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       # taz.de -- Audre-Lorde-Straße in Kreuzberg: Kreuzberger Schilderstreich
       
       > Die Manteuffelstraße in Kreuzberg wurde in Audre-Lorde-Straße umbenannt.
       > Die Schilder wurden bislang nicht ausgetauscht.
       
   IMG Bild: Ein Teil der Manteuffelstrasse wurde zu Audre-Lorde-Straße umbenannt, ohne dass die Bewohner:innen etwas davon wussten
       
       Berlin taz | „Wo sind die Schwarzen Deutschen?“, das soll Audre Lorde
       gefragt haben, als sie 1984 zum ersten Mal Berlin besuchte. Die
       afroamerikanische Dichterin und Aktivistin kam in den folgenden Jahren
       regelmäßig nach Berlin, bis zu ihrem Tod 1992. Die Berliner Zeit soll sie
       als mit die wichtigste in ihrem Leben beschrieben haben. Und sie hatte
       einen großen Einfluss auf das Entstehen einer afrodeutschen Bewegung: Sie
       war es, die Schwarze Frauen in Deutschland liebevoll und bestimmt dazu
       ermutigte zu schreiben, um selbstbewusst und sichtbar zu werden. Ein
       Ergebnis ist der erstmals 1986 erschienene Sammelband „Farbe Bekennen.
       Afrodeutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte“, der Klassiker der
       afrodeutschen Bewegung.
       
       [1][„Wo ist die Audre-Lorde-Straße?“], kann man sich derzeit in Kreuzberg
       fragen. Der Bezirk hatte 2019 beschlossen, einen Teil der Manteuffelstraße
       umzubenennen – das nördliche Stück zwischen Köpenicker Straße und der
       Kreuzung, an der Oranienstraße und Skalitzer Straße die Manteuffel sowieso
       deutlich zerschneiden. [2][Manteuffel war ein preußischer
       Ministerpräsident] – höchst konservativ, wenn nicht gar
       demokratiefeindlich. Im vergangenen September wurde der Beschluss im
       Amtsblatt veröffentlicht, damit ist die Umbenennung rechtskräftig. Doch
       richtig umgesetzt ist sie bisher nicht: Auf den Straßenschildern ist immer
       noch Manteuffelstraße zu lesen. Und auch Google Maps weiß bisher nichts von
       einer Audre-Lorde-Straße in Berlin.
       
       Krankenkassen kennen sie hingegen schon, sagt eine Anwohnerin der taz. Ihre
       Ärztin hätte sie gefragt, ob sie umgezogen sei. Der neue Straßenname sei
       auf ihrer Krankenkarte hinterlegt. Seit 16 Jahren lebe sie in der Straße,
       und sie „hätte erwartet, dass wir mal dazu befragt werden oder wenigstens
       direkt informiert“, sagt sie. Einige Briefe kämen bereits mit dem neuen
       Straßennamen. „Ich habe mich über Audre Lorde informiert, ich kann mit dem
       Namen gut leben“, sagt sie.
       
       Auch andere Anwohner*innen berichten von Problemen mit der
       Krankenkassenkarte. Eine Frau, die vor gut drei Jahren nach Berlin gezogen
       ist, sagt, dass ihre Vermieterin (Deutsche Wohnen) sie bei einer Nachfrage
       letztens erst nicht gefunden habe, weil sie dort bereits unter der neuen
       Straße gespeichert sei. Die Umbenennung findet sie lästig. „Wie wird das
       überhaupt geschrieben? Das sehe ich dann wohl, wenn die Schilder hängen“,
       sagt sie.
       
       Der Bezirk gibt an, es sei kompliziert: man habe hier erstmals eine
       „Teilumbenennung“ durchgeführt, und das sei – im Vergleich zu kompletten
       Straßenumbenennungen – ein „komplexer Prozess“, der eine „andere
       Herangehensweise“ erfordere. Es könne etwa vorkommen, dass Hausnummern
       geändert werden müssen. 1.559 Anwohnende seien von der Umbenennung
       betroffen. Zu neuen Schildern könne der Bezirk aktuell nichts sagen.
       
       Die Erinnerung an Lorde in Berlin halten derweil ihre Freund*innen und
       Wegbegleiter*innen wach. Aktuell zeigt das FHXB-Museum Porträts von
       ihr. Und seit 2016 gibt es [3][eine Audre Lorde City Tour]: ein Rundgang an
       die Orte ihres Schaffens in Berlin.
       
       14 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Frauenkampf-in-Berlin/!5990889
   DIR [2] https://gruene-xhain.de/die-manteuffelstrasse-wird-zur-audre-lorde-strasse/
   DIR [3] http://audrelordeberlin.com/de/imprint/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uta Schleiermacher
       
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       Lehrerin, Freundin, Kämpferin“. Sie inspirierte die afrodeutsche Bewegung.