URI: 
       # taz.de -- Präsidentschaftswahl in der Slowakei: Europa liegt überraschend vorn
       
       > Ex-Diplomat und Proeuropäer Korčok landete deutlich vor dem Favoriten
       > Pellegrini. Bei der Stichwahl am 6. April steht der Kurs zur Ukraine auf
       > dem Spiel.
       
   IMG Bild: Karrierediplomat Korčok und seine Frau am Samstag bei der Stimmabgabe im slowakischen Senec
       
       Wien taz | „Ich weiß nicht – es sieht so aus, dass ich die erste Runde
       gewonnen habe“, sagte Ivan Korčok am späten Samstagabend aus seiner
       Wahlzentrale. Mit 42,5 Prozent landete der liberale Proeuropäer auf Platz
       eins in der slowakischen Präsidentschaftswahl. Mit 120.000 Stimmen oder
       mehr als 5 Prozentpunkten Vorsprung gewann er gegen seinen Widersacher
       Peter Pellegrini.
       
       Der aktuelle Parlamentspräsident Pellegrini steht der regierenden,
       russlandfreundlichen Smer-Partei nahe und war als Favorit ins Rennen
       gegangen. Weit abgeschlagen mit knapp 12 Prozent landete der
       rechtsnationale Štefan Harabin auf Platz drei. Die anderen Kandidaten lagen
       allesamt unter 3 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 52 Prozent und
       damit deutlich höher als noch 2019 und 2014. Mit diesem Ergebnis kommt es
       am 6. April zur Stichwahl.
       
       Auf dem Spiel steht viel, denn seit einem halben Jahr regiert unter Premier
       Robert Fico die russlandfreundliche Partei Smer („Richtung“) in Bratislava.
       Die Smer ist sozialdemokratisch bis linkspopulistisch, gleichwohl auch
       nationalkonservativ. Zuwanderung, die „LGBT-Gemeinschaft“ und „Liberale“
       hat sie als Bedrohungen tituliert. Auch gilt sie als antiamerikanisch und
       russlandfreundlich. [1][In vielen Fragen ist Fico auf einer Linie mit dem
       ungarischen Anti-Europäer Viktor Orbán]. Fico will etwa jede finanzielle
       Unterstützung für die Ukraine beenden. Auch forderte er sie zur Aufgabe von
       Teilen ihres Territoriums auf, um den Krieg zu beenden.
       
       Sollte Korčok auch die Stichwahl gewinnen, gäbe es ein Korrektiv dazu. Ein
       solches war bereits die bisherige Amtsinhaberin Zuzana Čaputova. Sie wurde
       2019 Präsidentin, gab aber bereits im Vorfeld bekannt, [2][keine zweite
       Amtszeit zu verfolgen]. Čaputova war Rechtsanwältin und Umweltaktivistin,
       später stellvertretende Vorsitzende der 2017 gegründeten, linksliberalen
       Partei „Progresívne Slovensko“ (Fortschrittliche Slowakei). Sie kämpfte
       gegen Korruption, setzte sich für Minderheiten ein und hatte gute
       Beziehungen nach Brüssel. Jetzt gewann mit Korčok wieder ein Proeuropäer.
       
       ## Harter Wahlkampf vor Stichwahl erwartet
       
       Der Diplomat, 59 Jahre alt, blickt auf viel politische Erfahrung zurück.
       Seine Karriere begann im slowakischen Außenministerium. Ab 2005 war er
       slowakischer Botschafter in Berlin, ab 2009 in der Ständigen Vertretung bei
       der EU sowie ab 2018 in den USA. Von 2020 bis 2022 war er Außenminister in
       zwei parteiübergreifenden Regierungen aus Konservativen, Rechtspopulisten
       und Liberalen. Korčok ist offiziell parteilos, lief aber als Außenminister
       auf einem Ticket der liberalen SaS-Partei („Freiheit und Solidarität“).
       
       „Wir haben einen großen Schritt getan. Der Weg, der vor uns liegt, beginnt
       jetzt aber aufs Neue“, sagte Korčok. „In der zweiten Runde müssen wir mehr
       tun, damit wir gewinnen.“ Zu den Zielgruppen, die er mobilisieren will,
       zählen vor allem junge Menschen, [3][die mit der Richtung der Regierung
       unzufrieden seien], und bisherige Nichtwähler*innen. Sein Herausforderer
       Pellegrini rechnet mit einem harten, aber fairen Duell. In den letzten
       sechs Jahren gab es sechs verschiedene Regierungen, von 2018 bis 2020 unter
       Pellegrini. Zu den Aufgaben des Präsidenten wird auch zählen, Stabilität zu
       bringen.
       
       24 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Wahlen-in-der-Slowakei/!5964197
   DIR [2] /Nato-Chefinnen-Amt/!5996012
   DIR [3] /Pressefreiheit-in-der-Slowakei/!5990442
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Florian Bayer
       
       ## TAGS
       
   DIR Slowakei
   DIR Präsidentschaftswahl
   DIR Zuzana Caputova
   DIR Robert Fico
   DIR Attentat
   DIR Slowakei
   DIR Slowakei
   DIR Slowakei
   DIR Slowakei
   DIR Slowakei
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Attentat auf Premier Fico in Slowakei: Es geht nicht ohne Kompromiss
       
       Die Schüsse auf den slowakischen Premier sind eine Zäsur in der politischen
       Debatte des Landes. Opposition und Regierung sollten jetzt zusammenstehen.
       
   DIR Neuer slowakischer Präsident Pellegrini: Prorussisch und regierungstreu
       
       Peter Pellegrini gewinnt die Präsidentschaftsstichwahl in der Slowakei.
       Auch russische Desinformationskampagnen bremsten Gegenkandidat Korčok aus.
       
   DIR Pressefreiheit in der Slowakei: Die Wunde ist nicht verheilt
       
       Sechs Jahre nach dem Mord am Journalisten Ján Kuciak bleibt die
       Pressefreiheit in der Slowakei prekär. Premier Fico sieht Journalisten
       als Hindernis.
       
   DIR Umstrittene Justizreform in der Slowakei: Lockerung bei Korruptionsstrafen
       
       Die Opposition nannte die Pläne ein „Pro-Mafia-Paket“ und boykottierte die
       Parlamentsabstimmung. Zuvor hatte es wochenlange Proteste gegeben.
       
   DIR Wahlen in der Slowakei: Ein Fall für den Arzt
       
       Der 2018 geschasste Ex-Ministerpräsident Robert Fico ist zurück und gilt
       als Wahlfavorit. Er gilt vielen als ein prorussischer linker Orbán.
       
   DIR Parlamentswahl in der Slowakei: Gewinnt ein linker Orbán?
       
       In den Umfragen führt die Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Robert
       Fico. Seine Kampagne knüpft an prorussische Desinformation an.