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       # taz.de -- Recycling von Plastik: Zu viel Müll aus Joghurtbechern
       
       > Recycelte Rohstoffe sind wichtig für die Kreislaufwirtschaft, aber selten
       > vorhanden. Ein Bundestagsbericht zeigt, was es für deren Förderung
       > braucht.
       
   IMG Bild: Plastikverpackungen im Kühlregal eines Supermarktes
       
       Berlin taz | Kunststoffverpackungen aus Privathaushalten machen etwa 40
       Prozent der Kunststoffabfälle in Deutschland aus – sie werden jedoch nur zu
       etwa 60 Prozent recycelt. Dies konstatiert ein Bericht des [1][Büros für
       Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag] (TAB) vom Donnerstag.
       Die Autor*innen der für Bundestagspolitiker*innen relevanten
       Beratungsinstitution kommen zudem zum Schluss, dass nur ein kleiner Teil
       des für die deutsche Wirtschaft benötigten Kunststoffes aus Rezyklaten
       stammt, also Sekundärrohstoffen, die aus Recycling gewonnen wurden. Und
       das, obwohl Deutschland über eine „gut ausgestattete und leistungsfähige“
       Abfallwirtschaft verfüge.
       
       Die Bundesrepublik ist also bei weitem nicht auf Kurs bei der geplanten
       EU-Verpackungsverordnung. Diese besagt, dass ab 2030 Verpackungen
       grundsätzlich recycelbar sein sollen. Die Regelung dürfte in Bälde
       verabschiedet werden – [2][sofern sie nicht von der FDP blockiert wird.]
       
       Neben der heterogenen Zusammensetzung der Abfälle liegt die geringe
       Recyclingquote laut dem Bericht vor allem am wachsenden Anteil von
       verschiedenen Materialien in einem Produkt, also etwa Papier, Kunststoff
       und Metall, wie das bei Joghurtbechern der Fall ist. Dazu komme der hohe
       Verunreinigungsgrad durch Produktreste oder auch Etiketten, Klebstoffe und
       Lackierungen, die ein hochwertiges Recycling von Kunststoffen aus
       Verpackungen erschweren würden.
       
       Der Studie des TAB zufolge gehörten zu den typischen Hemmnissen ein nicht
       recyclinggerechtes Produktdesign, eine unzureichende Sammlung der Abfälle
       sowie insgesamt ungünstige ökonomische und rechtliche Rahmenbedingungen.
       Deshalb werden verschiedene Ansätze zur Verbesserung der derzeitigen
       Situation präsentiert.
       
       ## Plastiksteuer gefordert
       
       „Der Bericht des TAB zeigt, dass das nicht das Ende der Fahnenstange ist,
       es ist bestimmt eine Verdoppelung des derzeitigen Rezyklat-Anteils von 15
       Prozent möglich“, sagt [3][Professor Henning Wilts], Leiter des
       Forschungsbereichs Kreislaufwirtschaft beim Wuppertal Institut für Klima,
       Umwelt und Energie. Wilts fordert eine Mindestrezyklatquote, also eine
       Vorschrift, die Mindestmengen an Rezyklaten in Kunststoffen vorschreibt.
       
       Dies wird auch im TAB-Bericht gefordert. Zudem brauche es schärfere
       Vorgaben für ein kreislauffähiges Produktdesign. Ebenfalls wird im Bericht
       chemisches Recycling als Möglichkeit angegeben. Dabei werden Kunststoffe in
       ihre chemischen Einzelteile zerlegt, die dann wiederum zur Herstellung von
       neuem Kunststoff verwendet werden können. Allerdings schreiben die
       Autor:innen, dass derzeit noch „höchst unsicher“ sei, ob chemisches
       Recycling „ökologisch sowie wirtschaftlich vorteilhafte Alternativen zur
       werkstofflichen Verwertung bieten – also dem herkömmlichen, mechanischen
       Recycling.
       
       Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe gefällt
       schon die Wortwahl nicht: „Die Zerlegung von Abfall in seine ursprünglichen
       Bestandteile kann nicht Recycling genannt werden.“ Sie spricht sich auch
       für Rezyklat-Quoten aus, aber nur, wenn die Rezyklate aus werkstofflichem
       Recycling stammen. Metz betont, dass das größte Problem nicht beim
       Recycling liege. Die erste Priorität sollte der Reduktion von
       Plastikverpackungen und damit der Abfallreduktion gelten. Dann müssten
       [4][Mehrwegverpackungen] gefördert werden. Und erst an letzter Stelle stehe
       das möglichst effiziente Recycling. Konkret fordert Metz eine bundesweite
       Steuer auf Einwegverpackungen nach dem Vorbild von Tübingen.
       
       Auch der TAB-Bericht kommt zum Schluss, dass es wichtig wäre „die
       wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für werkstoffliches Recycling zu
       verbessern“, beispielsweise über Abgaben auf Kunststoffverpackungen, die
       überwiegend aus nicht recyceltem Kunststoff bestehen – sprich eine neue
       Plastiksteuer. Zudem seien Investitionen in die Sortiertechnik wichtig, die
       den Plastikabfall besser trennen kann. Außerdem müsse die
       Verpackungsindustrie die Menge an verschiedenen Bestandteilen des
       Kunststoffes reduzieren.
       
       Deutsche produzieren im Schnitt pro Kopf und Jahr rund 226 Kilogramm
       Verpackungsmüll, Tendenz steigend. Oft besteht dieser aus Kunststoff. Die
       Produktion verursacht Treibhausemissionen und müsste daher dringend
       gedrosselt werden. Nun wird der Bericht des TAB in den relevanten
       Ausschüssen im Bundestag besprochen, die Erkenntnisse könnten in die
       Gesetzgebung zur Kreislaufwirtschaft fließen.
       
       8 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.tab-beim-bundestag.de/index.php
   DIR [2] /EU-Verpackungsverordnung/!5993402
   DIR [3] /Ressourcenexperte-ueber-Plastikabkommen/!5974574
   DIR [4] /Umweltaktivistin-ueber-Mehrwegpflicht/!5955358
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Carlo Mariani
       
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