# taz.de -- Repression gegen US-Klimaaktivisten: Pinkes Pulver auf die Verfassung
> In den USA gibt es mehr und repressivere Gesetze, die Umweltaktivisten
> kriminalisieren – vor allem in Bundesstaaten mit republikanischer
> Führung.
IMG Bild: Kurz nach der Protestaktion mit pinkem Puder im Nationalarchiv in Washington am 14. Februar
Washington taz | Sie blockieren Highways, kleben sich während der US Open
auf dem Tennisplatz fest oder, wie vor Kurzem, schmeißen pinkes Pulver auf
historische Dokumente wie die US-Verfassung in einem Museum in Washington.
Die Klimabewegung in den USA versucht, mit solchen und anderen Aktionen
Aufmerksamkeit für ihr Anliegen in der Öffentlichkeit zu schaffen – und die
[1][Regierung um Präsident Joe Biden zu mehr Klimaschutzmaßnahmen]
aufzufordern.
Wie in anderen Ländern der Welt gibt es auch in den USA viele Gegner dieser
Protestformen. Die Zunahme von Klimaaktionen und die Bereitschaft der
Demonstrierenden, auch kontroverse Taktiken anzuwenden, hat Politiker wie
auch Aktivisten auf Kollisionskurs gebracht.
„Wir sehen anhaltende Bemühungen vonseiten des Gesetzgebers, die Arbeit von
[2][Umweltaktivisten] durch die Verabschiedung dieser repressiven neuen
Anti-Protest-Gesetze zu kriminalisieren“, sagte Elly Page im Gespräch mit
der taz.
Page arbeitet als Rechtsberaterin für das International Center for
Not-For-Profit Law (ICNL). Die gemeinnützige Organisation setzt sich für
eine Verbesserung der Rechtsgrundlagen ein, um die öffentliche Beteiligung
an demokratischen Prozessen zu stärken. Seit 2017 hat die ICNL so eine
deutliche Zunahme von Gesetzen dokumentiert, die Umweltaktivisten davon
abhalten sollen, in der Nähe von Infrastrukturprojekten wie Öl- oder
Gaspipelines zu demonstrieren.
## 100.000 Dollar Strafe für den Protest gegen Pipelines
„Diese neuen Gesetze führen drastisch verschärfte Strafen mit sich. Dies
macht es für die Menschen deutlich riskanter, sich an Umweltprotesten zu
beteiligen“, erklärte Page.
In Oklahoma können Aktivisten, die gegen den [3][Bau von Pipelines]
protestieren, mit einer Geldstrafe von bis zu 100.000 US-Dollar und zehn
Jahren Haft bestraft werden. Es ist nur eines von Dutzenden solcher
Gesetze, die in den USA innerhalb der vergangenen sieben Jahre erlassen
wurden. Hinter diesen Regelungen zum Schutz von wichtigen
Infrastrukturprojekten steckt meist die Vorarbeit der konservativen
Organisation Alec.
Dass die Gesetze überwiegend in republikanisch kontrollierten Bundesstaaten
verabschiedet wurden, dürfte nicht verwundern. Weiterhin sind es vor allem
Republikaner, die die Folgen des von Menschen verursachten Klimawandels
leugnen.
Wie effektiv die Gesetze darin sind, Umweltaktivisten von ihren
Protestplänen abzuhalten, ist nicht bekannt. Doch für Page ist es kaum
vorstellbar, dass die oft harten Strafen keine Auswirkung hätten. „Selbst
wenn es zu keiner Verurteilung kommen sollte, kann die bloße Verhaftung für
eine dieser Straftaten dramatische Folgen haben, die vom Verlust des
Arbeitsplatzes bis zum Sorgerechtsentzug für die Kinder reichen können.“
Neben den Gesetzen zum Schutz von wichtigen Infrastrukturprojekten haben
auch mehrere Bundesstaaten die Strafen für die Blockade des Personen- und
Straßenverkehrs drastisch erhöht. In [4][Iowa] droht für ein solches
Vergehen nun eine Geldbuße von bis 7.500 Dollar und fünf Jahre Haft.
Befürworter sagen, dass die Gesetze die Allgemeinheit schützen sollen, doch
Page und andere Juristen befürchten, dass die Regelungen ein grundlegendes
demokratisches Gut gefährdeten: das Recht auf Versammlungsfreiheit.
„Es ist besorgniserregend, da das öffentliche Verständnis und die
Unterstützung für dieses wichtige Mittel zur Beteiligung an unserer
Demokratie abnehmen“, sagt Page. Sie rechnet fest damit, „dass es künftig
weitere Gesetze und eine stärkere Kriminalisierung in dieser Art geben
wird, speziell mit dem Fokus auf Umweltdemonstranten“.
29 Feb 2024
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## AUTOREN
DIR Hansjürgen Mai
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