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       # taz.de -- Kinder mit Downsyndrom vor 5.000 Jahren: Besonders prachtvolle Bestattung?
       
       > Laut einer Studie haben manche Kinder mit Trisomie 21 vor Tausenden
       > Jahren ein besonderes Begräbnis bekommen. Was sagt das über Inklusion
       > damals?
       
   IMG Bild: Bei Menschen mit Trisomie 21 liegt das Chromosom 21 nicht doppelt, sondern dreifach vor
       
       Wie gingen prähistorische Gesellschaften mit Menschen mit [1][Downsyndrom]
       um? Heute werden Menschen mit Trisomie 21 durchschnittlich sechzig Jahren
       alt. Dass ihre Lebenserwartung steigt, [2][hat viel mit besserer
       medizinischer Versorgung zu tun]. Vor Tausenden Jahren von Jahren war das
       anders, Kinder mit Trisomie 21 starben meist vor oder kurz nach der Geburt.
       In einer in [3][Nature Communications] veröffentlichten Studie fragte sich
       ein internationales Forscherteam, wie Kinder mit Downsyndrom damals
       bestattet wurden.
       
       ## Die Studie
       
       Zunächst standen die Forscher vor der Herausforderung, Skelette von
       Menschen mit Downsyndrom zu identifizieren. Dafür analysierten sie die
       DNA-Daten von knapp 10.000 Skeletten aus der Vor- und Frühgeschichte und
       suchten nach Proben, in denen Chromosomen besonders häufig auftraten.
       
       In sechs Fällen entdeckten sie eine Häufung von Chromosom 21, ein
       eindeutiges Indiz für das Downsyndrom. In einem Fall war Chromosom 18
       gehäuft, [4][das Edwards-Syndrom]. Dies ist der erste prähistorische
       Nachweis dieses Syndroms. Das älteste der Skelette stammt von vor knapp
       5.000 Jahren aus dem heutigen Bulgarien, gleich drei Fälle konnten einem
       Fundort in Spanien von vor gut 2.500 Jahren zugeordnet werden. Alle Kinder
       starben noch im Mutterleib oder maximal 16 Monate nach der Geburt.
       
       Die Forschenden betrachteten auch die Bestattungsweise. Insbesondere die
       Funde aus Spanien waren hier von Interesse. Die eisenzeitlichen Leichname
       in der Region wurden in der Regel verbrannt. Die einzigen Skelettfunde
       waren die Leichname von Dutzenden von Kindern.
       
       Die Forscher entdeckten, dass ausgerechnet eines der Babys mit Downsyndrom
       besonders prachtvoll bestattet wurde. Um den Leichnam herum lagen
       Bronzeringe, eine Muschel und vollständige Überreste von drei Schafen. Auch
       bei dem Fund in Griechenland entdeckten die Forscher ein fein gearbeitetes
       Halsband.
       
       Die anderen Babys mit Downsyndrom wurden so bestattet, wie es in der
       jeweiligen Epoche und Region üblich war. Die Forschenden vermuten daher,
       dass die Babys mit Downsyndrom als regulärer oder vielleicht sogar
       herausgehobener Teil der Gesellschaft angesehen wurden. Allerdings ist die
       Fallzahl, auf der diese Annahme beruht, sehr gering.
       
       ## Was bringt’s?
       
       In den vergangenen Jahrzehnten wurde nur eine Handvoll prähistorischer
       Fälle von Downsyndrom entdeckt. Nun sind sechs weitere Fälle hinzugekommen.
       Es bleiben aber offene Fragen: Deuten die zum Teil prachtvollen
       Bestattungen wirklich darauf hin, dass die Gesellschaften wertschätzend mit
       behinderten Menschen umgingen? Teilweise starben die Babys noch im
       Mutterleib, zu diesem Zeitpunkt waren äußerliche Besonderheiten nicht
       unbedingt erkennbar. Die Forschenden hoffen daher, dass in den kommenden
       Jahren noch mehr Skelette genetisch analysiert werden.
       
       11 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Down-Syndrom/!t5012501
   DIR [2] /Neurologe-ueber-Alzheimer-und-Downsyndrom/!5984897
   DIR [3] https://www.nature.com/articles/s41467-024-45438-1
   DIR [4] /Allein-gelassen-bei-Spaetabtreibung/!5170949
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Benjamin Fischer
       
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