# taz.de -- Flüchtlingsdeals der EU: Kein Durchkommen
> Die Länder der Europäischen Union bezahlen Tunesien, Mauretanien und
> Ägypten dafür, Migration zu stoppen. Das lassen sie sich einiges kosten.
IMG Bild: Die Flucht nach Europa wird immer riskanter. Das hält die Menschen aber nicht davon ab, es zu versuchen
Das Prinzip ist immer das gleiche: Die EU zahlt einem Nachbarland Geld
dafür, dass dieses irreguläre Migration aus Drittländern Richtung Europa
unterbindet. Der Türkeideal aus dem Jahr 2016 bildete den Anfang; aktuell
sind die Länder Nordafrikas an der Reihe. Auf das Memorandum of
Understanding mit Tunesien am 16. Juli 2023 folgte am 7. März 2024 eine
Vereinbarung mit Mauretanien und [1][am 17. März mit Ägypten]. Konkrete
Zahlen enthalten sie alle nicht, aber Tunesien wurden EU-Finanzhilfen von
bis zu 165 Millionen Euro in Aussicht gestellt, Mauretanien 210 Millionen
und Ägypten bis zu 7,4 Milliarden.
Der Hintergrund ist evident. Flucht- und Migrationsbewegungen aus Afrika
Richtung Norden nehmen erneut stark zu, insbesondere aus Ägyptens südlichem
Nachbarn Sudan, wo ein knappes Jahr nach Ausbruch eines brutalen
Bürgerkriegs [2][über 6,6 Millionen Menschen innerhalb des Landes auf der
Flucht] sind und über 2 Millionen Nachbarländer erreicht haben. Auch in
anderen Sahelstaaten greifen Unsicherheit, Vertreibung und Repression um
sich. Nordafrikanische Länder sind zugleich zunehmend intolerant gegenüber
afrikanischen Transitmigranten auf ihrem Staatsgebiet.
Zugleich wird das Weiterreisen immer riskanter. Nach Angaben der
UN-Migrationsorganisation IOM starben im Jahr 2023 im Mittelmeer
nachweislich 2.498 Migranten auf dem Weg Richtung Europa, 75 Prozent mehr
als im Vorjahr; die tatsächliche Zahl dürfte höher sein.
## EU-Kommission bleibt bei ihrer Linie
Der EU-Tunesien-Deal bleibt umstritten. Kommissionspräsidentin Ursula von
der Leyen wurde nach der Unterzeichnung in Brüssel eines Alleingangs
bezichtigt. Am 14. März dieses Jahres forderte das EU-Parlament die
EU-Kommission dazu auf, zu erläutern, auf welche Weise die gezahlten Gelder
dazu beitragen sollen, die verkündeten Ziele zu erreichen, und wie das
kontrolliert werde. Heftig kritisiert wurde, dass die EU-Kommission fünf
Wochen vor Unterzeichnung des Deals 150 Millionen Euro für Tunesien ohne
Bedingungen freigab; als dann Bedingungen gestellt wurden, gab Tunesien im
Oktober lieber 60 Millionen zurück.
Dennoch bleibt die EU-Kommission bei ihrer Linie. Ein internes
Tunesienpapier der migrationspolitischen EU-Koordinierungsgruppe Mocadem
von Dezember 2023, das der taz vorliegt, bekräftigt den „Willen der EU,
diese Kooperation im beiderseitigen Nutzen fortzuführen und zu vertiefen“.
Man müsse illegale Ausreisen aus Tunesien weiterhin gemeinsam verhindern,
und die EU werde Tunesien verstärkt bei „freiwilligen Rückführungen aus
Tunesien in Herkunftsländer“ unterstützen.
3 Apr 2024
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## AUTOREN
DIR Dominic Johnson
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