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       # taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Menschen in Landschaften
       
       > Eine Retrospektive würdigt die Zusammenarbeit von Thomas Plenert und
       > Volker Koepp. Das Filmmuseum Potsdam zeigt die Stummfilmkomödie
       > „Jüdisches Glück“.
       
   IMG Bild: „Berlin Stettin“, D 2010, R: Volker Koepp, Kamera: Thomas Plenert
       
       Im Sommer vergangenen Jahres verstarb mit Thomas Plenert einer der
       bedeutendsten deutschen Kameramänner im Alter von 72 Jahren. Er hatte seine
       Karriere in den 1970er Jahren bei der DEFA begonnen, machte sich schnell
       einen Namen vor allem im Dokumentarfilm und arbeitete damals viel mit dem
       Regisseur Jürgen Böttcher zusammen.
       
       Eine besondere berufliche Beziehung entwickelte Plenert seit Ende der
       80er-Jahre auch zu Volker Koepp, in dessen Filmen es neben den dort
       porträtierten Menschen ja auch um die Landschaften geht, in denen sie
       aufgewachsen und verwurzelt sind. Immer wieder haben Koepp und Plenert
       dabei die Landstriche zwischen der Elbe und dem ehemaligen Ostpreußen
       bereist.
       
       Vor ihrer Kamera erzählen Menschen verschiedener Nationalitäten und
       Kulturen aus ihrem Leben, durch ihre Erinnerungen, Gegenwartsbeschreibungen
       und Zukunftshoffnungen wird dabei Geschichte lebendig.
       
       In einem Interview, das ich 2014 mit Volker Koepp führte, sagte der
       Regisseur zur Zusammenarbeit mit Plenert: „Er hat seine Auffassung von
       Landschaftsfotografie dazu gebracht. Ich gucke nicht bei jeder Einstellung
       selbst durch die Kamera, da verlasse ich mich ganz auf ihn. Voraussetzung
       ist natürlich, dass es ihn interessiert, was ich vor habe. Er liest auch
       diese ganzen historischen Sachen, der liest glaube ich drei Bücher am Tag.“
       
       Im Babylon Mitte gibt es – bei freiem Eintritt – bis zum 20.März eine
       Retrospektive mit Plenert-Arbeiten zu sehen. Dazu gehört auch „Berlin –
       Stettin“ (2010), in dem Koepp und Plenert die Biografie des 1944 in Stettin
       geborenen und in Berlin-Karlshorst aufgewachsen Regisseurs zum Anlass
       nehmen, einerseits auf das eigene Werk zurückzublicken und andererseits –
       noch wichtiger – zu schauen, was sich in der Region über die Jahre
       verändert hat (9.3., 15.15 Uhr, [1][Babylon Mitte]).
       
       Absurder Humor, liebenswerte Figuren und perfekte
       Plastilin-Stop-Motion-Animation sind Markenzeichen des britischen
       Aardman-Studios, die auch in dessen erstem abendfüllenden
       Knetanimationsfilm zum Tragen kommen: In „Chicken Run“ (2000) parodieren
       die Regisseure Peter Lord und Nick Park Kriegsgefangenenlager-Filme im Stil
       von „The Great Escape“ und erzählen von einer scharf bewachten Hühnerfarm,
       auf der Henne Ginger und ihren Leidensgefährtinnen ein vorhersehbares
       Schicksal droht (die Hühnerpasteten-Maschine ist schon gekauft), wenn ihnen
       nicht bald die Flucht gelingt.
       
       Dafür muss nun der Hahn Rocky sorgen, der dem kopflosen Hühnerhaufen das
       Fliegen beibringen soll. Das alles ist überaus amüsant, und das Schöne an
       der Stop-Motion-Knetanimation ist ja auch, dass man den dahinterstehenden
       handwerklichen Prozess stets erkennen kann. Bis Ende des Monats [2][zeigt
       das Zeughauskino insgesamt sechs Arbeiten des Aardman-Studios], darunter
       auch Filme mit ihren bekanntesten Figuren Wallace & Gromit und Shaun das
       Schaf (10.3., 15.30 Uhr, [3][Zeughauskino]).
       
       Im Jahr 1925 entstand in der Sowjetunion der Stummfilm „Jüdisches Glück“
       von Alexei Granowski, einem russisch-jüdischen Regisseur, der damals auch
       das Staatlich Jüdische Theater GOSET in Moskau leitete. Mit Mitgliedern des
       Ensembles drehte Granowski die Komödie um die Wirrungen einer arrangierten
       Heirat an Schauplätzen rund um Odessa in der Ukraine. Das Filmmuseum
       Potsdam zeigt den Film mit Live-Musik von Günter A. Buchwald und Helmut
       Eisel; eine Einführung hält die Autorin Brigitte von Kann (9.3., 19 Uhr,
       [4][Filmmuseum Potsdam]).
       
       Und am 10. März ist Oscar-Nacht, mal sehen, welcher Eklat uns dort in
       diesem Jahr erwartet. Wer sich mehr für die nominierten Kurzfilme
       interessiert, kann sich selbige in der [5][kommenden Woche im
       Lichtblick-Kino] zu Gemüte führen: Zusammengestellt sind die 12 Filme in
       zwei Programmen, sortiert nach Animation und Live-Action – u.a. mit einem
       neuen Film von Wes Anderson (Live-Action, 9.3., 21 Uhr, 11.3., 21.30 Uhr,
       13.3., 18 Uhr, Animation, 9.3., 16.15 Uhr, 11.3., 20 Uhr, 12.3., 18 Uhr,
       Lichtblick-Kino).
       
       7 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/kamera-ddr/6851-kamera-ddr-berlin-stettin
   DIR [2] https://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihe/alles-knete/
   DIR [3] https://www.dhm.de/zeughauskino/vorfuehrung/chicken-run-hennen-rennen-10945/
   DIR [4] https://www.filmmuseum-potsdam.de/index.php?id=165d060ba367165c6923001c32540fd1&year=2024&month=3
   DIR [5] https://lichtblick-kino.org/reihe/24-03-oscar-shorts-2024/
       
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   DIR Lars Penning
       
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