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       # taz.de -- Streit bei den Wirtschaftsweisen: Expertin beschädigt sich selbst
       
       > Manche wittern hinter dem Streit eine Intrige gegen die Wirtschaftsweise
       > Veronika Grimm. Tatsächlich geht es um etwas anderes.
       
   IMG Bild: Veronika Grimm bei der Vorstellung des Jahresgutachtens 2023/24 der Wirtschaftsweisen im vergangenen November
       
       Darf Veronika Grimm als eine von fünf Wirtschaftsweisen ein Mandat als
       [1][Aufsichtsrätin in einem großen Industrieunternehmen annehmen]? Ja, sie
       darf, formal ist dagegen nichts einzuwenden. Das Sachverständigenratsgesetz
       von 1963 schließt die Wahl eines Ratsmitglieds in einen Aufsichtsrat nicht
       aus.
       
       Die Frage beim mittlerweile nicht mehr internen Streit des [2][wichtigsten
       ökonomischen Beratergremiums der Bundesregierung] ist aber eine andere: Ist
       eine solche Doppelrolle legitim? Das ist eine moralische und keine
       juristische Frage. Und die ist klar mit Nein zu beantworten.
       
       Nicht nur, weil die Interessenüberschneidung klar auf der Hand liegt. Die
       Professorin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ist
       Energieexpertin, Siemens Energy, wo Grimm das Mandat bekommen soll, ist ein
       Konzern im Bereich der konventionellen und erneuerbaren Energien.
       
       Das Nein zum Mandat ergibt sich auch aus einem gesellschaftlichen Wandel:
       Früher wurden solche Personalien gern hinter verschlossenen Türen
       verhandelt, die Bevölkerung wurde mit dem Ergebnis überrascht und musste es
       schlucken. So einfach geht das heute nicht mehr, vielmehr müssen
       Compliance-Regeln eingehalten werden, Kontrollgremien überwachen Vorgänge
       wie diese und können Einspruch erheben. Das ist Demokratie. Und das soll
       Korruption verhindern. Auch werden solche Vorgänge heute viel schneller
       öffentlich, der „Brandbrief“ der vier anderen Wirtschaftsweisen, die sich
       gegen die Annahme des Mandats ihrer Kollegin aussprechen, ist im Internet
       nachzulesen.
       
       Manche wittern hinter dem Streit eine Intrige gegen Grimm. So kann man das
       sehen. Man kann aber auch anerkennen, dass Grimm mit ihrem ökonomischen
       Konservatismus, der zuweilen ins Neoliberale abgleitet, vor allem die
       Interessen der Unternehmen im Blick hat. Insofern wundert es nicht, dass
       Siemens sich sie als Aufsichtsrätin wünscht. Und dass Grimm jetzt vor allem
       von Konservativen unterstützt wird. Ihrer eigenen Reputation hat Grimm
       trotzdem keinen Gefallen getan.
       
       23 Feb 2024
       
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   DIR Simone Schmollack
       
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