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       # taz.de -- Krieg in der Ukraine: Den Krieg nach Russland tragen
       
       > Koordinierte Angriffe aus der Ukraine und russischen Exilkämpfern: All
       > das soll Putins Verwundbarkeit zeigen – wenige Tage vor den russischen
       > Wahlen.
       
   IMG Bild: Exilrussische Putin-Gegner im Kampf für die Ukraine: Kämpfer des Freiwilligenkorps während einer Pressekonferenz im Mai 2023
       
       Kyjiw/Luzk taz | Es war einer der intensivsten Angriffe auf Russland aus
       der Ukraine in der jüngsten Zeit. Zehn russische Regionen seien in den
       letzten 24 Stunden von Drohnen angegriffen worden, berichtete am
       Dienstagmittag der oppositionelle russische Telegram-Kanal Astra. Betroffen
       waren in der Nacht die Gebiete Belgorod, Orel, Nischni Nowgorod, Kursk,
       Woronesch, Tula, Brjansk, Leningrad und Moskau. In den Regionen Orel und
       Nischni Nowgorod gingen eine Raffinerie und ein Öldepot in Flammen auf.
       
       Am Dienstagmorgen überschritten dann drei Einheiten der bewaffneten
       russischen Opposition die ukrainisch-russische Grenze in den Gebieten
       Belgorod und Kursk. Videos zeigen Kämpfer der „Russischen Freiheitslegion“
       auf Panzern bei der Überquerung der Grenze.
       
       Der frühere Abgeordnete der russischen Staatsduma, Ilja Ponomarjow, der
       jetzt in der Ukraine lebt, berichtete auf seiner Facebook-Seite, die
       Ortschaft Lozowaja Rudka sei „vollständig unter der Kontrolle der
       Befreiungskräfte“. Die „Russische Freiheitslegion“, das „Russische
       Freiwilligenkorps“ und das „Sibirische Bataillon“ seien „im Rahmen einer
       gemeinsamen Operation in die Regionen Kursk und Belgorod der Russischen
       Föderation eingedrungen“.
       
       ## Zeigen, dass Russland verwundbar ist
       
       Am frühen Nachmittag meldete die „Russische Freiheitslegion“ die Einnahme
       des russischen Dorfes Tetkino. In einer Videobotschaft erklärten ihre
       Kämpfer, sie würden „zu den [1][Wahlen]“ gehen. „Wir kommen, um euch von
       Armut, Elend und Diktatur zu befreien“, so die Legion. Die Kämpfer
       erklärten, sie träumten von einem Russland, das von Putins Diktatur befreit
       sei, und würden „alles tun, um diese Träume zu verwirklichen“.
       
       Denys Sokolov vom „Sibirischen Bataillon“ erläuterte gegenüber nv.ua die
       Ziele des Angriffs: Zum einen wolle man der Ukraine helfen, außerdem wolle
       man den Bewohnern Russlands, seinen Behörden und seinem Militär zeigen,
       dass sie verwundbar sind und dass man den Krieg „auf das Territorium des
       Aggressors verlagern wird“.
       
       Nach Angaben des Telegram-Kanals Rusnews hat der Bürgermeister von Kursk
       für alle SchülerInnen der Stadt Unterricht im Homeoffice angeordnet. Nach
       Angaben des Gouverneurs von Belgorod gibt es in der Stadt Schebekino
       Sachschäden an Gebäuden und Verletzte unter der Zivilbevölkerung.
       
       Offiziell hält sich die Ukraine in der Bewertung der Angriffe zurück. Die
       von den Kämpfern benutzten Waffen seien von diesen erbeutet worden, zitiert
       das Portal rbc.ua Andri Jusow vom ukrainischen
       Verteidigungsnachrichtendienst. Und im Büro des ukrainischen Präsidenten
       heißt es, die Ukraine sei nicht direkt in die Ereignisse in Belgorod
       verwickelt, beobachte sie aber „mit Interesse“, berichtet „Suspilne“.
       
       Gleichwohl ist nur schwer vorstellbar, dass bewaffnete Einheiten von
       [2][Exilrussen] ohne Wissen der ukrainischen Führung die
       ukrainisch-russische Grenze überquert haben. Die „Russische
       Freiheitslegion“ gehört zur „Internationalen Legion der Ukraine“, die von
       der ukrainischen Regierung Ende Februar 2022 aufgestellt wurde, um am
       Abwehrkampf gegen die russische Invasion auch ausländische Kämpfer
       beteiligen zu können.
       
       ## Angriff war gut vorbereitet
       
       Zuletzt wurde die „Freiheitslegion“ im Sommer 2023 auf russischem Gebiet
       aktiv. Dass sie jetzt erneut in Erscheinung tritt, ist kein Zufall. Wenige
       Tage vor den Präsidentschaftswahlen in der Russischen Föderation soll
       bewiesen werden, dass das Putin-Regime die russischen Grenzen nicht
       kontrolliert – ein Signal auch an wankelmütige westliche Unterstützer der
       Ukraine, das zeigen soll, dass Putin nicht allmächtig ist.
       
       Der Angriff ist offensichtlich gut vorbereitet, denn er fällt zusammen mit
       einer Welle ukrainischer Drohnenangriffe in Russland und einem Stillstand
       an der Kriegsfront in der Ukraine, wo Russland nach der Einnahme der Stadt
       [3][Awdijiwka] bei Donezk im Februar zwar weiter massiv angreift, aber
       nicht mehr nennenswert vorankommt. Die ukrainischen Gegenschläge in
       Russland erinnern an die Kriegstaktik von 2022, als die Ukraine in der
       Defensive steckte und mit gezielten Angriffen auf militärische Ziele
       innerhalb Russlands reagierte, um die russische Logistik zu schwächen.
       
       Im Gebiet Iwanow stürzte am Dienstag außerdem ein russisches
       Militärtransportflugzeug vom Typ Il-76 ab. 15 Menschen seien an Bord
       gewesen, berichtet das russische Verteidigungsministerium. Ukrainische
       Quellen sprechen von einem erfolgreichen Drohnenangriff – 700 Kilometer
       tief im russischem Gebiet.
       
       12 Mar 2024
       
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