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       # taz.de -- Wagner-Nachfolger in Afrika: Afrikahilfe auf russische Art
       
       > Wagner war nur ein Vorspiel: „Afrikakorps“ heißt Russlands neue Einheit,
       > die Moskaus Interessen dort durchsetzen soll. Der Deal: Waffen gegen
       > Gold.
       
   IMG Bild: Burkina Faso: Angesichts westlicher Sanktionen braucht Russland den afrikanischen Kontinent mehr denn je
       
       Mehrmals am Tag durchbrechen Motoren schwerer russischer Transportmaschinen
       die Stille von Kufra. Dort, mitten in der Sahara, landen die Flugzeuge dann
       auf dem großen Militärflughafen. Einst legte Libyens 2011 gestürzter
       Diktator Muammar al-Gaddafi hier in der Wüste, dank unterirdischer
       Bewässerungssysteme, große grüne Felder an. Heute sind die abgelegenen
       Oasen im Südosten Libyens Drehkreuz eines geopolitischen Dramas. In der
       Hauptrolle: Russland, das von hier aus sein Einflussgebiet in Afrika
       ausweiten will.
       
       Mohamed Haweel, dessen richtiger Name der taz bekannt ist, versucht die
       Hoheitszeichen einer landenden Iljuschin-Maschine zu identifizieren. Der
       Libyer ist eigentlich als Ingenieur auf Ölbohrtürmen im Einsatz. Aber seit
       Ausbruch des libyschen Bürgerkriegs versucht er, mit anderen Aktivisten die
       Ordnung in einer Region aufrechtzuerhalten, wo fast alle staatliche
       Strukturen zusammengebrochen sind. „Wir sind das Zentrum eines regionalen
       Machtkampfes, im Auge des Sturms“, sagt Haweel. Auf der Schnellstraße am
       Flughafen rasen ockerfarbene Militärjeeps im Konvoi mit Dutzenden voll
       beladenen Lastwagen gen Nachbarland Sudan.
       
       „Das sind russische Waffen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten,
       geschützt von der libyschen Armee“, bestätigt ein libyscher Offizier der
       taz am Telefon. Von Kufra geht die Ladung zu Sudans paramilitärischer Miliz
       RSF (Rapid Support Forces), die sich im April 2023 unter ihrem Anführer
       Mohamed Daglo alias Hametti gegen Militärherrscher Abdelfattah al-Burhan
       gewendet hat und Sudan in einen der aktuell blutigsten Kriege weltweit
       stürzte. Zehntausende Menschen wurden bereits getötet, bis zu zehn
       Millionen mussten fliehen.
       
       Auf dem Militärflughafen Kufra wickelten bis ins vergangene Jahr russische
       Söldner der Gruppe Wagner gemeinsam mit Kämpfern des in Ostlibyen
       herrschenden Feldmarschalls Chalifa Haftar die Waffenlieferungen an die RSF
       ab. Nach dem Tod von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin im August 2023 war
       zunächst unklar, was aus den Wagner-Geschäften in Afrika wird. Doch jetzt
       landen wieder russische Maschinen in Kufra. Russische Uniformierte laden
       Waffen um – ganz offiziell.
       
       ## Das neue Logo kommt ohne Totenschädel aus
       
       „Afrikakorps“ heißt die neue Truppe, die Wagners Geschäfte in Afrika
       fortführt. Der russische Name „Afrikanskii Korpus“ ist bewusst gewählt,
       „Afrikakorps“ hieß auch die deutsche Armee von Feldmarschall Erwin Rommel
       in Libyen während des Zweiten Weltkrieges, die die britischen und
       französischen Kolonialreiche in Nordafrika erobern wollte. Vorgestellt
       wurde das „Afrikanskii Korpus“ am 23. November 2023 im gleichnamigen
       Telegram-Kanal, eröffnet von einem russischen Oberst. Im neuen Logo prangt
       kein Totenschädel mehr wie bei Wagner, sondern der Umriss des afrikanischen
       Kontinents.
       
       In den Wagner-Telegram-Kanälen wird nun um die bisherigen Söldner geworben.
       Sie sollen mit dem Afrikakorps neue Verträge abschließen. Auch
       medizinisches Personal wird gesucht, vor allem Chirurgen. Daneben stehen
       russische Telefonnummern. Ziel ist, über 20.000 neue Rekruten anzuwerben.
       Als Sold werden wie bisher schon monatlich 280.000 Rubel versprochen,
       umgerechnet 2.800 Euro – für russische Verhältnisse ein Spitzengehalt.
       
       Neben „Terrorbekämpfung“, heißt es da, gehe man nach Afrika, um „seine
       Infrastruktur neu auszurichten und humanitäre Probleme zu lösen“. Über
       diese neue „russische Vertretung in Afrika“ werde nun die Zusammenarbeit
       mit Partnern abgewickelt, die sich „vorteilhaft für die afrikanische
       Wirtschaft“ auswirken werde: vor allem in den Bereichen Energie und
       Technologie. Auf einem Foto sieht man Russlands Verteidigungsminister
       Sergei Shoigu, der seinem Vize Junus-Bek Jewkurow ein Dokument überreicht.
       
       Die Botschaft ist klar: Diese Einheit ist keine private Söldnerarmee mehr.
       Sie ist nun eine Regierungstruppe, die im Auftrag Moskaus den Einfluss
       Russlands in Afrika ausbauen will; nicht nur militärisch, sondern auch
       politisch und vor allem wirtschaftlich. Denn in Anbetracht der
       internationalen Sanktionen aufgrund des Ukrainekriegs braucht Russland
       den afrikanischen Kontinent mehr denn je – als Absatzmärkte und
       Rohstofflieferanten für die gebeutelte russische Wirtschaft, aber auch als
       politischen Verbündeten. Gleichzeitig suchen afrikanische Regierungen nach
       alternativen Partnern zu ehemaligen Kolonialmächten wie Frankreich.
       
       Auf den alten Kanälen von Wagner ist es inzwischen ruhig geworden. Hier und
       da werden noch ein paar Nachrichten gepostet: über [1][den Krieg in der
       Ukraine], Treffen zwischen Präsident Wladimir Putin und
       Verteidigungsminister Shoigu. Afrika kommt fast nicht mehr vor. Dafür
       wurden neue Kanäle aufgesetzt. Der Kanal des Afrikakorps enthält
       militärische Angelegenheiten. Auf dem Kanal „Afrika-Initiative“ wird die
       neue Strategie auf vier Sprachen kommuniziert: neben Russisch und Englisch
       auch auf Französisch und Arabisch. Damit wendet er sich vor allem an
       afrikanische Leser.
       
       Diese erfahren hier etwa, dass der Handelsumsatz zwischen Afrika und
       Russland 2023 um 45 Prozent gestiegen ist. Oder dass die Regierung von
       Burkina Faso sämtliche Konzessionen für den Goldbergbau suspendiert hat.
       Dass russische Unternehmen in Mali zwei Solarkraftwerke bauen werden. Oder
       auch, dass der russische Atomkonzern Rosatom im bitterarmen Niger Uran
       fördern will und im ebenso armen Burundi ein 50-Megawatt-AKW plant.
       
       Moskaus Vizeverteidigungsminister Jewkurow war in den vergangenen Monaten
       viel auf dem afrikanischen Kontinent unterwegs. Gemeinsam mit dem Chef des
       Militärgeheimdienstes GRU, Andrei Awerjanow, der für die Tötung russischer
       Dissidenten im Ausland verantwortlich gemacht wird, reiste er nur wenige
       Tage nach Prigoschins Absturz nach Libyen. Er traf dort den ostlibyschen
       Machthaber Haftar, einen engen Verbündeten Prigoschins, in seiner Hochburg
       Bengasi. Laut Telegram sagte er Haftar zu, dass die engen Beziehungen zu
       Moskau unter neuem Namen fortgesetzt werden.
       
       Von Libyen ging es weiter in die Zentralafrikanische Republik, dann in die
       drei Sahelstaaten Burkina Faso, Mali und Niger, in denen sich durchweg
       antiwestliche Militärs an die Macht geputscht haben. Diesen Generälen hat
       Jewkurow offenbar weitreichende Zusagen gemacht. Früher war in allen drei
       Ländern Frankreich militärisch präsent. Die Putschisten haben nun alle die
       Kooperation mit westlichen Ländern beendet, eine eigene Militärallianz
       gegründet und mit Russland Militärabkommen geschlossen. Russische Kämpfer
       haben in Mali verlassene französische Militäreinrichtungen übernommen und
       Malis Armee im Kampf gegen Islamisten und Tuareg-Aufständische geholfen.
       
       Anfang des Jahres trat das Afrikakorps zum ersten Mal mit neuem Label
       öffentlich in Erscheinung. Auf Telegram wurden am 24. Januar voller Stolz
       Videos aus Burkina Faso geteilt: Darin setzt eine russische Maschine
       zunächst auf der Landebahn des Flughafens der Hauptstadt Ougadougou auf,
       ehe vermummte Militärs in wüstenbrauner Flecktarnuniform Kisten ausladen.
       „Die ersten Einheiten des Afrikakorps des russischen
       Verteidigungsministeriums trafen in Burkina Faso ein“, wird erklärt. 100
       russische Leibwächter seien abgestellt, um Militärherrscher Ibrahim Traoré
       „vor Terroranschlägen“ zu beschützen. „In naher Zukunft“ sollten weitere
       200 dazukommen.
       
       Weltweit in Umlauf gebracht wurde diese Nachricht von russischen Medien.
       Bislang hatten sie die Missionen von Wagner in Afrika totgeschwiegen. Jetzt
       ist auf Telegram von „Korrespondenten“ die Rede, die aus Afrika über
       Russlands Aktivitäten berichten.
       
       In Afrika selbst blicken die Menschen mit gemischten Gefühlen auf die
       russische Stationierung. Die Wagner-Söldner haben in vielen Ländern
       grausame Menschenrechtsverbrechen begangen, etwa im Kampf gegen
       Aufständische in Mali und in der Zentralafrikanischen Republik. Darauf
       angesprochen, versicherte Burkinas Präsident Traoré im Interview: „Kein
       einziger Russe ist hier, um aktiv zu kämpfen.“
       
       Damit tritt nun die Truppe „heraus aus dem Schatten einer
       Privatinitiative“, so [2][der unabhängige Experte John Lechner], der gerade
       ein Buch über Wagner schreibt, gegenüber der taz. Sie stehe „im Rampenlicht
       mit einem offiziellen Status, gelenkt und auch finanziell ausgestattet von
       der russischen Regierung“. Dies habe auch einen Nachteil, sagt Lechner: Für
       Verbrechen der russischen Kämpfer muss der Kreml nun Verantwortung
       übernehmen – früher konnte Putin immer so tun, als habe er mit Wagner
       nichts am Hut. Dies kann womöglich auch strafrechtliche Konsequenzen nach
       sich ziehen. Bereits im März 2023 hatte der Internationale Strafgerichtshof
       in Den Haag Haftbefehl gegen Putin wegen Verbrechen in der Ukraine
       erlassen.
       
       Kommen jetzt die Befehle also direkt aus Moskau? Diese Frage wurde jüngst
       in der Zentralafrikanischen Republik relevant, wo russische Militärberater
       seit Jahren im engsten Umfeld von Präsident Faustin Touadéra agieren und
       Wagner-Kämpfer im Einsatz gegen Rebellen sind. Im Oktober 2023 sollen
       russische Uniformierte in einer Goldmine nahe dem Ort Kouki im Nordwesten
       des Landes 16 Minenarbeiter getötet haben.
       
       ## Gegen Frankreichs Einfluss im Tschad
       
       Laut Aussagen der lokalen Bevölkerung in Kouki, so beschreibt es ein
       Reporter im US-Magazin Daily Beast, der kurz darauf vor Ort war, hätten die
       Russen bei einem ersten Besuch Ende September den Schürfern klargemacht,
       dass die Regierung ihre Mine verkauft habe. An wen, das wollten sie nicht
       sagen. Doch sie setzten ihnen ein Ultimatum. Zwei Wochen später seien die
       Russen gemeinsam mit Soldaten der zentralafrikanischen Armee mit einem
       Hubschrauber gelandet. Nach 30 Minuten Feuergefecht waren alle Bergleute
       tot. Gegenüber der Bevölkerung hätten die Russen erklärt: „Wir tun hier
       das, was uns unsere neuen Vorgesetzten befohlen haben.“
       
       Nur wenige Tage vor dem Massaker war Russlands Vizeverteidigungsminister
       Jewkurow in der Hauptstadt Bangui zu Besuch. Er stellte Präsident Touadéra
       seinen neuen Koordinator vor: Denis Pawlow, ein gestandener Diplomat,
       ehemals Russlands Vertreter bei der UN-Menschenrechtskommission in Genf und
       EU-Botschafter.
       
       Leitet Pawlow jetzt die Operationen des Afrikakorps? Laut dem
       Telegram-Kanal des Afrikakorps soll in Bangui das Hauptquartier entstehen.
       Zentralafrikanische Regierungsmitglieder berichten, es werde noch nach
       einem passenden Gebäude gesucht. „Die Militärbasis wird gebaut“, bestätigte
       Präsidentenberater Patrick Kouyagbele der Nachrichtenagentur Bloomberg. Der
       genaue Standort sei „streng geheim“.
       
       Die logistische Basis entsteht derweil in Libyen – und was für eine: Kurz
       nach dem ersten offiziellen Auftritt in Burkina Faso kündigte Adel Abdel
       Kafi, ein einflussreicher Berater Haftars, auf der Onlineplattform Atyaf
       die Stationierung von bis zu 20.000 Afrikakorps-Soldaten in al-Kharouba an,
       einer Stadt 150 Kilometer südlich von Bengasi. Am Hafen Tobruk seien
       bereits 40 Panzer entladen worden, so Kafi. Zudem werde das Afrikakorps
       sämtliche Wagner-Waffen übernehmen sowie eine in Kufra stationierte Flotte
       von MiG-29-Kampfflugzeugen. Bisher war die Präsenz ausländischer Söldner in
       Haftars Herrschaftsgebiet stets bestritten worden. Doch jetzt wurde sogar
       ein Beauftragter für die Zusammenarbeit mit dem Afrikakorps berufen:
       Youssef Bey, ein Offizier aus Haftars Umfeld. Berater Kafi bestätigt auf
       Atyaf, dass man das Afrikakorps bei der Umsetzung der russischen
       Expansionsstrategie in der Region unterstützen werde.
       
       Der Fokus Russlands verlagere sich, sagt Wagner-Experte Lechner. 2017 hatte
       die russische Präsenz in der Zentralafrikanischen Republik begonnen – mit
       Aktivitäten in lukrativen Minengebieten. Heute gibt es in der Sahelregion
       „prestigeträchtigere“ Unternehmungen: Terrorbekämpfung, die teuer ist und
       wofür die Regierungen von Mali, Burkina Faso und Niger in Form von Gold-
       oder Uran-Konzessionen für russische Unternehmen bezahlen.
       
       Am selben Tag, als in Ouagadougou 100 Afrikakorps-Soldaten landeten, reiste
       auf Einladung Putins der Präsident von Tschad nach Moskau. Der 39-jährige
       Mahamat Déby war 2021 auf seinen von Rebellen getöteten Vater Idriss Déby
       gefolgt und ist jetzt dabei, seine Macht zu festigen. Nach Moskau wurde er
       ausgeflogen mit einer Maschine, die zuvor von Wagner-Chef Prigoschin
       genutzt wurde. Putin lobte: „Wir werden unser Bestes tun, Sie zu
       unterstützen, denn wir haben große Möglichkeiten, unsere bilateralen
       Beziehungen auszubauen.“ Tschad liegt mitten im Herzen des neuen russischen
       Afrikareichs, zwischen Bangui und Bengasi.
       
       Bisher ist Tschad Frankreichs wichtigster militärischer Verbündeter in der
       Region. Die französische Luftwaffe fliegt von ihrer dortigen Basis aus ihre
       Sahel-Einsätze. Das Land stattdessen an Russland zu binden, wäre Putins
       größter Triumph auf dem Kontinent.
       
       Dieses neue Einflussgebiet ist vor allem wirtschaftlich lukrativ.
       Tropenholz und Diamanten aus der Zentralafrikanischen Republik, Öl aus
       Libyen, Gold aus Sudan, [3][Mali] und Burkina Faso, Uran aus Niger –
       überall gibt es etwas zu holen. In Sudan verfolgt Russland bereits seit
       2017 Pläne zum Bau eines Marinestützpunkts am Roten Meer – an der zentralen
       Schlagader des globalen Handels zwischen Europa und Asien. Deren
       Verwundbarkeit beweisen seit einigen Monaten die jemenetischen
       Huthi-Rebellen mit Angriffen auf Handelsschiffe.
       
       Im Sudan setzte Moskau schon vor Kriegsausbruch im April 2023 auf General
       Hametti und dessen RSF-Miliz, die sich jetzt im Aufstand befindet. Aus
       Minen in Sudans Bürgerkriegsregion Darfur, wo Hametti und seine RSF-Kämpfer
       herstammen, wird schon seit Jahren über Wagner-Kanäle Gold nach Libyen
       geschmuggelt. Die US-Regierung hat deswegen bereits 2020 zwei Goldfirmen in
       Sudan auf die US-Sanktionsliste gesetzt. Sie wurden dem Wagner-Imperium
       zugeschrieben. Heute helfen sie Russland, westliche Wirtschaftssanktionen
       zu umgehen.
       
       Im libyschen Bengasi übernehmen russische Militärmaschinen den
       Weitertransport, bestätigen libysche Armeeoffiziere der taz. Maschinen der
       syrischen Fluglinie Shams Wings pendeln zwischen Bengasi und Damaskus,
       fliegen dann weiter nach Moskau und Dubai, wo die meisten Goldschmelzen
       angesiedelt sind und es in harte Währung konvertiert wird. Auch Wagner
       schlug dort bisher seine Finanzen um. Ein Untersuchungsbericht
       internationaler Menschenrechtsaktivisten von Ende 2023 besagt, dass
       Russland seit der Invasion der Ukraine 2022 rund 2,5 Milliarden Dollar
       Profit aus dem illegalem Goldhandel mit Afrika geschlagen hat.
       
       In die Gegenrichtung fließen offenbar Waffen, und das in großen Mengen. Der
       internationale Flughafen Entebbe in Uganda ist seit Jahrzehnten als
       Umschlagplatz für Gold und Waffen bekannt, welche für die Kriege im Sudan
       und in der Demokratischen Republik Kongo bestimmt sind. Auch Beziehungen
       nach Moskau sind bei diesen Geschäften nichts Neues. Seit fast einem Jahr
       setzt hier regelmäßig eine russische Transportmaschine mit der Kennnummer
       IL76-TD auf, direkt neben dem Rollfeld vom Präsidentenpalast.
       
       ## „Zuschauer im eigenen Land“
       
       Allein in der Zeit zwischen Mai und Juli 2023 landeten in Uganda rund 70
       Frachtflüge aus den Emiraten, mitunter viermal am Tag, so berichtet es das
       Magazin Africa Intelligence. Von Entebbe ging es weiter nach Mali, Burkina
       Faso, in die Zentralafrikanische Republik und in den Tschad; vom
       tschadischen Flughafen Amdrass nahe der Grenze zu Sudan werden Hamettis
       Truppen beliefert, ebenso wie über Kufra in Libyen. Hametti war im Dezember
       2023 und erneut im Januar darauf Gast bei Ugandas Präsident Yoweri
       Museveni. Auf die mysteriösen Flüge angesprochen, bezeichnet Ugandas
       Außenminister den Vorwurf als „absoluten Quatsch“.
       
       Museveni versteht sich gut mit Putin, Ugandas Armeebestände stammen fast
       vollständig aus russischer Herstellung. Auf der Moskauer
       Sicherheitskonferenz im August 2023 unterzeichnete Ugandas
       Verteidigungsminister Vincent Ssempijja ein Abkommen über den Ausbau des
       ugandischen Luftwaffenstützpunktes Nakasongola nördlich der Hauptstadt
       Kampala. Dort werden auch alte russische Sturmgewehre wieder fit gemacht,
       russische Ingenieure warten Kampfjets für Einsätze in der Demokratischen
       Republik Kongo.
       
       Überall dort, wo Waffen illegal nach Afrika gehen, werden sie mit Gold
       bezahlt. Der Zugang zu Afrikas Goldressourcen ist daher strategisch
       wichtig. Am 9. Februar landete in Malis größter Goldmine Intahaka im Osten
       des Landes ein russischer Hubschrauber. Tausende Schürfer aus Mali, Niger,
       Burkina Faso und Tschad graben dort, jetzt hat offenbar das Afrikakorps die
       Kontrolle übernommen.
       
       In Libyen, wo die russische Afrika-Logistik zusammenfließt, sieht man das
       alles mit einem gewissen Stolz. „Wir arbeiten eng mit den Russen zusammen“,
       sagt Mohamed Idrissi, ein Offizier von Haftars Armee, der taz. „Der Westen
       ist auf dem Kontinent auf einem kontinuierlichen Rückzug, nach dem
       Gazakrieg mehr denn je. Wir füllen zusammen mit den Russen das Machtvakuum
       und finden überall dafür große Zustimmung.“
       
       Ingenieur Mohamed Haweel wiederum verteilt in Kufra Lebensmittel an
       sudanesische Flüchtlinge. Jeden Tag kommen hunderte Familien im Süden
       Libyens an, viele wollen weiter nach Europa. Haweel wundert sich, dass man
       dort der Expansion Moskaus in der Region tatenlos zuschaut. „Neben Libyen
       sind Sudan und Mali Schauplätze eines neuen Ost-West-Konflikts“, sagt er:
       „Wir fühlen uns wie Zuschauer im eigenen Land.“
       
       19 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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