch der Vorsitzende des Gremiums, [2][Konstantin von Notz (Grüne)], sagte
       der taz, die Frage, ob Hahn trotz Wegfalls des Fraktionsstatus der Linken
       Mitglied im Gremium bleiben könne, sei eine juristische und werde von der
       Bundestagspräsidentin entschieden. Hahn aber stehe der Rechtsweg offen,
       betonte auch der Grüne. „Ich kann dem geschätzten Kollegen derzeit nur für
       seine langjährige, engagierte und kollegiale Mitarbeit in der
       parlamentarischen Kontrolle bis hierhin danken.“
       
       21 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
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