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       # taz.de -- Abschlussbericht aus Israel: Journalist durch Schüsse getötet
       
       > Einem Untersuchungsbericht zufolge wurde ein Reuters-Journalist durch
       > israelischen Beschuss getötet. Issam Aballah starb im Oktober im Libanon.
       
   IMG Bild: Gedenken an den getöteten Fotografen Issam Aballah
       
       Reuters | Einem Untersuchungsbericht zufolge ist der im Oktober im Libanon
       getötete Reuters-Journalist Issam Abdallah durch Beschuss eines
       israelischen Panzers ums Leben gekommen. Die Besatzung des Panzers habe
       zwei Geschosse auf die klar als Journalisten erkennbare Gruppe abgefeuert
       und habe dann „wahrscheinlich“ das Feuer mit einem schweren Maschinengewehr
       eröffnet, das eine Minute und 45 Sekunden gedauert habe, heißt es in dem am
       Donnerstag veröffentlichten Abschlussbericht des unabhängigen
       niederländischen Forschungsinstituts TNO.
       
       Dieses war von der Nachrichtenagentur Reuters beauftragt worden, die
       Umstände des Todes des Videojournalisten am 13. Oktober vergangenen Jahres
       zu untersuchen. Die Fotografin der Nachrichtenagentur AFP, Christina Assi,
       war bei dem Angriff schwer verletzt worden, ihr wurde später ein Bein
       amputiert. Zwei weitere Reuters-Journalisten, zwei Journalisten von
       Al-Dschasira und einer von AFP wurden bei dem Angriff verletzt. Bereits im
       Dezember war ein vorläufigen Bericht von TNO zu dem Schluss gekommen, dass
       die Reporter von einem Panzer beschossen worden waren.
       
       Laut Untersuchung des Instituts wurden zwei 120-Millimeter-Geschosse von
       einem 1,34 Kilometer entfernten Panzer in Israel abgefeuert. Das erste
       tötete den 37-jährigen Abdallah und verletzte die 28-jährige Assi schwer.
       Nun bezog sich TNO auch auf eine Audiodatei einer Kamera des Fernsehsenders
       Al-Dschasira, wo zu hören ist, dass die Gruppe auch unter Beschuss von
       0,50-Kaliber-Munition kam.
       
       Diese kommt in Browning-Maschinengewehren zum Einsatz, die auf israelische
       Merkava-Panzer montiert werden können. „Es ist ein wahrscheinliches
       Szenario, dass ein Merkava-Panzer nach dem Abfeuern von zwei
       Panzergeschossen auch sein Maschinengewehr in Richtung des Standortes der
       Journalisten eingesetzt hat.“ Letzteres könne aber nicht mit Sicherheit
       festgestellt werden, weil die genaue Richtung und Entfernung des Gewehres
       nicht bestimmt werden könne.
       
       ## Israelische Streitkräfte (IDF): „Wir zielen nicht auf Journalisten“
       
       Reuters konnte nicht unabhängig feststellen, ob die israelische
       Panzerbesatzung wusste, dass sie auf Journalisten schoss oder ob sie mit
       einem Maschinengewehr schoss und wenn ja, warum. Weder die beiden
       überlebenden Reuters-Reporter noch der andere AFP-Journalist können sich an
       Maschinengewehrbeschuss erinnern. Alle sagen, sie hätten zu diesem
       Zeitpunkt unter Schock gestanden.
       
       Die israelischen Streitkräfte (IDF) antworteten nicht auf Anfragen zu einer
       Stellungnahme zu dem Angriff. Zum vorläufigen Bericht im Dezember hatten
       sie mitgeteilt: „Wir zielen nicht auf Journalisten.“ Einen Tag nach der
       Veröffentlichung des Berichtes hatten sie erklärt, der Vorfall habe sich in
       einer aktiven Kampfzone ereignet. Einen Tag nach dem Angriff hatte das
       Militär mitgeteilt, es habe Videoaufnahmen, die untersucht würden. Bisher
       sind keine Ergebnisse veröffentlicht worden. Das humanitäre Völkerrecht
       verbietet [1][Angriffe auf Journalisten].
       
       Reuters-Chefredakteurin Alessandra Galloni verurteilte den Angriff auf eine
       eindeutig identifizierbare Gruppe von Journalisten erneut auf das
       Schärfste. „Wir fordern Israel erneut auf, zu erklären, wie es dazu kommen
       konnte, und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.“
       AFP-Nachrichtenchef Phil Chetwynd wiederholte seine Forderung nach einer
       gründlichen und transparenten Untersuchung durch das israelische Militär.
       „Sollten sich die Berichte über anhaltenden Maschinengewehrbeschuss
       bestätigen, würde dies die Theorie, dass es sich um einen gezielten und
       vorsätzlichen Angriff handelte, weiter untermauern“, sagte er.
       
       Ihtisham Hibatullah von Al-Dschasira verlangte von Israel, die Ergebnisse
       der eigenen Untersuchung offenzulegen. Vom libanesischen
       Informationsminister war zunächst keine Stellungnahme erhältlich.
       
       TNO betonte in dem 70-seitigen Bericht, dass die sieben Reporter blaue
       Schutzwesten und Helme trugen, auf den meisten stand in weißen Buchstaben
       „PRESS“. Sie filmten [2][den Beschuss an der israelisch-libanesischen
       Grenze] von einem Hügel in der Nähe des libanesischen Dorfes Alma al-Shaab.
       Videomaterial zeigt auch ein schwarzes Auto, auf dem in großen, gelben
       Buchstaben „TV“ steht. Die Sicht von der Stelle, von wo aus die Geschosse
       abgefeuert wurden, auf den Ort des Angriffs sei frei gewesen.
       
       Anhand von Videoaufnahmen und Audiodateien konnte das Institut den Ort des
       Abschusses der Panzermunition genau bestimmen. Zur genauen Bestimmung des
       Maschinengewehrfeuers hätten die Tonaufnahmen allerdings nicht ausgereicht,
       deuteten aber auf die gleiche Entfernung. Es handele sich wahrscheinlich um
       dieselbe Abschussstelle.
       
       7 Mar 2024
       
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