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       # taz.de -- Gesetz zur künstlichen Intelligenz: Neue Technologie, neue Überwachung
       
       > Der AI Act ist beschlossen. Das überwachungs- und wirtschaftsfreundliche
       > Ergebnis ist kein Zufall. Doch es ist gut, dass das Regelwerk jetzt
       > durchkam.
       
   IMG Bild: Das neue EU-Gesetz zu künstlicher Intelligenz ist vor allem überwachungs- und wirtschaftsfreundlich
       
       Endlich: Drei Jahre nach dem ersten Vorschlag hat das EU-Parlament den AI
       Act, das europäische Regelwerk für künstliche Intelligenz (KI),
       beschlossen. Dass es dazu kommt, war nicht ausgemacht. So kamen sogar noch
       nach Abschluss der Verhandlungen zwischen EU-Parlament, Kommission und
       Mitgliedstaaten Begehrlichkeiten für eine Aufweichung der Regeln auf und
       wurden teilweise – siehe lockerere Regeln für biometrische
       Massenüberwachung – durchgesetzt. Nicht nur einmal stellte sich die Frage:
       Sind aufgeweichte Vorgaben besser oder gar keine?
       
       Angesichts der politischen Großwetterlage, die Argumenten wie „nationale
       Sicherheit“ zunehmend Gewicht gibt, muss man sagen: Das Ergebnis ist
       wahrscheinlich besser als das, was bei einem neuen Anlauf nach der
       Europawahl verhandelt werden würde. Denn für die zeichnet sich eine
       Kräfteverschiebung nach rechts ab. Und gar keine Vorgaben sind meist keine
       gute Option. Das zeigt schon der Aufwand, den es erfordert, die über
       regelarme Jahre gewachsene Marktmacht der Tech-Konzerne zumindest ein
       bisschen einzuhegen.
       
       Dennoch: Der AI Act und der Weg dorthin machen auch strukturelle Probleme
       bei der EU-Gesetzgebung deutlich. Denn das überwachungs- und
       wirtschaftsfreundliche Ergebnis ist kein Zufall. Es ist auch die Folge
       einer Verhandlungssituation, in der Wirtschaftsvertreter:innen
       gegenüber anderen Gruppen, etwa Verbänden aus der Zivilgesellschaft,
       privilegiert sind. So fanden laut dem Verein Lobbycontrol im vergangenen
       Jahr 78 Prozent der Treffen von hochrangigen Kommissionsbeamt:innen zum
       Thema KI mit Unternehmen oder Wirtschaftsverbänden statt. Auch in
       stimmstarken Mitgliedstaaten wie Deutschland und Frankreich sind die Drähte
       kurz: In Deutschland hat das KI-Start-up Aleph Alpha gute Kontakte bis auf
       Ministerebene, in Frankreich sieht es bei dem KI-Start-up Mistral ähnlich
       aus.
       
       ## Noch eine Chance auf Linderung
       
       Die geringere Repräsentanz der Zivilgesellschaft wirkt sich auch in Sachen
       Bürgerrechte aus: Das – noch – verhältnismäßig bürgerrechtsfreundliche
       EU-Parlament setzt sich gegenüber den Überwachungsfans unter den
       Mitgliedstaaten nur schwer durch. Die neuen Befugnisse von
       Echtzeit-Gesichtserkennung bis zu weitgehenden Ausnahmen beim KI-Einsatz
       für Zwecke der nationalen Sicherheit und Strafverfolgung erzählen davon. So
       gilt am Ende wieder die von Kameras bis Smartphones bekannte Formel, nach
       der jede neue Technologie gleich eine ganze Welle an Überwachung nach sich
       zieht.
       
       Es gibt noch eine kleine Chance auf etwas Linderung: Der AI Act lässt den
       Mitgliedstaaten ein paar wenige Spielräume. Der deutsche Gesetzgeber kann
       und sollte sie nutzen, um der KI-basierten Überwachung so weit wie möglich
       Grenzen zu setzen.
       
       13 Mar 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
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