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       # taz.de -- Mutmaßliche IS-Anhänger verhaftet: Landesweite Razzien in der Türkei
       
       > Mehr als 140 Verdächtige wurden festgenommen, weil sie mutmaßlich mit dem
       > IS kooperieren. Offenbar gibt es Bezüge zum Moskauer Terrorangriff.
       
   IMG Bild: Russisches Konsulat in Istanbul: Trauer um die Opfer des Terroranschlags von Moskau in der Türkei
       
       Istanbul taz | Die türkische Anti-Terror-Polizei hat am Dienstagmorgen bei
       Razzien in insgesamt 30 Städten des Landes 147 Personen festgenommen. Sie
       alle stehen im Verdacht, zum IS zu gehören oder mit der
       Dschihadisten-Organisation zusammenzuarbeiten. Die Festnahmen erfolgten,
       nachdem bekannt wurde, dass mindestens zwei der mutmaßlichen IS-Täter
       [1][des Anschlags in Moskau] sich zuvor in der Türkei aufgehalten haben.
       
       Einer der beiden ist der tadschikische Staatsbürger Samsidin Faridun.
       Türkische Medien berichteten am Dienstag, dass er sich in den Tagen vor dem
       Attentat auf die Konzerthalle in Moskau zunächst in einem Hotel im Zentrum
       der Stadt aufgehalten habe, später dann sogar eine Wohnung im Außenbezirk
       Başakşehir gemietet haben soll. Der Mann ist dann am 4. März, gemeinsam mit
       einem weiteren Tadschiken der vermutlich ebenfalls zu den Attentätern
       zählt, vom Istanbuler Flughafen Sabiha Gökçen nach Moskau geflogen.
       
       Russische Sicherheitsbehörden sollen nach türkischen Medienangaben seit dem
       Attentat in Moskau intensiv mit ihren Kollegen in der Türkei konferiert
       haben, nachdem sich [2][der IS-Ableger IS Provinz Khorasan] (ISPK) noch in
       der Nacht des Attentats in Russland zu dem Anschlag bekannt hatte. Offenbar
       ist bei den türkischen Sicherheitsbehörden seit Längerem bekannt, dass der
       afghanische IS-Ableger ISPK – der sich IS Provinz Khorasan nach einem
       historischen Gebiet, das neben Afghanistan auch Teile Zentralasiens und des
       Iran umfasste, nennt – in der Türkei ein Rückzugsgebiet hatte. Immer wieder
       hatte es deshalb in den letzten Monaten Festnahmen mutmaßlicher
       Dschihadisten gegeben.
       
       ## Rekrutierung für den IS in der Türkei
       
       Nach Angaben des Innenministeriums in Ankara sind seit dem 1. Juni letzten
       Jahres insgesamt 2.919 Personen in der Türkei festgenommen worden, die
       unter dem Verdacht stehen zum IS zu gehören oder dem IS nahezustehen. In
       einer Anklageschrift der Istanbuler Staatsanwaltschaft – aus der türkische
       Medien am Dienstag zitierten – [3][wird einigen der Festgenommenen
       vorgeworfen], sie würden in der Türkei für den IS-Khorasan Personen
       rekrutieren, um dann anschließend Attentäter über den Iran nach Afghanistan
       zu schicken.
       
       Die potenziellen Attentäter, die entweder aus der Türkei oder aus
       Zentralasien stammen würden, bekämen in der Türkei gefälschte Pässe, mit
       denen sie dann als Afghanen getarnt über den Iran zu ihren Anschlagszielen
       in Afghanistan reisen würden. Vorher würden sie in der Türkei in der
       Aussprache korrekter afghanischer Dialekte trainiert. Die Dschihadisten
       können dabei offenbar auf Strukturen zurückgreifen, die seit dem
       Syrienkrieg existieren. Dort hatte die Türkei einige Dschihadistengruppen
       die gegen den syrischen Diktator al-Assad kämpfen, unterstützt.
       
       Passfälscher würden sich deshalb hauptsächlich in der Grenzregion zu Syrien
       in Hatay und Gaziantep befinden. Es ist durchaus möglich, dass diese
       Informationen aus der Türkei mit dazu geführt haben, dass am Montagabend
       auch der russische Präsident Wladimir Putin verkündete, dass der Anschlag
       mit insgesamt 139 Todesopfern am vergangenen Freitagabend von Dschihadisten
       ausgeführt wurde.
       
       Anhänger des ISPK werden mittlerweile auch für Anschläge oder
       Anschlagsversuche in Europa verantwortlich gemacht. Vor allem Frankreich
       sieht sich von den Dschihadisten massiv bedroht und hat am Montag die
       höchste Terrorwarnstufe ausgerufen. In Deutschland wurden in der
       vergangenen Woche zwei Männer in Gera festgenommen, die offenbar einen
       Anschlag in Schweden vorbereitet haben sollen. Der mutmaßliche Grund sind
       mehrere Koranverbrennungen in der Öffentlichkeit.
       
       26 Mar 2024
       
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