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       # taz.de -- Sieg der Opposition in der Türkei: Erdoğans Götterdämmerung
       
       > Sein Ziel, eine islamische Verfassung durchzusetzen, wird Erdoğan nun
       > wohl nicht mehr erreichen. In der Kurden-Frage könnte er aber etwas
       > hinterlassen.
       
   IMG Bild: Die türkischen Wähler haben neue Wege eingeschlagen
       
       Nach 22 Jahren ununterbrochener Herrschaft der islamischen AKP von Recep
       Tayyip Erdoğan, hat die Partei und mit ihr auch [1][Erdoğan erstmals eine
       vernichtende Niederlage erlitten]. Zwar nur bei den landesweiten
       Kommunalwahlen, doch die haben in der Türkei eine weit größere Bedeutung
       als in Deutschland. Der Sieg der oppositionellen CHP in den größten Städten
       des Landes, aber auch landesweit in absoluten Zahlen, ist gar nicht zu
       überschätzen.
       
       Nach 22 Jahren an der Macht, in den letzten zehn Jahren davon als immer
       autokratischer agierender Alleinherrscher, beginnt für Erdoğan nun die
       Götterdämmerung. Und zwar durch den Überdruss der Mehrheit der türkischen
       WählerInnen. Denn trotz aller Manipulationen, aller Medienmacht und aller
       faulen Tricks, die Erdoğan schon bei vielen Wahlen hat anwenden lassen,
       hatten die Wählerinnen eine echte Wahl, gibt es eine echte Opposition, die
       auch kandidieren konnte.
       
       Die krachende Niederlage jetzt hat den [2][Nimbus seiner Unbesiegbarkeit]
       endgültig zerstört. Erdoğan ist zwar noch für weitere vier Jahre Präsident,
       doch in den Augen vieler TürkInnen ist er bereits jetzt zu einer „lame
       duck“ geworden.
       
       ## Islamische Verfassung kommt wohl nicht mehr
       
       Viele Oppositionelle in der Türkei hatten zwar immer wieder befürchtet,
       Erdoğan würde nur noch wählen lassen, wenn er sicher sei, dass er gewinne,
       doch schon seine Niederlage in Istanbul bei den Kommunalwahlen vor fünf
       Jahren hatte gezeigt, dass er die Wahlen nicht vollständig unter Kontrolle
       hat.
       
       Sein wichtigstes verbliebenes Ziel, eine neue islamische Verfassung
       verabschieden zu lassen, wird er wohl nicht mehr durchsetzen können. Die
       Mehrheit der WählerInnen hat klargemacht, dass sie nichts davon hält. Er
       wird sich deshalb vor allem auf die Außenpolitik konzentrieren. In seiner
       Rede in der Nacht auf Montag hat er schon anklingen lassen, dass ein neuer
       militärischer Schlag gegen die kurdische PKK im Irak und die Kurden in
       Syrien vorbereitet wird. Ein großer Einmarsch im Irak ist im Gespräch.
       
       Es ist aber auch nicht ganz ausgeschlossen, dass es noch einmal zu
       Gesprächen mit der PKK kommt, mit dem Ziel der Beendigung des bewaffneten
       Kampfes im Gegenzug für politische Zugeständnisse. Äußerungen aus dem
       kurdischen Lager lassen das möglich erscheinen. Für sein Vermächtnis in den
       Geschichtsbüchern wäre eine politische Lösung der Kurdenfrage sicher
       erstrebenswert. Ob er dagegen noch als Moderator von Friedensverhandlungen
       zwischen der Ukraine und Russland reüssieren kann, hängt natürlich nicht
       von ihm ab. Vielleicht später, als Ex-Präsident im Ruhestand.
       
       1 Apr 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Gottschlich
       
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