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       # taz.de -- Mahmud Abbas in der Türkei: Auf Staatsbesuch bei Erdoğan
       
       > Präsident Erdoğan sagte dem Palästinenserpräsidenten Hilfsgüter für Gaza
       > zu. Er sprach sich auch für einen Waffenstillstand zu Ramadan aus.
       
   IMG Bild: Präsident Recep Tayyip Erdoğan mit dem Palästinenserpräsidenten Mahmoud Abbas am Dienstag in Ankara
       
       Istanbul taz | Bei einem Besuch von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in
       Ankara am Dienstag machte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan
       erneut deutlich, dass er im Palästinakonflikt stärker als bislang
       mitmischen will. Er bot an, dass die Türkei für die Zeit nach dem Krieg
       zwischen Israel und der Hamas als Garantiemacht einen Prozess zu einer
       Zweistaatenlösung begleiten könnte.
       
       Erdoğan regte an, dass eine internationale Friedenskonferenz den Weg [1][zu
       einer Zweistaatenlösung] frei machen könnte. Ob die Türkei bereit wäre,
       mitzuhelfen, einen möglichen Waffenstillstand militärisch abzusichern, ließ
       Erdoğan allerdings auch bei der Pressekonferenz mit Abbas offen. Der
       Palästinenserpräsident traf am Dienstagnachmittag in Ankara ein und musste
       dort aber erst einmal auf Erdoğan warten, der noch im östlichen Sivas
       Wahlkampf für die bevorstehenden Kommunalwahlen machte.
       
       ## Mehr türkische Hilfe zu Beginn des Ramadan
       
       Am Abend kam es dann aber doch zu einem eineinhalbstündigen Gespräch mit
       Abbas. Erdoğan nutzte das auch, um dem Palästinenserpräsidenten sein
       Beileid für all die „brutalen Verletzungen“, die Israel der
       palästinensischen Zivilbevölkerung zufüge, auszusprechen. Gerade angesichts
       des am Sonntag beginnenden Fastenmonats Ramadan versprach Erdoğan, die
       Hilfe für Gaza noch zu intensivieren, mehr Hilfsgüter zu schicken und auch
       mehr Verletzte in türkische Krankenhäuser transportieren zu lassen.
       
       Abbas bedankte sich für die Unterstützung und die „wichtige Rolle“, die die
       Türkei zur Lösung des Konflikts zu spielen bereit sei. Er forderte
       angesichts der „Tyrannei Israels“, dass mehr Länder Palästina als
       eigenständigen Staat anerkennen sollten und auch die UNO das Land als
       vollwertige Nation anerkenne. Er kündigte an, dass er sich noch stärker als
       bisher für die Einheit der Palästinenser starkmachen wolle, um in
       zukünftigen Verhandlungen mit Israel als geeinte Nation auftreten zu
       können.
       
       ## Konkretes nur hinter verschlossenen Türen
       
       Jenseits dieser eher allgemeinen Ankündigungen beider Seiten wurden
       wichtige, konkrete Themen nur bei Gesprächen hinter verschlossenen Türen
       besprochen. Von türkischer Seite nahmen daran auch Außenminister Hakan
       Fidan und Geheimdienstchef Ibrahim Kalin teil. So sprach Erdoğan zum
       Beispiel nicht öffentlich darüber, wie sich das Verhältnis der Türkei zur
       Hamas weiter entwickeln solle und ob die Türkei beispielsweise bereit wäre,
       die Hamas-Führung unter Druck zu setzen, damit sie die Führungsrolle der
       PLO und Präsident Abbas zukünftig akzeptiere.
       
       Erdoğan hatte die Hamas lange unterstützt, Teile ihrer politischen Führung
       halten sich angeblich nach wie vor in der Türkei auf. Es ärgert den
       türkischen Präsidenten, dass die Vermittlung zwischen der Hamas und Israel
       ausschließlich über Katar und Ägypten läuft, ohne dass er dabei einen Fuß
       in der Tür hat. Deshalb versucht er eben das schon seit längerem auf
       indirektem Weg.
       
       ## Erdoğan will stärker mitmischen in Nahost
       
       Mit den Scheichs in Katar ist er bestens befreundet und angesichts des
       Krieges in Gaza war er auch bereit, [2][eine mehr als zehn Jahre andauernde
       Blockade der Sisi-Regierung in Kairo] aufzugeben und dem herrschenden
       General am Nil persönlich seine Aufwartung zu machen.
       
       Erdoğan spekuliert darauf, bei der Überwachung eines möglichen, länger
       andauernden Waffenstillstandes mit türkischen Truppen dabei sein zu können.
       Dafür braucht er natürlich aber arabische Verbündete, die ebenfalls bereit
       wären, sich zu exponieren. Als Erstes aber soll [3][jetzt unbedingt ein
       befristeter Waffenstillstand] zu Ramadan kommen. Katar hat bestätigt, dass
       die Verhandlungen darüber am Mittwoch fortgesetzt wurden.
       
       6 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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