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       # taz.de -- Übernahme des britischen Telegraph: Ölige Geschäfte
       
       > Ein Scheich will die britische Zeitung Daily Telegraph kaufen. Die
       > Politik legte jetzt einen Gesetzesentwurf vor, der das verhindern soll.
       
   IMG Bild: The Daily Telegraph wird verkauft – hier an einem Zeitungskiosk
       
       Früher hatten sie in Großbritannien keine große Angst, wenn ausländische
       Investor*innen wichtige Medienunternehmen aufkauften. Rupert Murdoch
       musste in den 1980ern zwar noch [1][Männchen machen] und vor allem die
       Lenin-Büste erklären, die angeblich in seiner Oxforder Studi-Butze auf
       dem Kaminsims stand. Aber dann durfte er die altehrwürdige Times doch
       übernehmen und später mithilfe von Maggie Thatcher die Macht der britischen
       Print-Gewerkschaften pulverisieren.
       
       Der Observer, immerhin die älteste Sonntagszeitung der Welt, gehörte ein
       gutes Jahrzehnt zum Lonrho-Konzern, der Geschäfte mir Blutdiamanten aus dem
       südlichen Afrika machte. Und die einstige Haus-und-Hof-Zeitung der
       britischen Konservativen, der Daily Telegraph, gehörte bis 2004 dem
       Kanadier Conrad Black. Der wurde später wegen massiver Betrügereien
       angeklagt und musste dafür von 2007 bis 2012 hinter Gitter.
       
       Seitdem gehörte der liebevoll wegen seiner Parteilichkeiten „Torygraph“
       genannte Titel den milliardenschweren schottischen Zwillingsbrüdern
       Frederick und David Barclay. Denen gehörte zwar auch das Ritz in London,
       sie lebten aber lieber britisch-exzentrisch auf einer eigenen Insel, gaben
       keine Interviews und ließen das Blatt sein Ding machen. Zumindest, solange
       es gutes Geld verdiente. Da es in den besten Familien aber ohne Krach
       irgendwann langweilig wird, brach nach Davids Tod 2021 ein Streit aus, in
       dessen Zuge der eine Teil des Clans den anderen Zweig abhören ließ. Und das
       auch noch beim Dinner im Ritz!
       
       Das war derart shocking, dass die Familie prompt vergaß, ein paar Kredite
       zu begleichen. Weshalb letztes Jahr der als Sicherheit hinterlegte
       Telegraph plötzlich Lloyds Bank gehörte. Die will ihn nun weiterverkaufen.
       Doch die Barclays wollen ihn zurück. Da sie aber etwas klamm sind, soll
       Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan aus den Vereinigten Arabischen Emiraten
       dabei helfen. Er finanziert als stiller Teilhaber den Investor RedBird
       IMI, der schon den Zuschlag bekommen hatte.
       
       ## Mediale Kronjuwelen
       
       Doch dann dämmerte einigen Politiker*innen, vor allem konservativen,
       dass der Scheich vielleicht doch nicht still bleiben, sondern sich
       einmischen könnte. [2][Immerhin ist Zayed Al Nahyan so etwas wie der
       Vizepräsident der VAE]. Und Öl ist ein verdammt strategischer Rohstoff für
       ein Land, in dem Premier Rishi Sunak gerade den Klimawandel zurückdreht.
       Der im britischen Oberhaus zuständige Medienminister Lord Parkinson hat
       daher am Mittwoch ein Gesetz angekündigt, das den Verkauf medialer
       Kronjuwelen ans Ausland künftig verbieten soll.
       
       In Deutschland haben wir keine solchen Empfindlichkeiten. „Was, die
       Pressefreiheit und Medienvielfalt ist nicht in Gefahr?“, fragt die
       Mitbewohnerin. Vor zwei Jahren hat etwa der belgische Medienkonzern
       Mediahuis die Aachener Zeitung übernommen. Aber die Belgier brauchen für
       ihre [3][Pommes] ja auch anderes Öl.
       
       Steffen Grimberg ist leitender Redakteur beim KNA-Mediendienst
       
       16 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
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